vollkommen mit dem Cycl. bicusjndatus, und ich neige mich je tz t —• nachdem ich ihn selbst untersuchen
konnte — entgegen meiner früher ausgesprochenen Ansicht1) auch mehr dazu hin. R i c h a r d betrachtet
ihn in seiner neuesten Arbeit („Rceherches sur les Copep.u) als Varietät.
Nach einer Mitteilung R eh h e r g s 2) ist es dem russischen Forscher S c h m a n k e w i t s c h experimentell
gelungen, durch Einfluss salzhaltigen Wassers den Cycl. bicuspidatus in Cycl. helgolandicus iibdr-
zuführen.3) Da S c h m a n lv e w i t s c h dieser Form den Namen Cycl. odessanus beilegt, so muss dieselbe
— falls man sie als Varietät bestehen lassen will — dem Gesetze der Priorität gemäss Cy c l ,..b ic u s p
i d a t u s v a r . o d e s s a n a S c h m a n k e w i t s c h genannt werden. (Die Bezeichuung R e h b e r g s habe
-ich bisher absichtlich angewendet, da wir es ja zunächst mit den von diesem Forscher beobachteten
Tieren zu thun hatten.)
Auch R e h b e r g vermutete anfänglich, den bei seinen Tieren auftretenden Atavismus auf den
S a l z g e h a l t des Brunnens (0,743°/o), in welchem er dieselben fand, zuriiekführen zu müssen, sagt jedoch
selbst, dass der Salzgehalt „eine mehr nebensächliche Rolle zu spielen“ scheine, weil das Vorhandensein
des Cycl. bicuspidatus mit vierzehngliedrigen Antennen von P o p p e auch in dem v o llk o m m e n s ü s s e n
W a s s e r d e r Cisternen des Oberlandes von Helgoland konstatiert wurde.
Uebrigens scheint das Auftreten des typischen Cycl. bicuspidatus in Brunnen u n d anderen sub-
terranen Gewässern sehr allgemein zu sein; F r i ß 4) belegt diese Art deshalb mit d e r Bezeichnung
eines „Brunnen-Hüpferlings“ ;; auch von V c j d o v s l t y 5) und M o n ie z 6) ist dieselbe unterirdisch
gefunden worden.
Wie ich in Ueberemstimuiung mit H e r r i c k 7) bereits au f p. 51 u. 52 erörtert habe, scheint der Cycl.
insignis Brady s) nicht mit der gleichnamigen C la u s ’schen A rt, sondern vielmehr mit der uns hier beschäftigenden
var. odessana identisch zu sein. (Sicher bestimmen lässt sich dies freilich nicht, da
B r a d y den Bau des Reeeptaculum seminis unberücksichtigt lässt.) Eine.Uebereinstimmung beider
würde besonders dadurch von Interesse sein, dass B r a d y seine Tiere im Brackwasser gefunden
h a t.. Es wäre deshalb auch leicht möglich, dass hier — wie in den. Versuchen von S c h m a n -
k e w i t s c h — der relativ hohe Salzgehalt des Wassers von Einfluss auf die Organisation der
Tiere gewesen ist. Dasselbe gilt auch (cf. p. 52) für die von W a l t e r unter d e r Bezeichnung
| | Beitr. z. Kenntn. p. 27 und 28.
) R e h b e rg , Beitr. z. Naturg. niederer Crustac. p. 3.
) S c li ni a n k e wi t s c h : „Einige Krebse der Salzsee- und süssen Gewässer und ihr Verhältnis zu dem sie
umgebenden Elemente.“ — Leider ist es mir nicht möglich gewesen, diese Arbeit zu erhalten. Eine kurze Inhaltsübersicht
derselben giebt S c hm a n k ew its c h selbst in einer Anmerkung zu der Abhandlung: „Zun- Kenntnis
des Einflusses der äusseren Lebensbedingungen auf die Organisation der Tiere.“ (Zeitschr. für wissensch. Zool.
Bd. 29. p. 429—501.)
• ) F r i ß , Die Ivrustentiere Böhmens, p. 221.
) V e jd o v s k y , Tierische Organismen in den Brunuengewässem von Prag.
| M o n ie z , 1. c. p. 33.
*) H e r r i c k , A final repprt. p. 155.
8) B r a d y , A monograph. p. 108 u. 109. Taf. XXI. Fig. 1—8.
Cycl. insignis Claus1) aufgeführten, in einem Tümpel der transkaspischen Steppe gefundenen Tiere. Aus
W a l t e r s Angaben ist zwar nicht ersichtlich, dass gerade dieses Gewässer stark salzhaltig ist, aber ans
der allgemeinen Beschaffenheit dieser Steppe lässt sieh dies mit Sicherheit annehmen. Bezüglich des
Gyd. insignis ■ Sostaric vergl. ebenfalls p. 52. j
Der Umstand, dass die var. odessana auch in vollkommen süssen Gewässern gefunden worden
ist,, deutet darauf hin, dass der Salzgehalt nicht allein, oder vielleicht überhaupt nicht d e r den Atavismus
bewirkende Falttor gewesen ist; es scheint mir Vielmehr, a l s Ob d i e g e r i n g e G r ö s s e d e r
> V o h n g e w ä s s e r e i n e v i e l w i c h t i g e r e K o ll.: h i e r b e i g e s p i e l t lia lie .! )
' So fa n dV o s s e ie r® ) den Cycl. bicuspidatus „in einem dicht mit Algen, verwachsenen seichten Tümpel“
. . , von dem einige ausgewachsene Exemplare siebzehn Glieder an den ersten Antennen führten, während
daneben andere Tiere derselben Art nur vierzehngliediige Antennen hatten oder solche, au denen der
Beginn einer Segmentierung des achten Gliedes in vier Teile kaum angedeutet war.“ . (Die Exemplare
mit vierzehngliedrigen Vorderantennen waren also — V o s s e i e r führt dies zwar nicht an — die var.
odessana.) \
Ausser in „marais salants“ bei Croisic beobachtete R i c h a r d den Cycl. bicuspidatus mit vierzehngliedrigen
Antennen, „dans une citerne alimentée par les gouttières d ’un toit et à l’obscurité“, also
ebenfalls in kleinen Wasserbecken.
Die von mir im Harze gefundenen Exemplare belebten gleichfalls ganz kleine, seichte Tümpel.
R e h b e r g fand -fh wie angegeben — seinen Cycl. helgolandicus in einem Brunnen. P o p p e beobachtete
dieselbe Form in Cisternen des Helgoländer Oberlandes. S c h m a n k e w i t s c h werden zu seinen E x perimenten
wohl ebenfalls nur kleine Behälter zu Gebote gestanden haben. Das Gewässer, in dem
W a l t e r die Varietät beobachtete, bezeichnet er selbst als einen „Tümpel“. Also: V o n a l l e n F o r s
c h e r n i s t d i e v a r . o d e s s a n a in k l e i n e n , j a t e i lw e i s e s e h r k l e i n e n W a s s e r a n s a m m l
u n g e n g e f u n d e n w o r d e n , w o s e l b s t d e n T i e r e n G e l e g e n h e i t z u e n e r g i s c h e n S ehw im m -
b e w e g u n g e n n i c h t g e g e b e n w a r.
I s t m e in e V e rm u t u n g r i c h t i g , so m u s s in d em G r a d e , in w e l c h em d i e L o k o m
o t i o n d e r T i e r e b e e i n t r ä c h t i g t w i r d , a u c h d i e R ü c k b i l d u n g i h r e r F o r t b e w e g u n g s -
o r g a n e z u n e h m e n : und hierfür bietet eine Beobachtung V o s s e l e r s einen schlagenden Beweis. In
1) W a lte r , Transkaspisch. Binnencrust. p. 1009.
) Welchen Einfluss die geringe Grösse eines Gewässers auf die Gesamtorganisation der Copepoden auszu-
übep vermag, zeigt eine sehr interessante Beobachtung, welche R e h b e r g in der Nähe von Bremen machte. Die
gesamte Tierwelt eines Grabens, welchen man mit Erde zuwarf, wurde auf immer engeren Raum gedrängt. Hier
fänden sich nun Exemplare, „nicht grösser, als der sehr kleine Cycl. diaphanus Fischer (es ist damit — s. daselbst
der Cycl. bicolor Sars gemeint) während sie den Arten C. siqnatus K. Cycl. fuscus Jurine), C. viridis F.,
-C. pulchelltcs K. ( = Cycl. bicuspidatus Claus) und C. agilis K. ( = C. serrulatus Fischer) angehörten. Die Eiersäcke
waren trotzdem normal, und hatten diese fast die Grösse des ganzen Tieres. Die meisten Exemplare zeigten Verletzungen
und Verkümmerungen an den Antennen, Füssen und der Furka. Die geringe Wassermenge gab vielleicht
der übergrossen Zahl von Tieren zu wenig Nahrungsstoff (bei der ausserordentlichen Grösse der Eiballen wohl
nicht anzunehmen !) um eine normale Entwicklung zu gestatten.“
) V o s s e ie r , D. frei!. Cop. Württemb. p. 1G9.