Ein Individuum der S. verrucosa, das sich durch grosse Pseudopodien auszeichncte, war bemer-
kcnswerther Weise k e r n lo s , wovon ich mich durch Anwendung verdünnter Essigsä ure und nachfolgender
Färb u n g überzeugte. Es war ziemlich gross und in lebhafter Bewegung begriffen. Auf welche Weise
der Kern verschwunden, bleibt unklar.
Als sonstige Ihlialtsbestandtheilc unserer Amöbe sind noch die VacUolen zu erwählien, deren
stets eine vorhanden ist, die oft eine beträchtliche den .Kern übertreffende Grösse erreicht (Taf. IV, Fig. 1).
Sie wächst langsam an und kontrahirt sich etwas schneller, wobei sich die’ dünnste Stelle unter der
Membran öffnet, um sich dann wieder zu sch'liessen. Gewöhnlich entstand die neue Vacuole immer wieder
an etwa derselben Stelle. Neben ihr konnten noch einige ganz kleine vacuolenartige Räume bestehen,
die sich jedoch kaum irgendwie veränderten.
Die S . verrucosa n äh rt sich endlich von-Algen etc., deren sic indessen immer nur eine bescheidene
Anzahl führte. F e rn e r sah ich zuweilen noch Paramylonkörner, die wohl als F u tte r aufgenommen waren.
Halten wir daran fest, dass die von uns gesehenen Individuen dieser Amöbe niemals einen körnigen
Inhalt aufwiesen, so ist damit ein gewisser Gegensatz gegen die Darstellungen ändern- Autoren
gegeben. L e i d y (1. c. No. 2 p. 55) fand seine Amoeba verrucosa zwar auch „highly transparent“ , das
Entoplasma jedoch „pale g ran u lär“ und ‘sogar das Ectoplasma bei starker Vergrösserung (welche?) ausserordentlich
feinkörnig. Ebenso hält P e n a r d (1. c. No. 4 p. 128 ff.) ersteres für sehr feinkörnig, woraus
nun doch hervorgehen dürfte, dass es niemals so grobkörnig beschaffen ist, wie bei Amoeba proteus beispielsweise.
Es würde sich somit die von uns gegebene Darstellung hier recht wohl anschliessen, d a -ja
die Möglichkeit vorliegt, ein anscheinend homogenes Gefüge bei sehr stark e r und guter Vergrösserung
in seine einzelnen B e s ta n d te ile aufzulösen. Auch A. G r u b e r fand bei seiner A. verrucosa das Protoplasma
hyalin und sehr kla r, jedoch trotzdem durchsetzt von kleinen runden Körnchen (1. c. No. 1
p. 215), die mehr im Innern 'zusammengeballt sind. Wenn diese Amöbe mithin Körnchen führt, so ist
doch daran festzuhalten, dass sie immer spärlich sind und den hyalinen Charakter des Ganzen wenig
b eeinträchtigen.
Hinsichtlich des Kerns sind ebenfalls noch einige Worte beizufügen. L e i d y k onstatirtc.'nämlich
gewöhnlich zwar einen solchen, vermochte ihn indessen oft nicht zu entdecken, eine’Beobachtung, die
im Anschluss an die von uns erwähnte immer ihren We rth behält, wennschon L e i d y nicht Kernreagentien
zur Hand genommen haben dürfte. P e n a r d fand weiterhin den Kern sehr variabel und selten so mit
einem Morulit behaftet, wie eben angegeben, dagegen fast immer ähnlich so wie bei Amoeba proteus
(princeps), nämlich mit zahlreicheren rundlichen Nucleolen dicht unter der Kernmembran gelagert, mit Ausnahme
junge r Exemplare, welche den normalen Morulitkern führten. Danach müsste dieser letztere einen
jugendlicheren Zustand darstellen, was mir, allgemein genommen, nicht rech t plausibel ist, da ich auch
recht grosse Exemplare der verrucosa mit solch einem Kern sah. der ja ferner, wie an anderen Orten
zu zeigen ist, Halhirnngen ein gehen kann. Vielleicht aber stellt die Zerstreuung des Morulits eine D e g
e n e r a t i o n vor, die mit völligem Schwunde des Kernes endet, oder die Vorbereitung zu einem anderen
Vermehrungsmodus. wie weiter unten noch zu zeigen ist.
Saccamoeba lucens n. sp.
Abbild. Taf. I, Fig. 1 1 . Vergr. = ca. 1200.
Amöben mit woblausgebildeten Krystallen sind schon früher wiederholt beobachtet worden, so
die A. biactinophora von A u e r b a c h * ) , ferner die A. crystalligera Grbr. von A. G r u b er**) und K.
M ö b iu s (1. c. No. 6, p. 26, 27). Letztere, mit ihren fingerförmigen Pseudopodien, unterscheidet sieh
wesentlich von der uns vorliegenden Form, unter Anderem auch schon durch ihren Aufenthalt im
Seewasser.
Die S . lucens fand ich in einigen Exemplaren während des November in einer Blumeninfusion
nämlich in einem Gläschen, das einen Blumenstrauss trug, von dem Theile ins Wasser gefallen waren.
In derselben Infusion lebten ferner noch andere Amöben (A. pellucida), sodann Heliozoen etc.
Die äussere Gestalt der S. lucens ist ganz ähnlich wie die von S. Umax, etwa doppelt so lang
als breit, allseitig abgerundet, vorne meist kolbig verdickt, hinten spitzer, zuweilen,, je nach dem Konzentrationsgrad,
auch mehr wurstförmig, oft bald nach links, bald nach rechts gekrümmt. Die grösste
Länge betrug ca. 70 bis 75 p , die grösste Breite hingegen ca. 30 bis 32 p. Es wurden mithin recht
erhebliche Dimensionen erreicht. Die Vorwärtsbewegung geschah kriechend, mit etwas schlängelnden
Ausbiegungen, aber ohne irgend welche Pseudopodien. Vielmehr wurde nur immer das Vorderende
k uppenartig vorgeschoben, das Hinterende nachgezogen, wobei man wohl auch Kontraktionswellen über
den Körper von vorn nach hinten verlaufen sah. Diese wurmartige Vorwärtsbewegung wurde recht lebhaft
ausgeführt.
Die Umgrenzung der S . lucens ist eine glatte und scharfe, ohne dass eine membranöse Bedeckung
vorläge. D e r plasmatische Inhalt lässt eine Unterscheidung von Ecto- und Entoplasma kaum zu, denn
das Ganze ist von blassen, weich erscheinenden Flocken und Körnern ziemlich gleichmässig durchsetzt,
während glänzende und scharf umrandete Körnereinlagerungen gänzlich fehlen.
Als wichtigster Inhaltsbestandtheil imponiren die Krystalle. Ihre Anzahl ist zwar eine nur
mässige im Betrage von Ca. 15 Stück im opt. Schnitt, doch sind sie von erheblicher Grösse. Theilwcise
sind sie genau und schön regelmässig k u b i s c h , theilwcise jedoch tafelförmig. Die Kante der grössten
dieser Krystalle maass .ca 5 bis 6 p , die der kleineren die Hälfte und noch weniger. Am meisten fallen
sie durch ihren äusserst starken Glanz ins Auge, der den des Plasmas um Vieles übertrifft und die Kry-
stallc wie Brillanten hervorleuchten lässt. Dabei sind sie gänzlich ungefärbt und k la r wie vom reinsten
Wasser. In ihren Reaktionen ähneln sie endlich denen der Amoeba crystalligera, untersucht von M ö b iu s
(1. c.). Auch sie lösten sich in Säuren unter A b r u n d e n und H o h lw e r c i e n , was darauf hindeutet,
dass es K r y s t a l l o i d e sind. Wahrscheinlich wohl stellen sie ein Reservematerial vor, jedenfalls aber
nicht Kochsalz, mit dem sie sonst Aehnlichkeit hätten.
Bestimmt zu definirende Fremdkörper sah ich nicht, blöss einige grosse, graue, runzelige Klumpen.
Ebenso fehlen kontraktile Vacuolen und nur einige Flüssigkeitstropfen mit trübem Inhalt lagen zerstreut
umher. ' Der Kern ist in der Einzahl vorhanden und liegt zumeist mehr hinten. Seine S tru k tu r wurde
mir nicht ganz deutlich, doch ist e r wohl bläschenartig mit Morulit.
*) (No. 5.) A u e rb a c h . Zeitschr. f. wissenseli. Zool- Bd. 7. (1856).
**) (No. 1.) A. Gru b er. Studien über Amöben, p. 211).