g e h e n , u n d w i r e r k e n n e n , d a s s d i e s e l b e n im G r u n d e w e i t e r n i c h t s a l s m ä c h t i g a
u s g e d e h n t e , in d i e L e i b e s h ö h l e e i n g e s t ü l p t e P a r t i e e n d e r ä u s s e r e n H a u t r e -
p r ä s e n t i r e n .
Diese Auffassung wird durch die histologische Struktur der Säckchenwandungen vollkommen
bestätigt. Dieselben bestehen aus zwei Lagen, von denen die äussere ein dünnes einschichtiges Epithel
darstellt, welches in der Flächenansicht aus polygonalen Zellen zusammengesetzt erscheint (Taf. V, Fig. 3)r
und als direkte Fortsetzung der Hypodermis erkannt wird, indess die innere durch ein überaus zartesstrukturloses
Häutchen, eine Erweiterung d e r cuticula der allgemeinen Körperhaut gebildet ist.
Die spaltförmigen Mündungen der Säckchen liegen au f den Segmentgrenzen zwischen dem
zweiten und sechsten Mittelleibsringe, paarweise zu beiden Seiten der Ganglienkette und werden durch
j e zwei lidartige Hautfalten umgrenzt, welche sich in natürlicher Lage über einander schieben (Taf. Vr
F ig. 4). Es beda rf daher n u r einer geringen seitlichen Spannung der Bauchhaut, welche durch d ie
dorsoventralen Muskeln des Rumpfes leicht bewirkt werden kann, um einen sehr festen Verschluss d e r
Säckchen nach aussen herbeizuführen. Am Querschnitt überzeugeD wir uns gleichfalls, dass die Verschlussfalten
sich über die Mündungen d e r Säckchen herüberlegen, und wir begreifen leicht, dass durch,
eine solche Einrichtung ein Herausfallen der Eier absolut unmöglich gemacht ist.
Wie schon erwähnt, durchlaufen nun in diesen Brutsäckchen die Eier die gesammte Embryonalentwickelung
und dehnen dabei die Wandungen derselben, indem sie heranwachsen, nicht unbeträchtlich
aus. In dem Präparat, welches durch Fig. 2 (Taf. V) dargestellt wird, sind die Säckchen der einen
Seite abgeschnitten; dafür treten die vier spaltförmigen Mündungen derselben mit ihren lidartigen Ver-
schlussfälten deutlich hervor. Die Brutsäckchen der anderen Seite sind erhalten und erscheinen mit
jungen Embryonen angefüllt, welche, vom Chorion umgeben, noch einen beträchtlichen Rest des Dottersin
ihrer Leibeshöhle einschliessen; andererseits die beginnende Segmentirung des Körpers, die Anlage-
der Extremitäten und der Augen bereits erkennen lassen. Durch die veränderte Gestalt und das Wachsthum
der Embryonen ist auch die äussere Form der Säckchen vielfach eine andere geworden, indem
Aussackungen und Erweiterungen entstanden sind. Es zeigt sich bei der Präparation, dass dieselben,
sich i-m-mp.TTnp.hr in alle zur Verfügung stehenden Hohlräume der Leibeshöhle hineindrängen. Dab.ei entgeht
es nicht, d a s s d i e A n o r d n u n g d e r S ä c k c h e n im K ö r p e r n i c h t b e d e u t u n g s l o s , d a s s -
d i e s e l b e d a r a u f b e r e c h n e t i s t , e i n e m ö g l i c h s t a u s g i e b i g e B e n u t z u n g d e s g e s am m t e n
P e r i t o n e a l r a u m e s z u e r z i e l e n . Wie wir gesehen haben, inseriren sich die Säckchen an den.
Segmentgrenzen zwischen dem zweiten und sechsten Mittelleibsringe, a l s o g e n a u in d e r m i t t l e r e n .
P a r t i e d e s T h o r a k a l a b s c h n i t t e s . Zu den beiden von Brutbehältern freien Mittelleibsringen
jederseits kommt dann nach vorne der Kopf, nach hinten das Abdomen hinzu, und es leuchtet einr
d a s s a u f d i e s e W e i s e e i n e v ö l l i g g l e i c h m ä s s i g e V e r t h e i l u n g d e r S ä c k c h e n d u r c h d e n
g a n z e n K ö r p e r e rm ö g l i c h t w o r d e n i s t.
So bei geschlechtsreifen Weibchen. Wie liegen nun die Verhältnisse bei jüngeren Weibchen,,
welche die Eier noch in den Ovarien tragen ? Sind auch do rt die Brutsäckchen bereits vorhanden ? und
wie entstehen dieselben?
Die letzte F rag e zu beantworten ist nicht schwer, nachdem wir wissen, dass die Säckchen im
Grande nichts weiter sind als eingestülpte Partieen der äusseren Haut-; damit ist der Weg ihrer Ent*
stehung zugleich angedeutet. W irs e h e n a b e r, dass ihre Anlage, erst bei solchen Weibchen beginnt, welche
sich der Geschlechtsreife n äh e rn ; bei jüngeren fehlen sie und es wölbt sich die Bauchhaut continuirlich
über die Stellen hinweg, welche später durch die Mündungen der Säckchen durchbrochen erscheinen.
Fig. 7 (Taf. VI), mag an einem Querschnitt durch das fünfte Thorakalsegment eines älteren Weibchens
die erste Anlage der Säckchen veranschaulichen. Die Ovarien sind beträchtlich geschwellt durch den
mächtigen^||otter der Eier, in denen das Keimbläschen bereits geschrumpft ist. An der Ventralseite bemerken
wir nun, d a s s s ic h ^ d ie H y p o d e rm i s j e d e r s e i t s d e r G a n g l i e n k e t t e zu j e e i n e r f l a c h e n
n a p f a r t i g e n V e r t i e f u n g (brs) e i n g e s e n k t h a t , deren Boden mehrfach gefaltet erscheint. Ueber die
in der Querrichtung breiten, in der Längsaxe des Körpers aber sehr schmalen, spaltförmigen Einstülpungsöffnungen
zieht sich die cuticula des Bauches continuirlich hinweg. D i e s e E i n s e n k u n g e n b i l d e n
d i e e r s t e n A n l a g e n d e r B r u t s ä c k c h e n .
Da die mächtigen Ovarien den grösseren Theil d e r Leibeshöhle einnehmen und die übrigen Eingeweide,
den Darm, die Leberschläuche gegen die Bauchwand herabdrücken, vermögen die Säckchen
ih r Wachsthum nicht frei zu entfalten; s i e k ö n n e n s i c h n u r a u f b e s c h r ä n k t e m R a um d u r c h
w e i t e r e F a l t u n g i h r e r W a n d u n g e n v e r g r ö s s e r n , wie Fig. 7 zeigt. Dieser Faltungsprozess
schreitet nun durch ein reges Wachsthum befördert lebhaft weiter fort, indem die Falten sich immer
enger und fester an einander legen, bis die Wände ihre definitive Ausdehnung erreicht haben. Auf
diesem Stadium kann man die Säckchen schon bei äusserlicher Betrachtung des Thieres durch die Haut
hindurchschimmern sehen; sie erscheinen (Taf. I, Fig. 1, brs) als etwa kreisförmige weisse Scheiben zu
beiden Seiten der durch schwarzes Pigment gekennzeichneten Ganglienkette und heben sich ziemlich,
scharf zwischen den seitlich ausstrahlenden Segmentalnerven ab.
Gleichzeitig mit der Anlage der Brutbehälter treten andere wichtige Umgestaltungen am weiblichen
Organismus au f und zwar zunächst an den Ovidukten. Bei jugendlichen Weibchen stellen dieselben
enge röhrenförmige Gänge dar, von oben nach unten etwas zusammengedrückt, welche vom.
äussern Rand der Ovarien ihren Ursprung nehmen (Taf. VI, Fig. 8) und im schwachen Bogen nach
der Bauchseite hin verlaufen, um hier an d e r Basis des fünften Beinpaares nach aussen zu münden
(Taf. I, Fig. 1, goe).' In Fig. 7 (Taf. VI) sehen wir nun, dass der gesammte Eileiter bis auf einen kleinen
dem Ovarium zunächst liegenden Abschnitt sich nicht nur beträchtlich erweitert hat, sondern, sogar in
Form eines kleinen Blindsackes über jenen Abschnitt dorsal hinausgewachsen ist. Indem diese Auftreibung
nun in der Folge noch bedeutend an Umfang gewinnt, stellt schliesslich der ganze distale Theil
des Ovidukts einen weiten cylinderförmigen Schlauch dar, aus dessen seitlicher Wand der kurze nicht
an der Erweiterung betheiligte proximale Abschnitt wie ein feiner Canal nach dem Ovarium hinüberführt
(Taf. VI. Fig. 9). Es kann nicht zweifelhaft sein, dass diese schlauchförmig erweiterte Partie
des Ovidukts mit dem blasenförmigen Organ des Asellus aquaticus als homolog aufzufassen ist (siehe p. 18),
und ebenso wie jenes die Bedeutung eines receptaculum seminis hat. Die abweichende Form dürfte in
der veränderten Architektonik des Körperbaues ihre Erklärung finden. Auffallend ist nur, dass sich
hier nicht ein gesonderter Endabschnitt wie dort als vagina gegen das receptaculum abhebt.
Schliesslich gelangen in dieser Periode auch die Brutlamellen zur Ausbildung, nachdem die
ersten Anlagen derselben bereits frühzeitig nach einer Häutung in Form kleiner zungenförmiger Anhänge
an der Basis des zweiten, dritten und vierten Thorakalbeinpaares hervorgetreten sind. (Taf. I, Fig. 1, lam)