Als wichtiges Formelenn-nt ist die F l ü s s i g k e i t s v a c u o l c zu nennen, die stets und ohne Aus--
nähme in der Einzahl vorhanden ist. Sie hat Kugelgestalt und einen mehr violettröthlichen Inhalt. Ihr
Durchmesser erreicht etwa den des Kernes. Is t das Thier in Vorwärtsbewegung begriffen, so liegt sie
gewöhnlich nach dem hinteren Körperende hin, wie wir dies ja auch von vielen Amöben wissen (Taf. VI
Fig. 8, 18). W ir können dieses Gebilde als k o n t r a k t i l e Vacuole bezeichnen, obwohl nur recht selten
eine Entleerung erfolgt. Sie wächst nämlich langsam bis zu einer gewissen Grösse an und verharrt
längere Zeit in diesem Zustande, um sich dann gelegentlich ziemlich kräftig zu kontrahiren. Meist erscheint
sie an derselben Stelle wieder.
D e r N u c le . u s. Ein Kriterium der Nuclearina ist, dass sie stets einen Zellkern, aber in der
Einzahl besitzt, von etwaigen Theilungsstadien natürlich abgesehen. Seine Lag e ist eine beliebige, bald
mehr centrale, bald mehr ccntrifugale, ohne völlig peripher zu werden. Es ist zweifelsohne, dass der Kern
aller dieser Organismen dem Ectoplasma angebört und allenfalls an dessen äusserste Grenze, niemals aber
in das Ectoplasma selbst liincinrücken kann. Im fiebrigen ist das Verhalten des Nucleus ein normales.
Es stellt nämlich das bekannte völlig hyaline, kugelige Bläschen dar und besitzt einen mittelgrossen mehr
oder weniger central liegenden Körper, das Morulit. Dies erscheint sehr kompakt, trübe glänzend mit
gelblichem Reflex und oft von recht rauher Oberfläche. Der Durchmesser der Kern blase ist ca. 4 bis 5 ,«
in einem grossen Individuum, derjenige des Morulits ca. 2 bis 3 ,</.
Der übrige Körperinhalt besteht aus zwei verschiedenen Elementen, nämlich aus F e tt und aus
den Nahrungsbestandtheilen. Ersteres war in Form kleiner Kügelchen bei einigen Individuen besonders
am Vorderende eingelagert (Taf. VI Fig. 8 und Taf. X). Die Kügelchen, waren unter sich annähernd
g le ich 'g ro ss und maassen ca. *U Sie glänzten s ta rk und waren .tingefärbt.. Als Nahrungs--
bestandtheilc Hessen sich Chlorophyllkörner nachweisen, die eine Reihe von Veränderungen zeigten.
In einem Individuum waren einige noch wenig verdaute (Taf. VI Fig. 4), in einem ändern nur
Krümel von der F a rb e der gebrannten T e rra Siena verbanden (Fig. 8). Vielleicht waren es unverdaute
Ueberbleibsel. Die Nahrung lag stets frei im Körper, also nicht in Nahrungsvacuolen eingeschlossen.
E s sei nun noch bemerkt, dass unser Organismus n u r mässig stark erfüllt war. Eine Symbiose,.mit
Algen endlich vermochte ich nicht zu konstatiren.
Wiewohl leider die Anzahl der von mir beobachteten Exemplare dieses Thierchens keine groSse
war — genauer in Betracht kamen n ur etwa 8 —, so möchte es doch geräthen erscheinen, es von anderen-
seinesgleichen als eigene Species abzusondern, nicht um einen neuen Namen zu bilden, sondern, um die
so schwierige Systematik dieser kleinsten Lebewesen mehr zu klären. Im Anschluss daran sei nun noch
ein recht ähnlicher Organismus angeführt, den ich in nur einem Exemplar in der concentrirten Salinensalzlösung
an einem todten Branchipus auffand. E r war sehr klein, vielleicht indessen eine Jugendform.
Der Körper war genau kugelig und maass ca. 5 f-i im Durchmesser. D e r Umriss war ein ziemlich glatt-
randiger. Recht unvermittelt sprangen an der einen Körperseite mehrere lange spitzkegelförmige kräftige
Strahlen, ähnlich wie bei N . L&uckarti, heraus, um gradlinig rad iär zu verlaufen und als feine Spitze zu
enden. Sie konnten etwa 8 bis 9 // hing sein und waren unverzweigt, glichen also denCn des oben
beschriebenen Süsswasserthierehens. Ih r Plasma war ganz hyalin, frei von Körnchen. Der eigentliche
Körper hingegen besass ein gelblich körniges Plasma und einen grossen, etwas trüben schwachvioletten
Körper mit mehreren gelhlidi glänzenden Körnern. Dies mochte vielleicht also eine Nahrungsvaeuole
sein. D er Kern war nicht deutlich zu erkennen.
Da ich von diesem Thicrchen leider nichts Genaueres festelleü konnte; So sei es hier nur kurz
erwähnt. Mit der A. Leuckarti möchte ich es jedoch schon deswegen nicht identificiren, als es in starkem
Salzwasser lebte.
Nucle arella v a riab ilis nov. gen. nov. spec.
Tafel I Fig. 1 und 2, Taf. II Fig. 1, 2, 10 und 11, Taf. IV Fig. 16.
Der Organismus, der im% Nachfolgenden genauer gekennzeichnet werden soll, dürfte mit dem
Genus Nuclearia Cienkowsky1) die meiste Aehnlichkeit haben. Die 5ses ist von 0 . B il t s o 11 1 i s) den
skclcttlosom Heliozoon, den Aphrothorma Hertwig, c'ingeroiht worden, imchdem er mit Recht den Unterschied
erkannt hatte, der es von den Ehizopodcn trennt, obgleich ja die Körpcrgcstalt immerhin noch
amöboid veränderlich ist.
Gemeisam h at Nuclearella mit Nuclearia den Kernbesitz, doch ist stets nur ein Kern vorhanden
während letztere auch vielkernig sein kann- Die Gestaltung der Strählen (Pseudopodien) ist ferner eine
sehr übereinstimmende, und die spitzwinkelige Verästelung ihrer Enden ist besonders dabei zu erwähnen.
Als ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Formen ist nun aber hervorzuheben, dass bei der
unserigen ein Ecto- von einem Entosärk recht SCliarf geschieden werden kann und dass sie eine äussere
Begrenzung besitzt, welche schon so differenzirt erscheint, dass sie als zwar noch weiche und dehnbare,
ab e r doch schon ziemlich dicke m em b r a n a r t i g e Hülle angesehen werden darf.
We r die von mir gegebenen Abbildungen mit denen vergleicht, welche E u g e n P e n a r d 8)
von seiner Amoeha ambulacralis giebt, der wird vermuthen wollen, dass es sich hier um ein und dasselbe
handle. Nun will es auch mir So scheinen, als wenn jen e r Organismus kein Amoeben-, sondern eher ein
Xwe&dríá-artiger. sei, wenigstens wenn inan au f die besondere Art der Gabelung der Strahlen Bezug
nimmt'/ Nach der Schilderung P e n a r d s sind diese letzteren jedoch z. Th. so lebhafter und eféímtjiüm-
licher Bewegungen fähig, dass an einen Zusammenhang mit unserer Form ilicht gut gedacht werden
kann, wozu noch kommt, dass die Angaben P e n a r d s , nur nach einem einzigen Individuum gegeben,
nicht hinreichend genau sind, um einen weiteren Vergleich anstellen zu lassen.
Die Gestaltung der Nuclearella variabilis ist eine so vielseitige, dass es schwer hält, ein einheitliches
Bild von ih r zu entwerfen. Hätte -ich nicht zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen
Oertlichkeiten her eine grössere Anzahl von Individuen vor Augen gehabt, so wäre dies letztere überhaupt
kaum möglich gewesen, und es hätte sich leicht die Vcriüuthung aufgedrängt, dass hier mindestens
verschiedene Species vorliegen. Die zahlreich zu konstatiren den Uebergänge und Mittelstufen indessen
mussten doch eines anderen belehren.
i J) (i'G- 21.) L. C ie n k ow sk y .» Beiträge z. Kenntn. der Monaden. Arch. f. Mikr. Anat. I. (1865). S. 203 fg.
2) (No. 24.) .0. B ü ts c h li. Protözoa I. S. 320.
'') (No. 22.) E u g . P e n a r d . Ueber einige neue oder wenig bekannte Protozoen. — Jahrbüch. Nassau. Verein
Naturkunde Jahrgang 43. S. 75 fg.