Saccamoeba alveolata nov. spec. (?)
c fr . Amoeba aloeolata M e r e s c h k o w s k y .
A b b ild . Taf. V I I . F ig . 30 b i s 32. Yergr. = c a . 1500.
In seiner äusseren Erscheinung h a t dieser Organismus Manches m it der S. insectívora n. sp.
(s. d.) gemein, wesshalb e r im Anschluss an diese behandelt werden möge. An dererseits e rin n e rt er
seines vacuolenhaltigen In h a lte s wegen sowohl an 8. renacuajo n. sp. (s. e rs te H älfte p. 16 fg.) wie auch
an die von Mereschkowsky*) beschriebenen Amoeba alveolata. Obwohl allerdings die äussere Gestalt
nichts Übereinstimmendes zeigt, so bin ich doch zweifelhaft, ob ich die uns h ie r beschäftigende Form
als eine neue anführen d a rf, zumal sie ebenfalls in Salzwa sser, wenn auch in „künstlichem“ lebt.
Ich setzte eine etwa 2 ‘/2prozentige Lösung eines Salzgemenges an, das aus verschiedenen Theilen
der Provinz Córdoba stammte, und fand, nachdem die K u ltu r etwa eine Woche a lt war, eine Anzahl
von den uns h ie r beschäftigenden Amöben. Es h a tte sich nämlich au f der Oberfläche des Wa ssers das
bekannte Bakterienhäutchen gebildet, in welchem nun eine grössere Anzahl von C y sten und dann
auch von sich fre i bewegenden Amöben anzutreffen waren. Die C ysten waren alle von etwa gleicher
Crösse, ebenso die kugeligen Formen, welche vermuthlich ein d e r E n c y stiru n g vorangehendes Stadium
darste llten , und endlich die Mehrzahl der amöboiden Formen. Jen e massen im Durchmesser ca. 12
bis 14 p, le tz te re ca. 17 bis 18 ¡x in d e r Länge und 12 jj. in d e r grössten Breite.
Die äussere G e sta lt der amöboiden Form u n serer 8. alveolata stimmt völlig m it der von 8.
renacuajo n. sp. überein, was w eiterh in auch grösstentheils von den Bewegüngserscheinungen zu gelten
h a t, abgesehen davon, dass sie in unserem Fa lle erheblich langsamer von S ta tte n gehen und u n te r
dem Deckglase bald zu r Ruhe kommen. W äh ren d sich fe rn e r die S. renacuajo mehr schwimmend
zwischen dem Speisebrei ih re s W irth e s einherbewegt, so w ird die 8. alveolata eher mehr k r i e c h e n d
angetroffen, nämlich an Pflanzen, H aaren etc.
Eh e unsere Amöbe sich e n c y s tirt, nimmt sie e rs t eine mehr isodiametrische G e sta lt an und
tr e ib t langsam h ie r und da einen b re iten buckelartigen F o rts a tz heraus (Taf. V H , Fig. 31), ähnlich
so, wie die gleichfalls h ie r zu besprechende Eickenia rotunda n. g. n. sp. (s. d.). Schliesslich kommt
sie sodann ganz zu r Ruhe und d ü rfte zu r Ausscheidung einer Cystenhülle schreiten, was leider nich t
u nmitte lb ar beobachtet werden konnte. Man s ieh t nu r-in einem frisch entnommenen Tropfen o ft zahlreiche
völlig bewegungslose K ugeln, diez. T. abe r bloss einen seh r sch arfenC o n tu r, resp. eine m e m b r a n -
a r t i g e Umhüllung erkennen lassen. U n te rlieg t es doch keiner F ra g e , dass die S. aloeolata eine
ähnliche dehnbare Hautschicht besitzt wie etwa Amoeba hércules n. sp. (s. e rs te H älfte p. 25 fg.) oder
Nuclearella variabilis n. g. n. sp. (s. e rste Hälfte p. 69 fg.), was deswegen b eto n t sein möge, als d a rin ein
wichtiger Unterschied gegen 8. renacuajo und 8. insectívora vorliegt. Sendet nämlich eine von diesen
ih re Pseudopodien aus, so s ieh t man den gesammten Kö rp er gleichmässig begrenzt. Anders is t es bei
S. alveolata. H ie r h a t, wenn w ir zum leichteren Verständniss eine mehr kugelige Form nehmen, der
eigentliche Kö rp er einen auffallend scharfen, glänzenden Umriss, während die Pseudopodien v ie l z a rte r
umrandet sind. Es muss also auch h ie r eine sich durch ih re s tä rk e re L ich tb rech b ark eit auszeichnende
und mithin b ereits aifferenzirte Hiillschicht vorhanden sein, welche beim Ausstülpen eines Pseudopods
gedehnt und dahe r um Vieles z a rte r wird.
Eine ektoplasmatische Rindenschicht lä sst sich leidlich von der entoplasmatischen Masse u n te rscheiden;
doch ü berwiegt diese le tz te re ganz erheblich und lä ss t e rste re n u r als einen schmalen nicht
sch arf abgegrenzten Saum erkennen. Merkwürdig is t fe rn e r auch, dass in den ruhenden en cy stirten
*) (No. 9.) C. von M e re s c h k ow s k y . Studien etc. 1. c.
und sich encystirenden Individuen ein helles Ectoplasma g a r nicht mehr zu sehen is t, so dass der als
Entoplasma zu deutende In h a lt vielmehr bis zu r Aussenwand hinanreicht. Dementsprechend is t in den
kugeligen aber noch Pseudopodienbuckel bildenden In d iv id u en . das Ectoplasma weniger entwickelt als
in den sich leb h after bewegenden, ein Umstand, der eine zweifache Deutung zulässt. Einmal könnte
man nämlich sagen, dass zu r E n c y stiru n g mehr Reservematerial aufgespeichert werden muss, infolgedessen
sich d e r geformte In h a lt so weit wie möglich erstrecke, andererseits aber könnte man von der
Ansicht ausgehen, dass das Ectoplasma d e r Fortbewegung diene, zum Zweck d e r E n c y stiru n g nicht
mehr nöthig sei und daher verschwinde. Würde man ferner in das Ectoplasma mehr die Funktion
der Atmung v e rleg en , so könnte man wohl auch meinen, dass diese ebenfalls hei und in der E n c y s
tiru n g weniger von Nöthen sei.
Gerade wie bei 8. renacuajo, so kommt das Ectoplasma am besten bei den sich lebhafter bewegenden
Individuen zu r Wahrnehmung und zwar s te ts an der Kuppe des neu sich herausstülpenden
Pseudopods. Dieses b esteh t zu e rs t n u r aus jener h y alin en Substanz, und e rs t, wenn es eine gewisse
Grösse e rre ich t h a t, s tröm t der übrige In h a lt nach.
Das, was von den plasmatisehen Theilen unserer S. alveolata am meisten in die Augen fällt,
sind die vacuolenartigen Räume, welche das Ganze ebenso s c h a u m ig erscheinen lassen, wie w ir es
b ereits bei d e r S . . renacuajo kennen g e le rn t haben. Vielleicht n u r sind die Vacuolen nich t ganz so
g ed rän g t, wie hei dieser. Sonst aber sind sie auch re ch t zahlreich, nämlich ca. 18 bis 25 S tü ck im
optischen S ch n itt und von nicht gleicher Grösse. I h r In h a lt is t schwach violettfarbig. K o n trak til
sind sie ferner n ich t, v erh a lten sich mithin ganz so wie die gleichen Gebilde hei S. renacuajo. Wie
bei dieser, so is t auch h ie r jede von ihnen m it einer glänzenden Plasmahülle‘Jimgeben, die das L ich t
etwas, s tä rk e r b ric h t als das übrige Plasma. In dieses eingelagert sind, was bei S. renacuajo nich t der
F a ll is t, zahlreiche leichtgelbe Körnchen von mässigem Glanze, die dem Ganzen ein ebenso gefärbtes
Aussehen verleihen und wogegen sich die Vacuolen besonders sch arf abheben. Jedenfalls stimmen sie
in ihrem Aussehen n ich t m it den wiederholt beobachteten G l a n z k ö r n c h e n etc. üb erein , die
glänzender und k la re r eher an k ry stallin isch e Gebilde erinnern. Unsere Körnchen stehen vielmehr
in der Mitte zwischen jenen und den schon öfter erwähnten flockenartigen Inhaltshestandtheilen des
Plasmas.- Greeff*) h a t vor nicht lan g er Ze it bei seinen Erdamöben zweierlei A rte n von Granula
unterschieden, die e r in scharfen Gegensatz zu einander b rin g t. Die einen, am meisten bekannten,
nen n t e r ih re s s tä rk e ren Glanzes wegen „Glanzgranula“ , die anderen bla ssen, oder wie w ir sagen,
flockigen, heissen Elemen targ ran u la und sollen den als „Elementarorganismen“ angesprochenen Granula
Altmanns**) entsprechen. Indem an dieser Stelle au f die Bedeutung d e r le tzteren nich t eingegangen
werden soll, sei h ie r bloss bemerkt, dass jene Unterscheidung Greeff’s offenbar von grö sster Wichtigkeit
is t und bish er der Unterschied zwischen den Körnchen d e r Amöben viel zu wenig bea chtet wurde.
D a mir leider die le tzten Arb eiten Greeff’s lange Ze it nich t zugänglich waren — sie erschienen in
einem kleinen, weniger bekannten Sitzungsbericht — so b o t sich mir bisher keine Möglichkeit, die
neueren Ansichten dieses trefflichen Rhizopodenforschers in B e tra ch t zu ziehen. Schon vor längerer
Ze it kam ich indessen zu ähnlichen Anschauungen und möchte im besonderen die Elementargranula
Greeff’s, von mir ö fte r als P rotoplasmakörner etc. bezeichnet, als einen wichtigen Bestandtheil des Plasmas
ansehen, ohne abe r — beiläufig bemerkt — m it den Schlüssen R. Altmann’s völlig übereinzustimmen.
Vor allem kann ich nämlich die G ran u la n ich t als „Organismen“ betrachten, da ein Organismus doch
ein selbständiges Wesen sein muss, das u n te r Umständen auch ausserhalb des gegenseitigen Verbandes
*) (No. 35.) R. Greif, Erdamoeben II, p., 8 fg.
**) (No. 3.6.) R. Alt.ma.nn, Die Elementarorganisraen in ihrer Beziehung zu den Zellen. Leipzig 1890.