wenig später (Fig. 74) hebt sie sich bereits deutlich von der Hauptknospe a b , wobei der Typus der
Doppelknospe zu unverkennbarem Ausdruck gelangt. In der That haben wir es hier mit einer neuen
Knospe zu thun, welche unmittelbar aus der älteren ihren Ursprung nimmt, gleichsam durch Theilung
derselben, wie Hatschek sich ausdrückt, entsteht. Man sieht in Fig. 74, dass das Lumen der Primärknospe
(A) mittels eines engen Kanals in das der Secundärknospe- (B) übergeht, und auch das folgende
Stadium, Fig. 75, lässt diese Verbindung erkennen. Dieselbe ist jedoch keineswegs immer deutlich.
Mitunter liegen die Zellen der Tochterknospe so dicht zusammen, dass gar keine Höhlung wahrnehmbar
ist, die erst allmählich auftritt, wenn bei fortschreitendem Wachsthum die Zellen des inneren Blattes
auseinanderweichen und eine periphere Lagerung einnehmen. Eine offene Communication der beiden
Knospen scheint dann niemals bestanden zu haben. Aber auch da, wo sie längere Zeit persistirt, geht
sie im Lauf der weitern Entwickelung verloren und man sieht dann (Fig. 76) die Knospen durch eine
solide Zellbrücke (h) verbunden, welche den Hals der Doppelknospe gänzlich erfüllt. Derselbe hat gegen
früher so bedeutend an Umfang gewonnen, das die Basis, mit der die Doppelknospe an der Leibeswand
haftet, jetzt beinahe noch einmal so breit ist, als zu Anfang. In der Folge (Fig. 77) prägt sich dies
Verhältnis noch schärfer aus. Wir bemerken gleichzeitig, dass die Spitze des Winkels zwischen den
Einzelknospen immer tiefer einschneidet und mehr und mehr gegen die blasenförmigen Ectodermzellen
(ec) vordringt, wobei die Zellbrücke h des inneren Knospenblattes allmählich auf ein schmales Band
(Fig. 67, h1) reducirt wird, welches allein den gemeinsamen Ursprung der sonst völlig getrennten Knospen
noch andeutet. Dasselbe entspricht schon nicht mehr genau den in Fig. 73 mit h bezeichneten Zellen,
sondern den bei h1 gelegenen, welche dadurch, dass jene vollständig in die Kolonialwand übergingen,
weiter emporgerückt und endlich in die unmittelbare Nähe des ectodermalen Integuments gelangt sind.
Aber auch diese Verbindung wird bald gelöst, die Knospen entfernen sich von einander, und jede scheint
dann selbständig von der Kolonialwand ihren Ursprung genommen zu haben. Schon das Stadium Fig. 77
zeigt uns die Tochterknospe B auf ganz derselben Entwickelungsstufe, auf der in Fig. 73 die Mutterknospe
A stand. Sie hat, wie jene, bereits Anstalten zu einer neuen Theilung getroffen, und wir sehen in
der Anschwellung C am oralen Theil ihres Halses eine dritte, eine Enkelknospe, auftreten, die sich nun
ebenso weiterbildet, wie wir es für die Mutter B in Fig. 73—77 constatirt haben. —
Zunächst drängt sich uns hier die Frage auf, was aus den bei h gelegenen Zellen des ursprünglichen
Knospenhalses im Lauf der Entwickelung geworden ist. Denn, wie die Vergleichung lehrt, geht
fast der ganze im Gebiet des Basalsttickes der Doppelknospe befindliche Zellcomplex in die Nachbargewebe
über, er wird also entweder beim Aufbau der Einzelknospen verbraucht, oder zur Ergänzung
der Kolonialwand verwendet. Gegen das erste spricht, dass niemals eine Sonderung der inneren Zellen
des Halses der Doppelknospe im Sinne der Einzelknospen zu beobachten ist, auch nicht auf späteren
Stadien, wo der immer schwächer werdende Zellstrang (h1, Fig. 77) doch keinerlei deutliche Unterbrechung
zeigt. Vielmehr hat es den Anschein, als ob jede Knospe lediglich aus dem in ihrem unmittelbaren
Bereich gelegenen Zellmaterial erwachse, als ob z. B. die durch den Bogen der Knospe B (Fig.
7cl, 74) umschriebenen Zellen des inneren Blattes in keiner Weise durch die darüber befindlichen vermehrt
würden. Andererseits werden im Gebiet der Knospungszone offenbar weitgehende Anforderungen an die
Leistungen des ectodermalen Integuments gestellt, das in demselben Maasse sich erweitern muss, als die
Basis der Doppelknospe an Breite zunimmt (vgl. Fig. 73 : 77). Es ist demnach sehr wahrscheinlich,
dass die fraglichen Zellen ihre Thätigkeit in dieser Richtung entfalten, und einer solchen Vermuthung
erweist sich die Wirklichkeit als durchaus günstig. Obwohl nämlich der Gegensatz zwischen den indifferenten
Zellen der Knospe, die in ihrem embryonalen Zustand nach keinen speciellen Leistungen
angepasst sind, und den stark modificirten, blasenförmigen Zellen der äftsseren Körperwand meistens ein
sehr augenfälliger ist, so lassen sich doch Uebergänge der verschiedensten Art oft genug nach weisen.
Hier und da sieht man die dem Ectoderm benachbarten Zellen der Knospenfüllung mit bald längem,
bald kürzern Ausläufern in dasselbe hineinragen, während sie an der Basis mit ihresgleichen in engster
Verbindung bleiben (Taf. VII, Fig. 89; Taf. VIII, Fig. 93); oder man sieht einzelne Zellen, von den
übrigen losgelöst, im Bereiche des Ectoderms liegen (Taf. VH, Fig. 90), wo sie zuweilen eine gestreckte,
spindelförmige Gestalt angenommen haben (Fig. 89, z). Auch beobachtet man vielfach unter den blasigen
Ectodermzellen solche, die neben einem verhältnismässig kleinen Secretballen einen auffälligen Reichthum
an Protoplasma zeigen und mit einem langen Fortsatz bis in die Nähe des Knospenhalses heranreichen
(Fig. 90, z). Auf Grund der Darstellung Nitsches, wonach die Knospen durch Einstülpung der Leibeswand
entstehen sollten, glaubte ich anfänglich, hier an eine Einwanderung von Theilproducten der Zellen
des ectodermalen Integuments in die Knospe behufs Regeneration der letzteren denken zu sollen. Berücksichtigt
man indessen, dass gerade bei Cristatdla diese Zellen ausserordentlich differenzirt sind, dass
sie vermöge der inneren Secretion zu Gebilden anschwollen, die man nicht ohne Mühe auf den Typus
der einfachen Zelle zurückzuführen vermag, so wird man Bedenken tragen, ihnen die Fähigkeit zuzugestehen,
einer jugendlichen Knospe als Baumaterial zu dienen, vielmehr wird man annehmen, dass umgekehrt
ein Theil der embryonalen Zellen der Knospe definitiv in das Integument übergeht, wobei denn
naturgemäss die verschiedensten Zwischenformen durchlaufen werden. Man wird dem um so bereitwilliger
beipflichten, als die spätere Entwickelung lehrt, dass thatsächlich die letzten Zellen des Knospenhalses zur
Bildung der Duplieatur (Taf. VI, Fig. 82, d) verwandt werden, die ja die unmittelbare Fortsetzung der
Leibeswand ist, und dass also der Basalabschnitt des inneren Knospenblattes sich ganz zu blasigen
Ectodermzellen umgestaltet*).
Hiemit ist denn auch die allmähliche Trennung der zur Doppelknospe verbundenen Einzelknospen
vollständig erklärt. Die Theilknospen rücken auseinander, indem die Zellen ihrer gemeinsamen
Basis zur Ergänzung des Integuments verbraucht werden, und wir finden später die erwachsenen Polypide
durch ein breites Stück der Kolonialwand geschieden, ohne dass irgend ein sichtbares Merkmal die nahen
Beziehungen beider an den Tag legte. —
Wir hatten die Primärknospe A (Fig. 73) bis zur Loslösung des ersten Tochtersprosses B verfolgt
(Fig. 77), der seinerseits wieder eine jüngere Knospenanlage C erkennen liess. Die Stelle, von
welcher die Tochterknospe ihren Ursprung nahm, war oral am Hals der Primärknospe gelegen, und
beide Knospen waren anfänglich so zu einander gestellt, dass sie gleichzeitig durch einen Medianschnitt
in zwei symmetrische Hälften getheilt werden konnten. Dies Verhältnis ändert sich jedoch in der Folge.
Die jüngere Knospe wendet sich seitwärts, um dann eine Lage halbrechts oder -links vor der älteren
*) Nitsclie selbst ist der Erkenntnis des Rechten nahe gekommen. „Es scheint, sagt er Knospung S. 130,
dass diese grossen Zellen [des Ectoderms] im m e r w i e d e r e r g ä n z t w e rd e n d u r c h k l e i n e r e Z e l le n , die zwischen
ihrer Basis der Tunica muscularis direct aufliegen, und diese den jungen Zellelementen der Endocyste noch näher stehenden
Zellen scheinen es zu sein, welche übergehen in die innere Schicht der Knospe.“