
gelten. Dies spricht sich schon in dem ruhigen, gelassenen Fluge und in der Lebenszähigkeit der Aristo-
lochienfalter aus und dürfte wohl auf die R a u p e n n a h r u n g zurückzuführen' sein, die bei allen als
Modell dienenden Arten, soviel bekannt, aus Aristolochien b e s te h t1) , einer Pflanze, welche-nach J. W.
S e i a t e r (On the food of gaily - coloured Caterpillars; Trans. Ent. Soc. London * 1877) durch „violently
purgative and vermifuge properties“ ausgezeichnet ist.
So sind, soweit mir bekannt ist, bei früheren Ständen der Aristolochienfalter bisher noch keine
Ichneumoniden beobachtet worden, die sonst gerade in den Raupen der Rinnen- und Segelialter so häufig
sind. Auch haben die meisten Papilio s. str. - und Cosmodesmus - Raupen (mit Ausnahme vielleicht der
Panope - Gruppe der ersteren) eine ausgebildete grüne Schutzfärbung und erinnern die jungen Larven der
Rinnenfalter sogar oft täuschend an Vogelkoth. Ebenso sind die Imagines im Gegensätze zu den Aristo-
lochienfaltern scheu, suchen sich theilweise im Fluge zu decken und sind leicht verletzbar. Dagegefi;
verhalten sich die in beiden Geschlechtern vollkommen angepassten A rten , wenigstens in der Panope-
Gruppe, vollkommen wie ihre Modelle. Vielleicht g ilt dies auch für die indische JanaJca-, die südamerikanische
Hippason- und die Harrisianus-, Harmodius- und Banchus-Gvuppe der Segelfalter. Nur bei Formen,
welche schon einen hohen Grad der Aehnlichkeit mit den Modellen erreicht haben und sexuell dimorphe
Arten nachahmen, tritt endlich ebenfalls ein ausgebildeter Dimorphismus auf. Dieser wurde wohl von den
Männchen durch Ausbildung Von Contrast- und Schmuckfarben angebahnt, schloss sich aber doch zugleich:
im Interesse der Arterhaltung der stets seltenen Formen der eigenartigen Umbildung der männlichen
Modelle an. Hierher gehören aus der indo-australisöhen Region Arten der Panope-Gruppe, wie P. para-
doxus Zinck, aus der neotropischen Region die Hippason - Gruppe der Rinnen- und die Harmodius- und
Räwc/ws-Gruppe der Segelfalter.
So darf die zuerst von CI. W. B a t e s und A. R. Wa l l a c e vertretene Ansicht, dass die wunderbaren
Erscheinungen der Mimicry Producte der natürlichen Auslese sind, das natürliche System der
Papilionen als eine ihrer wichtigsten Stützen betrachten.
’) Die von H o r s f ie ld und Moore gemachte Angabe, dass die Larve von Ph. Donbledai/i auf Fagara (Xantho-
xyleen) lebt, ist vielleicht auf die Verwechslung eines mimetischen Memnnn-Weibchons mit der Pharmacophagus- Art
zuriiekzuführen, zumal die den Aurantiaceen nahe verwandte Familie in Afrika zu den Hauptnahrung« pflanzen der Binnen*
falter-Iiaupen gehört.
Entstehung der Mimiery zwischen nieht immunen und
immunen Schmetterlingen.
Der Ausspruch von H. W. Ba t e s . , dass das Studium der Schmetterlinge dereinst als einer der
wichtigsten Zweige biologischer Forschung geschätzt werden dürfte, wird auch durch die Bedeutung
dieser Insectenordnung für die Theorie der Mimicry bestätigt.
Vor Allem ergiebt eine vergleichende Zusammenstellung der natürlichen Verbände einerseits derjenigen
Artgruppen oder Gattungen, welche wir als in höherem oder geringerem Grade durch 'Widrigkeit
des Geschmackes oder durch Abschreckmittel als vor den Feinden der Ordnung relativ geschützt (immun)
ansehen, andrerseits derjenigen, welche wir wegen ihrer grösseren Schmackhaftigkeit und fehlender Wehrmittel
für den Angriffen ihrer Verfolger besonders ausgesetzt halten müssen, e i n e , d u r c h V e r w a n d t s
c h a f t b e d i n g t e , Ge s e t zmä s s i g k e i t .
Um zuerst die als immun bezeichneten Formen kurz zu charakterisiren, so sind ihre R a u p e n
meist auffällig und anscheinend nie protectiv gefärbt und leben oft in Gesellschaften. Ganz besonders
dürfte die e i g e n a r t i g e R a u p e n n a h r u n g darauf einwirken, dass vorerst die Larve selbst und dann
über die Puppe hinaus auch die Imago durch Aufspeicherung gewisser, besonders emetisch wirkender
Gifte zu einem widrig schmeckenden, wenn nicht sogar schädlich wirkenden Bissen wurde.
Unter den Acraeomorphen giebt es in allen Unterfamilien gewisse Gattungen, deren Larven an
P assiflo ra1) leben, einer Schlingpflanze, deren Blüthen, Blätter und Wurzeln oft starke narkotische, besonders
emetische Eigenschaften besitzen. Hierher gehören von N y m p h a l i n e n nach W. Mü l l e r 1. c.
die Arten der neotropischen Gattungen Colaenis, MetamorpJia, Dione ; ferner indische Arten von Cethosia,
die auch an Modecca (Passiflor.) Vorkommen. Weiter leben an Passifloren alle bekannten Raupen der
H e l i c o n i n e n (.Heliconius und Eueides), die Larve der so vielseitig als Modell benutzten afrikanischen
Acraea (Planema) gaea -L. und anderer afrikanischer und indischer Acraeen. — Ausser diesen erwähnten
Acraeomorphen ist mir keine weitere Schmetterlingsart b ek an n t, deren Raupen sich von Passifloren
nährten. >.
Die neotropischen Acraeen der Untergattung Actinote leben nach W. M ü l l e r auf Micania,
einer stinkenden und in mehreren kletternden Arten als schweisstreibend und diuretisch wirkend bekannten
Composite.
’) Für die auf p. 59-behauptete Verwandtschaft der Violaceen mit den Passifloren spricht besonders die
Gattung Tetrathylacium , welche B en th am und Hook er (Gen. 119, n. 14) zu den Violaceen, H. B â illo n aber (Nat.
Hist. Plants IV, p. 281) zu den den Papayaceen nahestehenden Samidaceen rechnet.
Blbliotkeca Zoologien. Heft VIII. ^