Mimetische Anpassungsformen an beide Modelle recrutiren sich aus der Limenitis-Gruppe der
Nymphalinen.
So bildet der eigenartige rostbraune Limenitis Archippus eine so ausgezeichnete Copie des Danaus
Erippus Cr., dass einer von beiden von einem amerikanischen Professor der Entomologie in einem seiner
Lehrbücher mit unrichtiger Bezeichnung abgebildet werden konnte. Nach ‘S c u d d e r gleicht in Florida
die nahe verwandte Lim. (Basilarchia) Eros dem dort vorkommenden Dan. Güippus Cr. var. Berenice Cr.
Dagegen erinnert der blaugrüne Lim. (Basilarchia) Astyanax F. in Färbung und Blauglanz bis
auf die fehlenden Schwänze an Papilio Philenor L. Wie wir oben sahen, ist nun P . Philenor L. eine
ganz ausserordentlich g u t geschützte A rt: so mag es uns denn auch nicht wundern, wenn sie in hervorragendem
Maasse als Modell mimetischer Anpassung dient und schon ein relativ geringer Ausbilduno-sgrad
der letzteren genügen wird, um das Leben des Nachahmers verhältnissmässig zu sichern.
Vor Allem erinnert das atavistisch dunkle Weibchen der grossen Argynnis (Semnopsyche) Diana F.
durch den e ig en tüm lich grünblauen Schimmer über Hinterflügeln und Innenrand der Vorderflügel,
wie schon E dw a r d s erkannte, besonders in Formen, wie R. F e l d e r eine in der Novara-Reise abgebildet
hat, etwas an den Aristolochienfalter. Mit der geographischen Verbreitung des P . Philenor stimmt nicht
nur die des Limenitis Astyanax F. und P . Troilus L. (Alaska, ein Theil von Kansas, Iowa und Pen-
sylvanien), sondern auch die der var. Glaucus von P. Turnus L. überein, deren Nordgrenze sich mit der des
P . Philenor deckt, während letzterer sich nur westwärts weiter ausdehnt. Schon hieraus können wir entnehmen,
dass der eigen'thümliche Melanismus des Weibchens von P . Turnus im Süden des Verbreitungsgebietes
der Art entstanden sein kann. Nach E dw a r d s erscheint bei P . Turnus das schwarze Weibchen
(Glaucus L.) erst, wo die Form zweibrütig ist, um in allen Generationen im Süden zu prä-valiren, wo die
Art dreibrütig ist. Schon in Nord-Illinois fing W a l s h die schwarzen Weibchen fünf- bis sechsmal so
häufig als die g e lb en : in Süd-Illinois fing er 78 gelbe Turnus, die alle Männchen waren.
Alle meine Puppen von P . Turnus ergaben grosse rothleibige Ichneumonen mit blauschwarzen
Flügeln: daraus erhellt, wie gross die Sterblichkeit in den früheren Ständen und wie nützlich die
mimetische Anpassung für die südlicheren Weibchen ist.
Auch die Puppe von P . Troilus L. leidet viel an Ichneumonen; ebenso';wurde der F alter nach
S c u d d e r (1. c. p. 1236) von einem Vogel genommen, der die „uneatable wings“ abbiss und den Körper
verschlang.
b. Neotropische Region.
In der feuchtwarmen Luft des neotropischen Urwaldes herrscht neben der üppigsten Gestaltungsk
raft zugleich der rücksichtsloseste Kampf um die Existenz. Darum treten uns hie r auch die mannigfaltigsten
mimetischen Anpassungen von so vielen Seiten entgegen, dass die klare Uebersicht getrübt
wird und es oft überaus schwierig zu entscheiden is t, welche der zwei ähnlichen Formen der anderen als
Modell gedient hat. Dies g ilt besonders für die Angehörigen der immunen Gattungen der Danainen,
Neotropinen und Heliconinen, welche wir geschlossen behandeln müssen, um ihrem natürlichen Zusammenhänge
Rechnung zu tragen.
Imm u n e Familien u n d Gattungen d e r Rhopaloceren.
1 . Uhterfarailie der Danainen. ’)
Dem Geäder der Vorderflügel nach müssen wir Lycorea Dbld. als die ursprünglichere der .beiden T"s'- 'r‘f ™
rein neotropischen Gattungen ansehen, denn es gehen bei ihr noch die zwei ersten Radialäste voi1 dem * * **'
Ende der Zelle ab ,, wifflwir dies in der ganzen Abtheilung der Danainen nur noch in der indischen
CTeona-Gruppe vom Danaus subg. Badena antrafen. Auch springt die Mittelzelle der Hinterflügel gegen
den zwei|ep Medianast anaaen convex vor, wie bei Euploea, Ideopsis etc, -Die Zeichnung der Flügel ist
bei Lycorea Dbld. sehr charakteristisch und zugleich bei allen vier Arten im Grunde dieselbe. Auch lässt
sie sich auf digenige von indischen Danainen zurückführen, während die Färbung den ausgesprochenen
neotropischen Ton angenommen hat. Die Bänder der Vorderflügel sind meist in Flecke aufgelüst, die
sich einem basalen, einem Mittelzell- und dem Terminalbande zurechnen lassen: auch das Submarginalband,
is t nur nahe der Spitze oontinuirlicIS So überwiegt die Grundfarbe., welche in der Aussenhälfte
noch bindenartig entwickelt und oft lebhaft safran- oder schwefelgelb, in. der' Innenhälfte dagegen
rothbraun igfe Auf den jg th b rau n en H g je r f lü g |j| liegt eine Reihe weissef Doppeltüpfel, in der
dunklen AusS|nrandeinfassung und um die Zelle h e |jm ein innen offenes hufeisenförmiges Band, welches
für den Melinaea-Tjpus j g u.) charakteristisch s t , sich, wohl secundär um die Zelle cOnicentrirt hat und
v|n- uns als S c h I e i fe n b a n ci • bezeichnet wir(jj|MManche der von Mexico bis zum mittleren Südamerika
verbreiteten Arten bilden in letzterem dubliere Varietäten durch Ausdehnung der braunrothen Basalfärbung
der Vorderflügel , so var. cinnamomea_ Weym, (Amazonenstrom). Ebenso kann die Mittelbinde
. der Ilinterflügei eine strohgelb« iFarbe annehmen oder die Hinterhälfte derselben sich so stark verdunkeln,
dass auch die Marginaltüpfel verdeckt werden.
Bei Ituna Dbld. entspringt nur d e r.ijg |te Radialast der Vorderflügel vor dem Zellende, ist der T"»L T*i xl-
erste Medianast. f e r Hinterflügel weniger selbstständig und die Zelle derselben, stark verkürzt.’ Dieser
Mo d iflc atig des: Geäders entspricht auch eir.e solche der Zeichnung, welche sich ebenfalls auf den Lycorea-
Typus zurückführen lässt. So sind bei J. Lamira Latr. (Mexico, Columbien) durch Schuppenverlust die
Bindenreste der Vorderflügel ¡ ¡ i bis auf die in der Zellbasis gelegene Längsbinde — glasig aufgehellt.
Auf den hell rostbraunen Hinterflügeln1 ist der hintere Theil des Schleifenbandes fortgefallen, während
der äussere sich nur unten erhält und in den Aussenrand verläuft.
Eine davon ganz abweichende Tracht besitzen 1. Phenarete Dbld. (Peru) und die kleinere 1. D im e
Cr. (Brasilien), bei welchen der Schuppenverlust und die Verschmelzung der hellen Binden noch weiter fortschreitet,
so dass auf den Vorderflügeln das Submarginalband fast ganz erlischt und in schwarzem Rahmen
eine basale, eine mittlere und einepjLbapicale glasige Aufhellung !e |tä ||h en . Zu dem bei 1. Lamira erwähnten
äusseren, auch oben scharf auftretenden Bande tritt auf den breit gesäumten, wie bei Lycorea
noch stark gezackten Hinterflügeln noch eine dunkle Markirung des Zellendife Während bei I. Lamira
d a s hintere Discocellulare noch in den Bug des ersten Mediahastes der Hinterflügel mündet, verläuft es
bei I. Phenarete in seinen Ursprung, bei i . Ilione sogar in n ek hÄ des letzteren. So sind I. Dirne und
1■ Phenarete durchaus abgeleitete Formen dieser schon stark modificirteh Gattung.
!j Die südamerikanischen Arten von Danaus selbst, dein subg. Anosia angehörig, scheinen erst in späterer Zeit
von Norden eingewandert zu sein, denn es kommen in der neot-ropischen Region keine mimetisclien Anpassungen an die-
selben vor.
Bibliotlieca zoologlca. Heft V III _