schnell vorwärts wandern kann. Dieses Wandern wird jedoch nicht durch die Pseudopodien, sondern
vielmehr durch die Geissel bewirkt, indem sich jene schon ähnlich so wie die Strahlen der Helioamoeben
verhalten. Es liegt demnach' hier bereits ein gewisser Uebergang .zu diesen vor. Dennoch abe r möchte
ich mich berechtigt halten, wie später noch zu zeigen sein wird, die Gattung Mastigamoeba den eigentlichen
Rhizopoden anzufügen, jedoch als eine recht aberrante Form, welche schon B ü t s e h l r veran-
lasste, sie den Flagellaten beizugesellen.
Gerade so wie die Veränderungen der Gestalt, so sind die der Pseudopodien n u r untergeordneter
Art. Sie strecken, sieb recht langsam aus, als kegelige Zapfen beginnend, und ziehen sieh ebenso
langsam wieder ein, wobei sie in ähnlicher Weise e r s c h l a f f e n wie die Strahlen der Nudearellw(s. d.)
(Fig. 14). Auch sonst bewegen sie sich ungefähr wie die letzteren, indem sie leichte schlängelnde- oder
pendelnde Bewegungen vollführen.
D i e G e i s s e l . Leg t man, wie es 0 . B ü t s c h l i thut, der Eintheilung der Säreodinen das Vorhandensein
oder Fehlen einer Geissel zu Grunde, so müsste man alle geisseltragenden Protozoen zu den
Flagellaten stellen. Legt man aber mehr Gewicht au f die Pseudopodien und sonstige Organisatioris-
bestandtheile, so wird man doch eine Anzahl von Formen abscheiden und eher zu den eigentlichen
Rhizopoden stellen müssen, obgleich sie ja eigentlich, wie schon F . E. S c h u l z e erkannte, „ein Verbindungsglied
zwischen den Rhizopoden und den Flagellaten“ *) darzustellen scheinen. Der erste derartige
Organismus dürfte, wie F . E. S c h u l z e anführt, die von C a r t e r 2) in Bombay entdeckte Amoeba
monociliata gewesen sein, die abe r leider zu wenig genau beschrieben wurde, um sie mit einer späteren
identificiren zu können.
Die Geissel d e r M. Schuhei ist ganz so gestaltet wie die d e r M. aspera oder die eines echten
Flage lla ten. Sie ist erheblieh länger als das ausgestreckte Thier (Fig. 4), von gleichmässigem Durchmesser
und etwas mehi" glänzend als die Leibessubstanz. Sie läuft nicht in eine feine Spitze aus.,
sondern endet „ohne Veränderung des Durchmessers wie quer abgeschnitten“ , also wie ein dünner
cylindriseher Stab.
Sehr bemerkenswerth ist der U r s p r u n g der Geissel, der derselbe ist wie bei einigen anderen
von mir aufgefundenen Geisselamöben. Sie gebt nämlich nicht von der Leibesoberfläche aus, sondern
durchbohrt diese vielmehr und sitzt dem bläschenartigen Kerne auf. Dieser liegt, ob eine Geissel vorhanden
ist oder nicht, stets am v o r d e r e n P o l e des sich bewegenden Tieres mit längsgerichteter Längsaxe
von der Wandung durch eine schmale, aber deutliche (Ecto-) Plasmaschicht getrennt. D er Kern stellt
nämlich ein oft mehr eiförmiges (olivenförmiges), oft mehr längliches (dattelkernförmigös), drehrundes
Ellipsoid dar (Fig. 1, 3, 4, 6, 7, 9, 11, 12, 13), dessen geisseltragender Pol zuweilen ein klein wenig
kegelartig zugespitzt ist (Fig. 9). E r ist typisch bläschenartig und hyalin, etwas stärke r glänzend als
das Zellplasma und führt ein genau central liegendes, ihm mathematisch ähnliches Morulit von meist beträchtlicher
Grösse, das hin und wieder so gross wird, dass nur. eine schmale Mantelschicht übrig bleibt.
Auch das Morulit h at den typischen Bau, ist sehr trübe, aber nur wenig raub und höckerig. Trotz mancher
Verschiedenheiten scheint es mir dem Gebilde zu entsprechen, das F . E . S c h u l z e bei M. aspera gernigt
*) (No. 14.) Rhizopodenstud. V.
4) (No. 20.) C a r te r . On fresh water rhizopodo of Engl, and Ind. Ann. Natur. hist. 1864.
war für den Kern zu halten, obgleich er in Erwägung zog, ob nicht „die den dunklen Körper umgebende,
gegen das Protoplasma zwar scharf, aber, wie es scheint, doch nicht durch eine Membran
abgesetzte helle Masse als Kerninhalt gedeutet werden“ könnte. Wenn ich einer Vermutung Raum geben
darf, so möchte, ich meinen, dass F . E. S c h u l z e wegen der dichten Erfüllung des Körpers die h i n t e r e
Begrenzung des Bläsehenkernes nicht gesehen hatte, 'wesshalb er zu einer anderen Vorstellung gedrängt
wurde, wozu noch kommt, dass das Bläschen bei M. aspera am Geisselpol so lang ausgezogen ist, dass
e s . die Körperoberfläche des Thieres gerade zu erreichen scheint, wodurch in der That eine Art von
N alir ungsv acuole vorgetäuscht wird, die dann auch au f die Flagellaten hin weisen würde. Anders ist
.[es.nun bei unserer M. Schulzei. Hier kann man wie ebenso bei anderen geisseltragenden Formen eine
deutliche Plasmasehicht zwischen Kern und Körperoberfläche konstatiren, die etwa so breit, wie der
schmale Durchmesser des Morulits ist und mit sehr geringen Schwankungen bei allen Bewegungen des
Thieres unveränderlich festgehalten wird. D e r Kern kann wohl, .wie wir noch sehen werden, seine Lage
ändern, aber niemals in die Tiefe des Plasmas rücken, auch dann nicht, wenn er keine Geissel trägt.
Dieser Umstand sei deswegen besonders betont, weil es erstens geisseltragende Amöben giebt,
deren Kern, in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Geissel, mehr central liegt und weil ferner
bei Dinamoeba mirabilis nach L e i d y 1) der Kern ebenso im I n n e r n liegen dürfte, wodurch ein bemerkenswerter
Unterschied gegen unsere M. Schulzei bedingt wird. Die meisten Exemplare nämlich, die
L e i d y wiedergiebt, lassen überhaupt keinen Kern erkennen, da sie mit Nahrungsbestandteilen zu sehr
vollgepfropft sind, in einigen dagegen (1. c. 2 Taf. V II Fig . 5, 7, 10) sieht man ihn in centraler Lage. Bei
der unserem Organismus so nahe stehenden M. aspera hingegen ist der Kern immer polständig.
Die Geissel hei der M. Schulzei entspringt dem vorderen Kernpole entweder unmittelbar (Fig.
4, 6 [etc.), oder s teh t, wie schon erwähnt, au f einer kleinen Spitze. Nach d e r Darstellung F.’ E.
S c h u l z e ’s ist bei M. aspera im Gegenteil immer eine lange Spitze vorhanden (1. c. 14, Fig. 1, 2, 3),
ein Verhältniss, das mir nicht -ohne Belang zu sein scheint.
Die Bewegungen, welche die Geissel ausführt, sind ganz so wie hei M. aspera oder den Euglenen.
Meist wurde sie wie tastend nach vorne'’gestreckt, und n u r das freie Ende vollführte lebhafte Schwingungen
nach A rt der Schraube, ohne dass hierdurch, wie überhaupt durch längere Schraubenlinien eine
entsprechende, Drehung des Tieres bewirkt wurde. Selbst bei kleineren Individuen und ' solchen ohne
Psendopodien, deren Reibungswiderstand ein erheblich geringerer sein musste, als bei langausgestreckten
Pseudopodien, fand keine Drehung statt, vermutlich, weil das Volumen des Körpers gegen die Länge
der Geissel ein viel überwiegenderes ist als z. B. bei d en . Euglenen.
Bewegt sich das Tier in mehr kriechender Weise zwischen allerlei Detritus etc. einher, so
scheint die Geissel mehr als Tastorgan denn als Bewegungsapparat zu dienen. Man kann dann oft
jed e Schwingung vermissen, abgesehen von einem mehr unregelmässigen, züngelnden Hin- und Herfahren
der Spitze, das ganz an ein Tasten erinnert. Auch bei M. aspera beobachtete F. E. S c h u lz e ,
wie „d ie Geissel in irgend einer Lage gleichsam wie ermüdet eine Zeit lang regungslos verharrte.
„Niemals aber“ , so fährt jen er Autor fo rt, „konnte ich eine Verkürzung oder g a r eine' Einziehung derselben,
ebensowenig eine Veränderung des Dickendurchmessers oder gar Körnchenströmungen und der-
9 1. c. No. 2, Taf. VI und VII.