eines an Terminalia (Combretaceae) lebenden grossen Sackträgers erzog ich nur Parasiten, aus denen, des iu
zerschlissenen eingerollten Bananenblatttheilen lebenden Hesperiiden Casyapa Thrax. und den die Farbe ihrer
immergrünen Nahrungspflanze Citrus tragenden Rinnenfalterraupen (P. Pammon, Erithonius) zum grössten
Theil Parasiten, ln Nordamerika, einem Lande, in dem immune Schmetterlinge nur in wenigen Arten
vertreten sind, fand S. S c u d d e r bei seinen Zuchtversuchen soviel P arasiten, dass er glaubt, 9/ 10 der
Jugendstadien gingen daran zu Grunde.
Aehnlich sind die P u p p e n , sobald sie exponirt sind (Rhopaloceren), meist ihrer natürlichen
Umgebung entsprechend sympathisch gefärbt. In anderen Fällen sind sie durch oft kunstreiche Gespinnste
geschützt oder gehen in die Erde.
Dass auch die F a l t e r geniessbar sind, geht aus ihrer oft so wunderbaren Anpassung der Unterseite
(die meisten Tagfalter: Aglia Tau) oder der Oberseite (Ageronia sp. [Nymphalidae], Noctuen, viele
Spanner) in der Ruhestellung hervor, die für die bei Nacht fliegenden Arten den ganzen Tag über wirken
soll und deshalb der Ueberzahl') der am Tage auf Beute gehenden Feinde gegenüber besonders wirksam sein
muss. Die Vortheile der schützenden Anpassung der Unterseite bei den Tagfaltern beruhen besonders auf dem
Aendern der Flugrichtung und dem p l ö t z l i c h e n Einfallen in einen beblätterten Busch, auf den Boden
oder an einen Baumstamm. Mit einem Male sehen wir das eben noch vor uns fliegende Thier nicht mehr
und wie schwer es hält, es zu finden, weiss Jeder, der einmal Discophora-Weibchen, Kallima etc. gesammelt
hat. Aehnlich versteckt sich auch das Weibchen von Elymnias undularis v. f r ater n a , das in der Ruhestellung
mehr an ein trockenes Blatt als an sein Modell erinnert und E. Lais Cr. Dagegen schmiegen
sich nach A. S e i t z gewisse neotropische Hesperiiden (so Plesioneura) und zahlreiche Eryciniden der
Unterseite der Blätter an.
Was die F e i n d e d e r a u s g e b i l d e t e n S c h m e t t e r l i n g e anbelangt, so h a t man neuerdings
von verschiedener Seite (Hi g g i n s , S. S c u d d e r , W. B. P r y e r , A. S e i t z 2) bestritten, dass die Vögel
überhaupt Tagfalter fressen.
Dem gegenüber verweise ich neben dem allgemeinen Ausspruch von A. R. Wa l l a c e (Darwinism.
p. 272): „the number of birds which capture insects on the wing is much greater in tropical regions
than in Europe“, vorerst auf einige specielle Beobachtungen aus der älteren Literatur. So fand der
Prinz v o n W i e d 3) im Magen eines Bucconiden, Monastes fusca, „einen grossen Tagschmetterling, welcher
zusammengewickelt fast den ganzen Magen anfüllte“ ; so berichtet E. P ö p p i g von den nahe verwandten
Galbuliden, „dass man in den Urwäldern ohne Schwierigkeit die Stelle erkennen könne, welche ein Glanzvogel
zum Lieblingsitze sich erkoren hat, denn die Flügel der grössten und prachtvollsten Schmetterlinge,
deren Leib allein gefressen wird, bedecken auf einige Schritte im Umkreise den Boden“. Endlich bildet
Au d u b o n in seinem nur auf Grund eigener Skizzen nach der Natur gemalten Prachtwerk auf Taf. 275
einen Kukuk, Coccycus americanus L., ab, der einen Pap. Turnus im Schnabel hält und erwähnt (Birds of
*) Die nächtlichen Feinde der fliegenden Heteroceren recrutiren sich in erster Linie aus den Nachtschwalben
(Caprimulgiden), welche auch grössere Arten fangen, in zweiter Keihe aus den Fledermäusen, welche besonders kleinere vorziehen.
Zu den nächtlichen Feinden der ruhenden Schmetterlinge gehören besonders die Locustiden und die Geckonen, welche
man in den Tropen jeden'Abend bei erfolgreichem Fang beobachten kann. Kleinere, so Hemidactylus-Arten, setzen, wie
ich beobachtete, die Jagd auf ruhende Nachtfalter in halbdunklen Corridoren auch am Tage fort.
a) A. S e itz , Betrachtungen etc. (Zool. Jahrb., Abth. f. Syst. IV, p. 83—87).
a) Citirt nach A. Brehm , Thierleben IV, p. 198—194.
North America IV, p. 259), dass dieser Kukuk „von solchen Insecten als Raupen und Schmetterlingen
leb t“. Von neueren Beobachtungen erwähne ich ausser den au f p. 22, 46, 48 und 65 mitgetheilten, dio
von M rs. B a r b e r (citirt bei T r im e n und B ow k e r , 1. c. I, p. 34), dass capländische Nectarinien ihre
Jungen mit Pyrameis cardui füttern, die Angabe von E. H a r t e r t ‘), der im Kropf von Merops pusillus, der
nur fliegende Insecten fängt, Schmetterlinge fand, und die Notiz von E. L. A r n o l d 2) über den Fang von
Terias hecabe (Pierid.) und Pap. Pammon L. durch Vögel.
Meine eigenen Beobachtungen über Wegnahme von Schmetterlingen durch Vögel in Siam bestätigen
nur die von Anderen gemachten : man sieht recht selten wie ein Tagfalter von einem Vogel
genommen wird. Dass es aber vorkommt, beobachtete ich bei Hesperia thrax, anderen Hesperiiden und
Catopsilien, die von Sperlingen niedergestossen und gefressen wurden. B e s o n d e r e S c h m e t t e r l i n g s -
f e i n d e scheinen die Dicruriden zu sein, von denen eine kleinere Art, Bucha/na sp., sich zur Hauptflugzeit
der Catopsilien zahlreich auf einer kleinen, bei Bangkok gelegenen Insel aufhielt und von mir beim Fange
beobachtet w u rd e; ebenso sah ich J Hcrurus paradiseus L. einen Attacus Atlas L. fangen und verzehren.
Mehr nocjl^als die Vögel dürften als Feinde der Schmetterlinge die Eidechsen anzusehen sein,
die nach A. Br e hm 1. c. VII, p. 161 „genau zwischen den verschiedenen Arten ihrer Nahrungsobjecte
unterscheiden, ob dieselben auch sich so ähneln mögen, dass ein unkundiger Mensch sie verwechseln kann.“
Natürlich erfolgen die Angriffe ausschliesslich auf ruhende Schmetterlinge.
An schmetterlingsfeindlichen Arthropoden erwähnt B a t e s 1. c. p. 510 noch die Asiliden,
T r ime n und L. de N i c e v i l l e die Mantiden3), A. S e i t z blüthenbesuchende Spinnen, welche die
ruhenden Schmetterlinge nehmen, während Libellen nach Ba t e s auf die fliegenden Jagd machen.
Allgemein ist die L e b e n s z ä h i g k e i t der Falter bei den schmackhaften Arten bedeutend geringer
als bei den immunen Formen, worüber man B o w k e r ’s Bemerkung (p. 43) vergleichen wolle.
Wir können wohl annehmen, dass die als immune Formen bezeichneten Untergattungen, Gattungen
und Unterfamilien die j ü n g s t e n A u s l ä u f e r ihres betreffenden Verbandes sind. So besitzen die Danao-
morphen unter den Tagfaltern überhaupt die weitest fortgeschrittene Verkümmerung der Vorderfüsse,
so dass sie von den englischen Entomologen seit Ba t e s an die Spitze des Systems gestellt wurden.
Weiter bilden unter den Acraeomorphen die Heliconier und Acraeinen wohl terminale Seitenzweige
e i n e s Stammes, dessen Hauptentwickelung zur Bildung der Nymphalinen führte. Endlich müssen wir
die immunen Gattungen der Argynnis-Gruppe (Nymphalinen) selbst ebenso als Ausläufer ihrer Gruppe
ansehen, wie die Aristolochienfalter 4) als jüngsten Zweig des Papilio-Stammes. So wird es wahrscheinlich,
dass die je tzt immunen Gattungen ursprünglich nicht geschmackswidrig waren, sondern es erst wurden,
nachdem sie durch Mangel an der sonstigen Nahrung gezwungen oder durch einen Zufall geleitet, all-
mälig von unschädlichen au f Giftstoffe enthaltende Pflanzen übergegangen waren. So kommt die indische
Acraea Vesta L. ausser an Passifloren nach Gr o t e gelegentlich an Thunbergia vor, einer Angehörigen
der zahlreichen nicht immunen Nymphalinen als Nahrungspflanze dienenden Acanthaceen.
|j E. H a r t e r t , Ornithol. Ergehn, einer Reise in das Niger-Benua-Gebiet (Journ. f. Ornith. 1886, p. 594).
a) E. L. A rn o ld , On the Indian Hills I, p. 247—248 (citirt).
3) Auch die Mantiden sind im Stande, immune und schmackhafte Arten zu unterscheiden (vergl. p. 26).
4) Aristolochien selbst kennt man nach E. W a rm in g (Handbuch d. syst. Botanik, Berlin 1890, p. 369) schon
aus der Kreideformation.