zoologischen Station gesehen zu haben. Ihr massenhaftes Vorkommen in der Tiefe habe ich oben
erwähnt. Ob auch T. elegans n. sp. lediglich in der Tiefe lebt, ist einstweilen noch nicht festzustellen;
jedenfalls kommt sie auch im Winter häufig in der Tiefe vor. Unter den Crustaceen sind einige Phroni-
raiden für die Tiefe charakteristisch. Phronimella elongata Cls. ist ausserordentlich häufig, während sie
an der Oberfläche nur vereinzelt erscheint. Nicht minder typisch für die grösseren Tiefen sind die
merkwürdigen Paraphronima- und Phronimopsis-Arten. C l a u s beobachtete nur 2 Exemplare der
Phronimopsis Zoeci in Messina und beschrieb die Parapkronima crassipes nach einem Weingeistexemplar
aus dem Mittelmeer. Auch vier Arten von Hyperiden, welche unbeschrieben sind, scheinen, nach ihrer
Häufigkeit zu schliessen, Tiefenbewohner zu sein.
Ob unter den Copepoden und Ostracoden ächte Tiefenbewohner sich finden, muss einstweilen
noch unentschieden bleiben.
Dagegen muss ich unter den Euphausiden Stylocheiron mastigophorum n. sp. und Nematoscelis
Sarsii n. sp. als ächte Tiefenformen in Anspruch nehmen, da die geschlechtsreifen Thiere sowohl wie ihre
Larven einen typischen Bestandtheil der Fauna unterhalb 400 Meter ausmachen. Zwar giebt Sa rs
an, dass er in Messina Stylocheiron longicorne und Nematoscelis microps an der Oberfläche beobachtete
und dass ein grösser Theil der den genannten Gattungen zugehörigen Arten an der Oberfläche vom
Challenger gesammelt wurden, allein er erwähnt doch, dass andere Arten, so z. B. Nematoscelis rostrata,
lediglich in den Tiefennetzen sich fanden.
Auch die merkwürdige Mysidee Arachnomysis Leuchartii n. g. dürfte eine Tiefenform repräsentiren.
Unter den Decapoden sind für die Tiefe Miersia clavigera n. sp. und der prächtige Sergestes magnificus
n. sp. charakteristisch. Ich entsinne mich, dass ein offenbar dem letzteren zugehöriges Exemplar in früheren
Jahren auch p-im-nal an der Oberfläche erschien und von S a l v a t o r e lo Bi 'anco conservirt wurde.
Von Mollusken hebe ich unter den Pteropoden die drei Spirialis-Arten, nämlich: Sp. rostrdlis,
trochiformis und recurvirostra, wie dies Sc h i eme n z betont, (p. 36) als charakteristische Tiefenbewohner
hervor. Die Spirialis recurvirostra ist ziemlich constant bei jedem Zuge unterhalb 600 Metern gefunden
worden und fiel mir gleich bei der ersten Ausfahrt auf, da ich noch nie einen Pteropoden mit schneckenförmig
gewundener Schale gesehen hatte. Wie S c h i eme n z hervorhebt, so ist sie an der Oberfläche
äusserst selten.
Auch die beiden Cephalopoden- (Decapoden-) Arten sind typische Tiefenbewohner. Die kleinere
Art wurde ziemlich häufig gefunden und erschien bis jetzt nur in 2 Exemplaren, die im Besitze der
zoologischen Station sind, an der Oberfläche. Die grössere, durchsichtige, von mir abgebildete Form ist
noch unbekannt.
Endlich darf ich noch als. charakteristische Tiefenbewohner die in zahlreichen Exemplaren
gefundene grosse Appendieularie Stegosoma pellucidum n. g. und den in drei zolllangen Exemplaren erbeuteten
Megalocercus abyssorum n. g. bezeichnen.
Es ist selbstverständlich,' dass diese Liste von Tiefenbewohnern im Laufe der Zeit eine wesentliche
Bereicherung erfahren wird. Welch’ interessante Aufschlüsse sind doch zu erwarten, wenn erst die
grossen Tiefen des Mittelmeeres bis zu 3000 Meter mit Schwebnetzen und Schliessnetzen erforscht werden!
Was die Existenzbedingungen der typischen Tiefenformen sowohl, wie der in die Tiefe niedersinkenden
Oberflächenformen anbelangt, so unterliegt es ja keinem Zweifel, dass sie einen grossen Theil
ihres Lebens in absolut dunklen Regionen zubringen. Dass trotzdem eine Rückbildung der »Sehwerkzeuge
bei den mit Augen ausgestatteten Formen in keinem Falle zu Constatimi war, hat seinen
Grund darin, dass sie einerseits nicht an eine bestimmte' dunkle Zone gebunden sind, wie die Grundformen
, sondern gelegentlich in stark belichtete Schichten aufsteigen ; andererseits wohl auch darin, dass
die pelagischen Thiere fast durchweg phosphorescirendes Licht ausstrahlen. Es gewährt während der
Nacht einen magischen Anblick, wenn die' Netze aus der Tiefe wie glühende Ballons der Oberfläche
näher kommen. Conservirt man während der Nacht das reiche lebende Material, so lässt sich oft schon
nach dem charakteristischen Leuchten die einzelne Species erkennen. Als eine Anpassung an den Aufenthalt
in der Dunkelheit ist es wohl aufzufassen, wenn sowohl die Anneliden wie die Crustaceen der Tiefe durch
hochrothes (Paraphronima, Phronimopsis, Arachnomysis) oder braunrothes Augen-Pigment ausgezeichnet sind.
Die übermächtige Ausstattung mit Tastwerkzeugen bei Stylocheiron, Arachnomysis, Sergestes
magnificus und Tomopteris euchaeta ist wohl wesentlich durch den Aufenthalt in der Dunkelheit bedingt,
nicht minder auch die auffällige Verlängerung mancher Beinpaare zu Raubfüssen (Stylocheiron, Nematoscelis)
i oder zu spinnenförmigen, mit zahllosen Tasthaaren und Borsten besetzten Greif- und Spürwerkzeugen.
Da weiterhin im Mittelmeere die Temperatur von 200 Metern an bis zu 'den grössten Tiefen fast
keine Schwankungen aufweist, da Salzgehalt und, wie allerdings durch exakte Untersuchungen noch
nachzuweisen ist, der Gehalt an absorbirtem Gasgemenge sich nahezu in der Tiefe gleich bleiben, so
erklärt sich die auch oben (p. 51) bereits betonte bathymetrische Energie der pelagischen Tiefenbewohner.
Formen, welche in 150 Meter Tiefe leben, kommen auch gleichzeitig in zehnmal grösserer Tiefe vor.
In dieser Hinsicht bietet die mediterrane Grundfauna eine frappante Analogie. Wie G i g l i o l i 1) hervorhebt,
so lässt sich für die abyssale Fauna nur schwer eine Grenze angeben, da bereits in 400 Meter Tiefe
Thiere leben, welche in achtmal grösseren Tiefen gefunden wurden.
Eine schwierige Frage habe ich zum Schlüsse noch zu erörtern, nämlich die Frage nach der
E r n ä h r u n g d e r p e l a g i s c h e n T i e f s e e t h i e r e . Es sind ja nieht nur typische Tiefenformen,
welche man unter 1000 Metern antrifft, sondern zugleich auch eine reiche Fülle von Arten, die im Winter
und Frühjahr aufsteigén. Sie existiren in erstaunlicher Masse in der Tiefe des Mittelmeeres, verrichten
•ihre Lebensarbeit und pflanzen sich fort. Auch in dem freien Ocean muss eine Fülle von pelagischen
Thieren in den Tiefen Vorkommen. Wie ernähren sie sich, trotzdem dass eine Flora niederer pflanzlicher
Organismen, auf deren Existenz doch in letzter Linie die pelagischen Organismen angewiesen sind, in
solchen Tiefen nicht zu assimiliren und zu leben vermag?
Man könnte ja auf eine bequeme Weise sich mit der Vorstellung behelfen, dass es die von der
Oberfläche niedersinkenden abgestorbenen thierischen und pflanzlichen Organismen sind, welche die
Nahrung für die Tiefenbewohner abgeben. So nahm man es bisher für die am Grunde lebenden Formen
an. Da ich jedoch zeigte, dass letzteren auch lebende pelagische Thiere zur Verfügung stehen (p. 49),
0 E. G i g l i o l i , La scoperta di una Fauna abissale n e l Mediterraneo 1881, p. 55.
„Meno facile assai sarebbe il dare ora un’ opinione sui limiti in senso batimetrico della Fauna abissale ; certo che
il fatto, più v o lte accertato durante la campagna del „Washington“ che anche in profondità relativamente piccole, si ponno
trovare animali abbissali che abitano ancora a profondità o tto v o lte maggiori, è di singolare importanza.
O. Chun, die pelagische Thier weit. ®