Variabilität des Cyclops bicuspidatus Claus.
Cyclops odessanus Schmankewitsch und
Cyclops helgolandicus Rehberg.
Cyclops bicuspidat-us ist eine äusserst variabele Art. Wie schon angedentet, sind es besonders
die ersten Antennen und die F u rk a , welche hinsichtlich ihrer L ä n g en . oft nicht unbeträchtlichen Schwankungen
unterworfen sind.
Auch R i c h a r d 1) und M o n ie z 2) urteilen dasselbe über diese Art. V o s s e i e r 8) teilt sogar mit,,
dass er „diesen Cyclops einmal mit kaum ausgesprochen gegliederten, ein andermal dagegen mit deutlich
achtzehngliedrigen ersten Antennen“ fand.
Auch Uebergänge zwischen Cycl. bicuspidatus, Cycl. strenuus und (dem mit Cycl. strenuus identischen)
Cycl. lucididus hai V o s s e i e r beobachtet;4) da er aber das Receptaculum seminis unberücksichtigt
lä sst, dessen Bau das sicherste Erkennungsmittel dieser Arten is t, so lässt sich unmöglich entscheiden,
zu welcher Species diese „Zwischenformen“ wohl gehören könnten.
Auf die Form des Cycl. bicuspidatus mit nur v i e r z e h n g 1 i e d r i g e n e r s t e n A n t e n n e n haben w ir
hier näher einzugehen. Der erste, welcher über das Vorkommen derselben berichtete, ist — abgesehen
von S c h m a n k e w i t s c h — R e h b e r g , der sie in dem schwach salzhaltigen Wasser eines Brunnens der
Insel Helgoland beobachtete.
Schon in seiner ersten Mitteilung5) sprach dieser Forscher aus, dass diese F o rm , welche e r
C y c l. h e l g o l a n d i c u s n an n te, wahrscheinlich von Cycl. pidchellus Rehberg (non K o ch !) = Cycl.
bicuspidatus Claus abstamme. Nach seinen eigenen Angaben unterscheidet sich der Cycl. helgolandicus
von der Stammform:
1. durch geringere Körpergrösse,
2. durch die Gliederung der ersten Antennen; dieselben sind nur vierzehngliederig, und zwar
entspricht das siebente Glied von Cycl. helgolandicus dem siebenten und achten von Cycl.
bicuspidatus und das achte der ersteren Form dem neunten, zehnten und elften der letzteren,
3. durch bedeutende Verkürzung des Grundgliedes des rudimentären Füsschens und
4. durch geringere Länge der zweitäusseren Furkalborste-.
Das Studium der Entwickelungsgeschichte des, Cycl. bicuspidatus bestärkte R e h b e r g in seiner
Annahme; er fand nämlich, dass diese A rt „nach der dritten Häutung .vollkommen mit dem Cycl. helgolandicus
übereinstimmt“, und nun zögerte er nicht mehr, die neu aufgestellte A rt als durch Atavismus
aus Cycl. bicuspidatus entstanden zu erklären.6]
*) R ic h a r d , Liste des Cladoc. et des Copep. d’eau douce. p. 160.
'-) M o n ie z , Faune des eaux souterraines. p. 33 und 34.
3) Vo ss eie r, Die fr eil. Cop. Württemb. p. 171.
4) V o s s e ie r, ebenda, p. 195 und 196.
1) R e h b e r g , Zwei neue Crustaceen aus einem Brunnen auf Helgoland.
c) R e h b e rg , Weitere Bemerkungen, p. 62 und 63. Taf. IV.' Fig. 5.
Zu den Angaben R e h b e r g s sei kurz folgendes bemerkt:
II R e h b e r g giebt in seiner späteren Arbeit die Grösse des Cycl. helgolandicus selbst auf
1,66 mm incl. der Furkalborsten an. Die Grösse dieser Form ist also genau dieselbe, wie
die der typischen Cycl. bicuspidatus.
2. Wie bereits aus der Zeichnung R e h b o r g s hervorgeht, entspricht das achte Antcnnonsegment
von Cycl. helgolandicus dem achten, neunten, zehnten und elften Segmente bei Cycl. bicuspidatus
(und bei den übrigen Arten mit siebzehngliedrigen Vorderfühlern, cf. p. 19), wie solches aus
der Bewehrung des Gliedes deutlich hervorgeht.1) Die Angabe des Sinneskolbens am neunten
Segmente fehlt in der R e h b e r g ’sehen Zeichnung. — Beim Cycl. helgolandicus sind also
die Verhältnisse genau dieselben wie beim Cycl. insignis Claus. Auch hier finden sieh wie
bei jener Art drei senkrecht zur Achse der Antennen gestellte, dem Chitinskelette ange-
hörige dunkele L in ien , welche die unterbliebene Artikulation des achten Segments andeuten.
(cf. Taf. II, Fig. 19).
3. Die von R e h b e r g weiter angeführten Differenzen finden sich in demselben Masse auch
beim typischen Cycl. bicuspidatus.
4. Durch eigene Untersuchung einer Anzahl Exemplare des Cycl. helgolandicus, welche ich
der Liebenswürdigkeit des Herrn S. A. P o p p e verdanke, bin ich in der Lage zu konstatieren,
dass sich die R e h b e r g ’s e h e Form von dem typischen Cycl.-bicuspidatus nur
dadurch unterscheidet, dass die Spaltung des achten Antennensegments in vier einzelne Glieder
unterblieben ist, s o n s t s t im m e n b e i d e v o llk o m m e n ü b e r e i n .
.5. Da R e h b e r g nichts über den Bau des Receptaculum seminis berichtet, und ich denselben
an den , von mir untersuchten konservierten Exemplaren nicht mehr erkennen konnte, s.o war
ich im Zweifel, ob die Uebereinstimmung beider Formen sich auch au f diesen Punkt erstrecken
w ü rd e, oder ob beim Cycl. helgolandicus, bewirkt durch die veränderten Lebensbedingüngen,
eine Umgestaltung dieses Organs eingetreten sei,. Hierüber erhielt ich Klarheit gelegentlich
der Untersuchung einiger kleineren Gewässer des Brockengebietes im Harz. In
einigen Tümpeln bei dem Dorfe Schierke am Fusse des Brockens fand ich in mehreren
Exemplaren den Cycl. bicuspidatus m i t v i e r z e h n g l i e d r i g e n V o r d e r a n t e n n e n : a l s o
d e n C y c l. h e lg o la n d i c u s R e h b e r g , und zwar war bei diesen Individuen das Receptaculum
genau so gebaut wie bei dem typischen Cycl. bicuspidatus. Der Schluss, dass auch bei
den Helgoländer Tieren das Receptaculum seminis ebenso gebaut ist, wie bei der typischen
Form, dürfte kein allzu gewagter sein.
Es wäre demnach erwiesen, dass die Uebereinstimmung des Cycl. helgolandicus und Cycl. bicuspidatus
bis au f die verschiedene Anzahl ihrer Antennensegmente e i n e v o l l s t ä n d i g e i s t . D e r R e b b
e r g 's e h e n F o rm m u s s d em n a c h d a s A r t r e c h t e n t s c h i e d e n a b g C s p r o c h e r t w e r d e n .2)
Ob man den Cycl. helgolandicus als V a r i e t ä t von Cycl. bicuspidatus bestehen lassen will oder
nicht, hängt allein vom subjektiven Empfinden ab. V o s s e i e r und M o n i e z 3) identifizieren ihn
*) Auch R ic h a r d s Angabe, dass dem zehnten Segmenté zwei und dem elften drei Glieder entsprechen sollen,
beruht sicher auf einem Irrtume. (Reeherch. sur les Copép.)
2) P o p p e führt in seinen „Notizen zur Fauna“ den Cycl. helgolandicus als gesonderte Art an.
) M o n ie z , Faune des aux souterraines. p. 33. •
Blbliotheca Zoologie». Heft 11. 11