Merkwürdig ist der Kern beschaffen und abweichend von dem d e r meisten anderen Rhizopoden.
E r ist nämlich durchaus nicht bläschenförmig, sondern vielmehr fast wie ein Morulit, d. h. ein ziemlich
kompakter, trübe glänzender rundlich eckiger Körper, d e r s ic h B - das vermochte ich nicht genau zu
sehen — entweder d reh t u n d dadurch ein stets anderes Bild b ietet oder wirklich seine Gestalt allmälig
verändert, ohne indessen die eines Klumpens aufzugeben. Eine bläschenartige Umhüllung besitzt er
nicht, dagegen etwa im Centrum einen kleinen hellglänzenden Nucleolus, ferner ein undeutliches Netzwerk
und eine scharfe membranartige Begrenzung.
Die eigentümliche Gestaltung des Kernes möchte etwas stutzig machen. Vielleicht haben wir
hier mithin auch keinen selbständigen Organismus vor uns, sondern vielmehr n u r ein Entwicklung^ -
stadium eines anderen, noch unbekannten. Dennoch wollte ich ihn vorläufig wenigstens näher charalc-
terisiren, um späteren Forschern die Möglichkeit zu geben, an d e r Hand d e r hier niedergelegten Daten
weiter zu gehen. —
Beim Vergleich d e r von A. G r u b e r* ) kurz beschriebenen und abgebildeten Amoeba fluida wird
man eine weitgehende Aehnlichkeit zwischen dieser und unserem Guttulidium tinctum bemerken. Der
Habitus stimmt, dem Wesen nach auch ganz überein und ebenso der Inhalt, dem G r u b e r eine „ganz leichte
braunrötliche Fä rb u n g “ zuschrieb, abgesehen davon, dass er bei uns intensiver g efärbt und mehrfarbig ist.
G r u b e r vermisste aber irgend welche Scheidung in zwei Plasmaregionen, denn er giebt ausdrücklich
an, dass die Körnchen „den Körper bis zum äussersten Rande erfüllen.“ F e rn e r sah jener Autor einen
mehr compakten „aus einer Vielheit von Körnchen“ zusammengesetzten K e rn , während dieser bei uns
zwar auch kompakt, jedoch viel homogener erscheint und ein ganz charakteristisches Körperchen in sich
birgt. Nicht unwichtig bleibt dabei, dass d e r Kern beider Species nicht das bekannte Bläschen vorstellt.
Lässt man endlich die Trennung bestehen, so würde ich geneigt sein, die G r u b e r sehe Art
dem Genus Guttulidium als G. fluidum unterzuordnen und ih r G. tinctum beizufügen.
Saccamoeba p u n c ta ta nov. gen. nov. spec.
Abbild. Taf. III. Fig. 5 and 6. Vprgr. == ca. 1000.
Schon H e r tw i g und L e s s e r einerseits und F . E. S c h u l z e anderseits hatten die Meinung
vertreten, dass es angemessen sein würde, den so artenreichen und wenig charakterisirten Begriff Amoeba
in eine Anzahl wohl gekennzeichneter Gattungen aufzulösen. Ich möchte un te r dem Genus Saccamoeba
daher alle diejenigen Formen vereinigen, welche zwar grösserer Gestaltsveränderungen fähig sind, als
das von mir begründete Genus Guttulidium, deren Pseudopodien jedoch als bruchsackartige Ausstülpungen
zu betrachten sind und niemals fingerförmig oder g a r strahlenförmig werden.
Die S. -punctata lebte in frischem Teichwasser an Wurzeln von allerhand Wasserpflanzen. Ich
fand circa 5 'Exemplare während des Jan u a r und Februar, die sich recht lebhaft bewegten und zwar ähnlich
so wie S. renacuajo und andere hierher gehörige Arten. Die Grundgestalt ist nämlich eine länglich
sackartige, deren Längsdurchmesser etwa das Doppelte des Querdurchmessers beträgt. Bei d e r Vorwärtsbewegung
stülpt sich nur vorne ein breiter, flacher Bruchsack aus, dem das Uebrige nachfolgt. Wird
dann die Bewegungsrichtung geändert, so tritt diese Aussackung mehr seitlich hervor und die eiste
(No. 1 .) A. G ru b e r. Studien über Amöben. Zeitschr. f. Wiss. Zool. Bd. 41. S. 219, Taf. 15, Fig. 49.
verschwindet. Beim Kriechen kann man ein Vorderteil von einem Hinterteil wohl unterscheiden, denn
an ersterem bilden sich jene Pseudopodien, die übrigens kaum noch diesen Namen verdienen, während
am Hinterteil öfters die schon bekannten kleinen, rundlichen Zöttchen zur Entstehung kommen (Taf. III
Fig. 5). Eine Bewegung nach hinten scheint entweder niemals., zu erfolgen, oder es werden die Zöttchen
vorerst eingezogen. Die Excretion der Nahrungsüberreste gebt endlich ebenfalls stets am hinteren
Ende vor sich.
Obwohl der Körper der S. punctata recht scharf und bestimmt umschrieben ist, so fehlt doch
eine besondere Hautschicht oder Membran. Ebenso lässt sich ein Ecto- von einem Entoplasma durchaus
nicht unterscheiden, und das gesammte Plasma träg t einen völlig einheitlichen Charakter, der sich darin
offenbart, dass es mit sehr feinen, aber äusserst scharfen, eckig erscheinenden^ staubartigen Partikelchen
gleiehmässig, jedoch nicht sonderlich dicht erfüllt ist. Darin liegt der SpeciCscharakter unserer
S. punctata. Diese Partikelchen sind weiterhin farblos und geben dem Ganzen einen grauen Ton.
Nach A rt der Molekularbewegung tanzen sie endlich hin und her. Bildet sich ein Bruchsack, so tritt
zunächst n u r dieses feinkörnige Plasma hinein, welches gleicherweise auch eine Art von Mantelschicht
dadurch entstehen lässt, dass der übrige Inhalt sich von der äusseren Begrenzung in einer gewissen
Entfernung hält, ohne dass es, wie gesagt, zur Scheidung zweier Plasmaschichten käme. Da Fremdstoffe
etc. • vielmehr nur spärlich im Innern gefunden wurden, so war deutlich die Gleichartigkeit der
gesammten Plasmamasse zu erkennen.
Als Organisationselemente sind sodann die Vacuolen zu nennen,, deren Anzahl und Grösse eine
bedeutende werden k a n n , ohne das Plasma jedoch zu einem schaumigen zu machen. Ich zählte deren circa
10 und mehr, abgesehen von den sehr kleinen vacuolenartigen Räumen, welche sich im Schwanzlappen
nach bekannter Weise einstellen können (Fig. 5). Die Vacuölen sind von ganz verschiedener Grösse
und erreichen etwa den Durchmesser des Kernes. Sie liegen ferner bunt durcheinander und enthalten
die schon öfters genannte blassviolette Flüssigkeit. Pulsiren thun sie nicht, was schon durch ihre grosse
Zahl ausgeschlossen erscheint, und auch sonstwie war eine, wenn auch zeitweilige Contraktiom an ihnen
nicht zu konstatiren. Möglich bleibt eine solche indessen immerhin.
. Auch kleine, gelbe, glänzende Krümelchen sind konstant in der S. punctata anzutreffen. Ihre
Beschaffenheit ist wie bei manchen anderen Amöben und dort besprochen.
Die S. punctata besitzt nur einen, aber wohl entwickelten Kern, der stets mehr in der hinteren
Körperhälfte liegt. E r ist ein genau kugelförmiges Bläschen von circa 6,5 bis 7 im Durchmesser.
F a s t central schwebt in ihm ein Morulit*) von wechselnder Grösse, nämlich bald so, wie man es bei den
meisten Amöben etc. antrifft, bald jedoch enorm gross und nur eine schmale Mantelschicht in dein Bläschen
frei lassend. Dies Morulit ist gleichfalls ku g elig , dabei jedoch etwas eckig und wie sonst dunkel
resp. trübe glänzend, aber etwas hyaliner als in anderen Fällen und weniger kompakt.
Als Fremdkörper führt die S. punctata meist einige spärliche Chlorophyllkörper, Diatomeen etc.
in verschiedenen Verdauungszuständen. Ein Exemplar besass nichts davon.
*) Unter „Morulit1’ verstehe ich, wie an anderem Orte auseinanderzusetzen ist, den grossen, kompakten Nucleolus
des Rhizopodennucleus.
Bibiotbeoa Zoologica. Heft 12.