Pericardium.*) Untersucht man nun die Verhältnisse genau au f Querschnitten, so kommt man
zu folgenden Resultaten**):
Unter den medianen Theilen der hämalen Längsmuskeln, welche nur einen kleinen freien
Raum in der dorsalen Mittellinie des Körpers zwischen sich lassen, liegt das Rückengefäss.
Dasselbe ist an seinen Seiten von einer continuirlichen Schicht von sogen. Pericardialzellen
(Taf. V, Fig. 28 u. 29 pcz) umgeben, welche in den Maschen eines bindegewebigen Balkenwerkes
liegen’, das von der Adventitia des Herzens seinen Ursprung nimmt. An seine Dorsalseite,
in deren Mittellinie der Herznerv verläuft, sieht man von den Rückenplatten Bindegewebsfasern
herantreten. Ausser diesen Aufhängebändern setzen sich an jede Seite oberhalb
und unterhalb der Pericardialschicht zwei Membranen an, welche nach den Seiten des Körpers
zu convergiren, ‘ sich in geringer Entfernung vom Herzen vereinigen und schliesslich in die
sogen. Flügelmuskeln übergehen (Taf. V, Fig. 28 u. 29 pc u. flm.). Von der Vereinigungsstelle
dieser beiden Membranen verläuft noch jederseits eine dritte Membran zwischen den
• beiden hämalen Längsmuskelbündeln hindurch nach oben und inserirt sich an den Rückendecken
des Körpers. Wir erhalten demnach eine Pericardialhöhle, die in drei Kammern
getheilt ist (Taf. V, Fig. 28). Von denselben liegen zwei zu Seiten des Herzens, während
die dritte über demselben sich befindet. Da nun die Ostien nahe der Dorsalseite des Rückengefässes
liegen, so kann natürlich das Blut nur aus der dorsalen Herzbeutelkammer in dasselbe
einströmen. Was die Mechanik des ganzen Herzapparates betrifft, so ist aus den Figuren
leicht ersichtlich, dass durch eine Contraction der Flügelmuskeln das Herz sammt den zwei
seitlichen Pericardialkammern nach abwärts gezogen wird, und dass dadurch eine Erweiterung
der dorsalen Kammer eintritt, in welche dann das Blut durch die Lücken in der Pericardial-
membran einströmt. Nach Aufhören der Contraction gelangt der Apparat durch die Elasticität
der Seitenwandungen der Dorsalkammer des Pericardiums wieder in seine ursprüngliche Lage
zurück. Ob das Lumen des Rückengefässes in Folge der Contraction der Flügelmuskeln eine
Erweiterung erfährt oder nicht, lässt sich schwer entscheiden, da sich einerseits der Vorgang
einer directen Beobachtung entzieht, und sich andererseits aus der blossen Betrachtung des
anatomischen Baues des Riickengefässapparates kein sicherer Schluss ziehen lässt.
Die Ostien, durch welche das Blut in das Rückengefäss einströmt, liegen an dem etwas
erweiterten Hinterrande jeder Herzkammer. Um einen Begriff von ihrem Baue zu erhalten,
ist es am zweckmässigsten, sich eine Querschnittserie und zwar in der Richtung von hinten
nach vorn zu betrachten. Der erste Beginn der Ostienbildung zeigt sich in zwei soliden
Hervorragungen der Herzwand (Taf. V, Fig. 30 a). Dieselben umwölben auf den folgenden
Schnitten das Rückengefäss immer mehr und erhalten Höhlungen (Fig. b), welche weiter
nach vorn mit dem Herzlumen communiciren (Fig. c). Die beiden ohrenförmigen Hervorragungen
verwachsen schliesslich mit der Rückendecke des Herzens, und wir erhalten demnach
*) Vergl. hierzu Taf. V, Fig. 29, welche das Gesammtbild einer Herzkammer von Scolopendra giebt.
**) Man muss hierzu solche Thiere wählen, deren Fettgewebe nicht allzu sehr entwickelt ist, da in diesen Fällen
die einzelnen Organe zu sehr aneinander gepresst sind.
folgendes Bild (Fig. d): Das Herzlumen ist durch zwei Falten, welche von der Dorsalwand in
dasselbe hineinragen, in drei Abschnitte getheilt. Von diesen entsprechen die beiden seitlichen
den Höhlen der ohrförmigen Hervorragungen (bis) in Fig. b und enden demnach blind,
während der mittlere das eigentliche Herzlumen repräsentirt. Unten stehen alle drei Abschnitte
in Verbindung (cf. Fig. d). Die Höhlungen (1), welche man in den zwei Falten
bemerkt, sind die Fortsetzungen der Zwischenräume zwischen den Hervorragungen einer- und
und der Herz wand andererseits. An ihrem vorderen Ende communiciren dieselben mit dem
Herzlumen, indem ihre Wandungen auseinander weichen. Das Blut kann demnach durch sie
bei der Diastole in das Rückengefäss eintreten, während ein Austreten desselben bei der
Systole dadurch verhindert wird, dass es in die Blindsäcke (bis) eindringt und so einen Verschluss
sowohl der Zwischenräume zwischen den seitlichen Hervorragungen und der Gefäss-
wand wie der Faltenhöhlungen herbeiführt. Ob durch diese Einrichtung zugleich ein Zurückströmen
des Blutes aus der einen Herzkammer in die darauffolgende verhindert werden kann,
ist zweifelhaft. Vielleicht kann durch eine starke Blutanstauung in den Blindsäcken ein
Verschluss des Herzlumens herbeigeführt werden.
Reconstruiren wir uns aus der Querschnittserie das ganze Bild der Ostien, so kann man
dieselben als von hinten nach vorn gerichtete Einstülpungen der Herzwand auffassen, welche
vorn mit dem Herzlnmen communiciren. Dieselben sind hinten mit ihren unteren Theilen mit
den Seitenwandungen des Gefässes verwachsen, sodass von dem eigentlichen Herzlumen zwei
Blindsäcke abgetrennt werden. An dem anderen Ende der Einstülpungen ragen dagegen die
unteren Theile frei in das Herzlumen hinein, während die oberen Seiten mit der Rückendecke
des Gefässes verschmolzen sind. Das Herzlumen wird also hier durch zwei hohle, von der
Dorsalwand entspringende Falten in drei Abschnitte getheilt, welche unten in Verbindung stehen.
3) An der Uebergangsstelle des Herzens in die Kopfaorta findet sich ein Verschlussapparat,
welcher das Rückströmen des Blutes aus der letzteren in das erstere verhindern soll. Sein
Bau ist dem des gleichen Verschlussapparates bei Scutigera ähnlich. E r wird gebildet von
zwei musculösen Klappen, weiche von den Seitenwandungen des Rückengefässes entspringen
und vorn einen schmalen Spalt zwischen sich lassen. Direct hinter dieser Klappenvorrichtung
findet sich an jeder Seite eine Ausstülpung der Herzwand, welche in den Anfangstbeil des
Aortenbogens der betreffenden Seite hineinragt und dazu dienen mag, ein Zurückströmen des
Blutes aus demselben in das Herz zu verhindern.
4) Zur Kenntniss des Bauchgefässes habe ich noch folgende allgemein gültige Punkte hinzuzufügen,
die N e w p o r t übersehen hat.
a) Betrachtet man das Supraneuralgefäss auf Schnitten, so zeigt s ich , .dass die äussere
Schicht desselben unmittelbar in die äussere Hülle des Bauchmarkes übergeht (Taf. V,
Fig. 34 pe). Auf Totopräparaten stellt sich letztere als eine structurlose Membran dar,
welche von zahlreichen ¡elastischen Fasern, von Tracheenästen und den Seitenarterien des
Bauchgefässes durchzogen ist (Taf. V, Fig. 33 hp). *)
*) Es sei an dieser Stelle nachgetragen, dass auch bei Scutigera das Supraneuralgefäss im normalen Zustande
mit der äusseren Hülle des Bauchmarks in Zusammenhang steht. Auf den Präparaten hat sich letztere häufig unter dem
Einfluss des Fixirungsmittels vom Bauchraark abgehoben (Taf. I, Fig. 1, 2 etc.).