Pseudopodien zu einer grossen Beweglichkeit gelangen konnten, namentlich an ihrer Spitze, welche man
öfters so lebhaft schwingen sieht, dass man an die Bewegungen einer Geissel erinnert wird.
Ich selbst konnte bei unserem D. radiosum eigentlich n u r ein Schlängeln konstatiren, das nicht
lebhafter war, als das der Arme eines Schlangensternes. Auch ein Hin- und Herpendeln, eine A rt von
Tasten und Suchen war zu bemerken, sowie, was P e n a r d gleichfalls angiebt, ein Rollen oder Hin- und
Herwälzen au f den Spitzen der Pseudopodien. So bewegte sich das Thierchen häufig vorwärts, wenn
es nicht ohne erheblichere Drehbewegungen vorwärts schwamm oder kroch, wobei aber die Pseudopodien
ebenfalls allseitig und nicht allein in der Richtung der Bewegung ausgestreckt werden konnten. Ueber-
haupt sind hier, wie schon oben bemerkt worden, diese Gebilde ziemlich beständiger Natur und
iunktioniren kaum als Aussackungen nach vorwärts, um eine Bewegung resp. ein Verschieben und
Fliessen zu bewirken, wie es etwa bei einer Saccamoebe der Fall ist, sondern nur mehr als Tast- u n d
Fangapparate und dann noch als S t e l z e n ähnlich den Stacheln der Seeigel.
Der ganze Leib des D. radiosum mitsammt den Pseudopodien h at einen recht glatten Umriss,,
ohne dass eine Membran oder dergl. vorhanden -wäre.
Hinsichtlich des Plasmas unterscheidet P e n a r d ein Ecto- und ein Entoplasma, welch’ letzteres
mit kleinen glänzenden Körnchen (grains) erfüllt se i, die selten bis an die Spitzen der Pseudopodien
o-ehen. Diese • D arstellung trifft das Richtige, wenn man noch hinzufügt, dass eine scharfe Grenze
zwischen beiden Plasmaregionen nicht besteht und das Entoplasma an Masse überwiegt. Wie bei fie len
anderen Amoeben entstehen die Pseudopodien als Ausstülpungen eines klaren, körnchenfreien Ectoplasmas,.
bis sie eine recht beträchtliche Länge und vielleicht schon das Maximum ihrer Ausbildung erreichen»
Dann erst zieht sich die körnige Masse hinein, um aber nur in selteneren Fällen bis zu den Spitzen
vofzudringen, was nicht einmal dann immer geschieht, wenn sich ein Pseudopod sackartig verkürzt und
verdickt um eingezögen zu werden. Einmal sah ich solch ein Gebilde noch ganz k la r, während es
schon breit und stumpf wurde. Dann erst tra t die körnige Masse allmählich und langsam hinein, um
dabei noch eine anfänglich recht breite Kuppe frei zu lassen. Beim weiteren Verkürzen des Fortsatzes,
wobei er immer breiter wurde, zeigte er sich immer mehr und mehr von der körnigen Masse erfüllt,
bis er mit dem übrigen Leibe der Amoeben verschmilzt, die sich eigentlich bei diesem Vorgang in das
sich so- verändernde Pseudopod hineinzog.
Das Ectoplasma ist mit etwas groben, flockenartigen Körnern erfüllt, die nur wenig hervortreten,
d a ih r Lichtbrechungsvermögen das des Plasmas nicht so sehr übertrifft. Dazwischen sieht man kle in ere
etwas schärfer aufleuchtende Körnchen, die zuerst in die Pseudopodien strömen, während die ersterwähnten
erst zuletzt nachfolgen. Ausserdem erscheinen noch kugelige starkglänzende grössere Körner,
die vielleicht Fettkügelchen vorstellen. Alle diese Inhaltsbestandtheile haben nun keine bestimmtere
F a rb e und sehen grau aus, zuweilen nur ganz leicht gelb-grünlich, Grüne oder gelbe Krystalle und
Krümel sind im allgemeinen selten anzutreffen, was auch von sonstigen Fremdkörpern zu gelten hat.
Von Vacuolen haben wir zweierlei Gebilde zu unterscheiden, nämlich erstens die eontraktile
Vacuole die schon als eine p u l s i r e n d e zu bezeichnen ist, da sie in recht regelmässigen Intervallen
arbeitet. Die Diastole geht langsam vor sich, indem sich immer mehr der h ell-v io lett-ro sa gefärbten
Flüssigkeit ansammelt, bis etwa der Umfang des Kerns erreicht wird, dann erfolgt die Systole auch
langsam, aber doch viel schneller als die Ausdehnung. Hierauf zeigt sich nach einem Moment der Ruhe,
während welcher nichts von einer Vacuole zu sehen ist, an derselben Stelle wie vorher nahe der
Oberfläche des Thierchens ein kleiner Flüssigkeitstropfen, der wieder heranwächst, um die Oberfläche
zu erreichen und sich nach aussen zu ergiessen. Zu der Diastole wurden ca. 3 bis 3Vs Minute gebraucht,
zu der. Systole nur ca. 5 bis 10 Sekunden, bei einigen Individuen aber etwas mehr, bei anderen
etwas weniger, Variationen, die ohne Zweifel mit bestimmten physiologischen Zuständen des Organismus
in Zusammenhang standen.
Ausser dieser contraktilen Vacuole waren ferner einer bis mehrere vakuolenartige Räume im
Plasma zu erkennen, die mit den feinen Körnern auch in die Pseudopodien hineintreten konnten, was
die eontraktile Vacuole nie thiit. Sie Hessen keine Contraktionen — auch nicht innerhalb grösserer
Zeiträume — wahrnehmen und hatten einen mehr violett-grauen, etwas trüben und matten Inhalt. Sie
waren, wie auch die eontraktile Vacuole von einem Kranz von gröberen, glänzenden Körnchen umgeben,
ganz so wie die gleichen Gebilde bei Saccamoeba renacuajo, und diese Körnchen schienen in
einer besonderen „dichteren“ Plasmaschichte zu liegen.
Bei sämmtlichen der von mir gesehenen Individuen des Dactylosphaerium radiosum war stets der
N u e l e u s in der Einzahl vorhanden, und zwar gelegen innerhalb des eigentlichen Körpers im Entoplasma.
Meist stellte er das bekannte kugelige Bläschen dar, behaftet mit einem normalen, etwas
kleinen Morulit. Sein Durchmesser betrug ca. 6—12 ft, der des Morulits .ca. 4—8 ft. Es scheint dies auch
schon deshalb sein normales Verhalten zu sein, als L e i d y ihn ebenso darstellt. Einige Male bemerkte
ich jedoch Abweichungen hiervon. So war bei einem bemerkenswerther Weise grossen
Individuum der Kern ganz normal, das Morulit jedoch abweichend, nämlich ringförmig im opt. Schnitt,
von glattem Umriss und glänzender, sowie homogener als sonst (Taf. I, Fig. 5). Dabei war seine
Grösse ein'e so erhebliche, dass es aussah, als wenn sich das ursprüngliche kleine MoruHt mit einem
Mantel stärker li'ehtbrechender Substanz umgeben hätte, was übrigens deswegen nicht sicher festzustellen
war, als der Kern von dem körnigen Entoplasma ziemlich verdeckt wurde.
T ric lio lim ax liylae nov. gen. nov. spec.
Abbild. Taf.-III. Fig. 2, 3 und 4. Vergr. = ca. 1000.
. Unter den geisseltragenden Amoeben sei im Nachfolgenden eine Form beschrieben, welche eine
am meisten abweichende Stellung desshalb einnimmt, weil sie eine nur ganz kurze Geissel besitzt,
während diese bei den meisten anderen von einer ähnlichen Längenentwicklung wie bei den eigentlichen
Flagellaten ist. Auch wegen d e r so merkwürdigen Plasmaströmung ist sie geeignet, unsere Aufmerksamkeit
ganz besonders zu fesseln.
Die Tricholimax liylae lebt, wie der Speciesname andeuten soll, im Endtheile des Darmkanals
von kleineren grünen Kaulquappen, die sehr wahrscheinlich die Larven von Hyla pulchella waren.
Diese Larven fand ich im Klostertümpel von General P a z (Cordoba) während des Februar. Es war
von zahlreichen daraufhin untersuchten jedoch nur eine einzige Kaulquappe, welche diesen Parasiten
enthielt, zum Glück indessen in recht erheblicher Anzahl.
Bibliotlieca Zoologica. Heft 12. o