Die von uns zu Pharmacophagus gerechneten Arten von Omithoptera besitzen nach S k e r t c h l y
eine grosse Lebenszähigkeit. Dass z. B. die Ornithopteren auch natürliche Feinde besitzen, die aber
keine Tagvögel zu sein brauchen, beweist die Beobachtung von F o r b e s 1), der „mehrmals auf Waldwegen
die losen Flügel von 0. Priamus“ fand.
Unter den Heteroceren sind es besonders Angehörige der Agaristiden, der ihnen verwandten
Uraniiden und der Euschemiden, welche als Modelle benutzt werden.
Die Arten der zu den tagfliegenden Agaristiden gehörigen Gattung Eusemia sind oft durch grelle
Contrastfarben ausgezeichnet. So tragen die schwarzen Vorderflügel z. B. an der Basis blaue, am Rande
weisse und in der Mitte gelbe Tüpfelreihen oder Binden, während die Hinterflügel oft orange gefärbt
und schwarz gesäumt, manchmal aber vollkommen verdunkelt sind. Der Leib ist meist mit auffallenden
gelbrothen Ringen geschmückt und auch Kopf und Thorax sind gelb oder orange gefärbt. Die
Raupen von Eusemia leben nach H o r s f i e l d und Mo o r e , 1. c. II, p. 288 — 290, an Dioscorea oppositifolia,
Dillenia (Caprifoliac.) und Cissus (Ampelid.).
Nach W. D o h e r t y 2) ist der beiden Geschlechtern gemeinsame Duft „invariably bad“.
Die von J. We s tw o o d bereits hervorgehobene Verwandtschaft der früheren Stände der Uraniiden
mit denen der Agaristiden, welche eine Untersuchung des Geäders bestätigt, spricht dafür, dass auch die
Angehörigen dieser Familie immun sein dürften. Der einzige Vertreter derselben, der einem Schmetterlinge
einer anderen Familie als Modell dient, ist A ld d is A rnus Feld. (Nyctalemon Agathyrsus Ksch.) aus dem
Neu-Guinea-Archipel, eine g ro sse , auffallende dunkel stahlgrüne, mit weiss-grüner. durchgehender Mittelbinde
gezierte tagfliegende Form, die recht häufig ist und nach Herrn C. R i b b e in kleinen Gesellschaften
um die Wipfel der Eisenholzbäume fliegt.
Nach Dr. H a h n e i (Entomolog. Erinnerungen aus Süd-Amerika, Iris, Dresden, III, Heft 2, 1890,
p. 277) vermögen die Uraniiden an heissen Stellen sich dadurch vor der Sonne zu schützen, dass sie die
Flügel wie die Tagfalter zusammenschliessen. In dieser Stellung würden sich also Modell und Nachahmer
ebenso ähnlich sein wie im Fluge und der gelbe Innentüpfel des Papilio die Flanken des
Nydalemon vortäuseben.
Trotzdem die Gattung Euschema Hübn. nach der Raupenform3) zu den echten Spannern
(Geometrae) zu rechnen i s t , unter denen widrige Formen zu den Ausnahmen geh ö ren , und obwohl die
Raupennahrung aus Carallia (Rhizophor.) besteht, dienen die Formen dieser tagfliegenden, nach F. Mo o r e ,
1. c ., am Abend bis nach Sonnenuntergang herumschwärmenden Gattung doch imbestreitbar als Modelle.
Die Arten sind meist sehr häufig und grosse Thiere von auffallender Färbung. Entweder tragen sie.
zahlreiche violettblaue Flecke und Bänder auf glasig weissem oder leuchtend goldgelbem Grunde, oder
die violettblaue Zeichnung überwiegt derart, dass auf dem dunklen Grunde nur weisse oder gelbe Bindenreste
erkennbar sind. Stets ist der Leib goldgelb und oft noch schwarz geringelt. Somit gehören diese
schönen Thiere zu den auffälligsten Erscheinungen der indischen Tropen. — Ob sie ausser dem aus den
Hinterschienenbüscheln strömenden Reizduft der Männchen, der bereits festgestellt wurde, noch einen
besonderen Ekelduft besitzen, habe ich von ihren Beobachtern nicht erfahren können.
.') H. 0. F o r h e s , Wanderungen eines Naturforschers im Malayischen Archipel; übersetzt von Dr. T e u s c h e r
Jena, 1886, II. Bd., p. 12.
*) W. D o h e r ty , Notes on Assam Butterflies (Journ. As. Soc., Vol. LV1II, 1889), p. 117—134.
3) Vergl. F. M o o re , Lep. Ceylon HI, p. 422, und D ew itz , 1. c., Nov. Act. Leop., Bd. 64, 1883.
b. Mimetische Anpassungsformen.
Die nachahmenden Arten der indo-australischen T a g f a l t e r gehören ausschliesslich den Familien
der Nymphaliden, Satyriden, Pieriden und Papilioniden an. Die nachahmenden H e t e r o c e r e n sind
ausschliesslich durch Angehörige der Chalcosiiden und Lipariden vertreten.
1 . Unterfamilie der Nymphalinae.
Die Gattungen indo-australischer Nymphalinen, welche mimetische Arten enthalten, gehören nach
E. S c h a t z der ylr^ywm's-Gruppe {Argynnis), Diademen-Gruppe (Hypolimnas, Hestina, Euripus etc.) und
der Neptis-Gruppe an. Nach S k e r t c h l y , 1. c ., ist die Lebenszähigkeit bei Neptis und Athyma so
gering wie bei den Satyriden.
Um zuerst die indisch-australischen Angehörigen der Argynnis-Gcrupye, soweit ihr sexueller
Dimorphismus hier in Frage kommt , kurz zu charakterisiren, so besitzen die Männchen der typisch
indischen Cynthien wie diejenigen der arktischen Argynnis-Arten auf der Oberseite der Flügel eine rostgelbe
Querfarbe, welche von zahlreichen Flecken durchbrochen ist, die auf der Unterseite sich zu Streifen
vereinigen. Dagegen tritt bei den Weibchen eine ursprünglichere Zeichung auf, indem die breite Aufhellung
ausserhalb der Zellen noch weitere Querbänder erkennen lä ss t, aus deren einem die Augenflecke
hervorgingen. *) So dürfen wir wohl eine schwärzlich verdunkelte Form mit zahlreichen helleren Binden
als Vorläufer auch von Argynnis selbst ansehen. Dann erklären sich die auch bei paiäarktischen Arten
beobachteten Melanismen (Paphia, v. Valesina) als Rückschlagsformen. Zugleich ist das Weibchen stets
durch die ursprünglichere, auf die regelmässige Querbänderung leichter zurückföhrbare Zeichungsform
ausgezeichnet, während sich bei dem Männchen infolge zunehmender Aufhellung die Bänder in Flecke
zerschnürten und eine rostrothe Hauptfärbung auftrat.
Nur bei einzelnen Arten , deren Weibchen sich vor dem anderen Geschlecht durch grössere
Seltenheit auszeichnen, tritt der theilweise oder ganz ausgebildete Melanismus durch Naturauslese in den
Dienst der schützenden Anpassung.
So erinnert das im Verhältniss zum Männchen seltene Weibchen von A . Argyrius Sparrm.
(Nordindien bis Japan), das als Niphe L. unterschieden wurde, durch die auch bei Cethosien vorkommende
weisse Subapicalbinde der Vorderflügel in blauschwarzem Grunde oberflächlich an den überall gemeinen
Dunaus Ghrysippus L. Nach A. G. B u t l e r h at auch ein grosses Männchen aus Formosa schon theilweise
-erkennbare -Dtmiwts-Färbung2) , so w ä r e d i e vom W e i b c h e n e rw o r b e n e mime t i s c h e
A n p a s s u n g s c h o n z um T h e i l a u f da s a n d e r e G e s c h l e c h t ü b e r t r a g e n . Dagegen tritt bei
einzelnen Weibchen des Mus. Berlin aus Cashmir die Subapicalbinde der Vorderflügel wenig hervor:
so gleicht auch die Färbung noch mehr derjenigen des Männchens. Endlich besitzt die var. inconstans Butl.
(Australien) in b e i d e n Geschlechtern die hellere Färbung. E Des Weibchen von A . Sagana, A.
Paulina Nordm., erinnert oberflächlich an Dan. (Tirum.) Limniace Cr., welche, wenn auch nicht am
Amur, doch in China und Japan mit ihr zusammen vorkommt.
Die mimetischen Arten der Diademen-Gruppe gehören besonders den Gattungen Hypolimnas,
Hestina und Euripus an.
') An diese Zeichung erinnert auch die der afrikanischen Gattung von Lachnoptera mit e in e r Art.
*) Vergl. B. Me Idol, Entomol. notes bearing on evolution (Ann. Mag. Nat. Hist., 5th Ser. I, 1878), p. 157.