a. Als Modelle dienende Formen der Käfer. ')
Vielleicht sind alle Angehörige der Ma l a c o d e rm a , von denen keine Form eine besonders aus-
gebildete Schutzfärbung besitzt, in mehr oder minder hohem Grade vor den Angriffen der Insectenfresser
sicher. So werden nach J. W e i r Arten unseres europäischen Telephorus von allen Vögeln verschmäht,
ve rg i. T a f.xm , Eine besonders in den Tropen verbreitete Familie der Malacodermen, die Lvciden, tragen Flügel- Fig. 103, 106, A ’ J 1 l i o
u. Taf. xiv, decken, welche dem Körper meist nur flach aufliegen, ohne ihn zu umschliessen, vier starke Längsrippen
Fig. ios. besitzen un(j sieb 0ft nach hinten erweitern. Die Fühlerglieder sind vom vierten Gliede an meist verbreitert
und schwach gesägt. Wahrscheinlich hatten alle Vertreter dieser Familie ursprünglich die gleiche Färbung,
ein helles, in der Mitte dunkler gefärbtes Halsschild und gelb- oder rothbraune Flügeldecken mit einem
basalen und einem apicalen dunkleren Querbande. Die Endformen der Entwickelungsreihe sind oft einfacher
gefärbt ; so tragen Arten 1 der australischen Gattung Metriorhynchus ganz schwarzbraune Flügeldecken,
und während einzelne Formen der specifisch neotropischen Gattung Calopteron einfarbig stahlblau sind,
besitzen andere keine oder geringer ausgebildete dunkle Bänder.
Die Lyciden finden sich nach L a c o r d a i r e (1. c. IV, p. 291) auf Blumen und im Holz und stellen
sich todt, wenn man sie berührt „en contractant leurs pattes et fléchissant leurs antennes“. Beim Kriechen
über Blätter heben und senken sie nach B e l t (1. c. p. 317) ihre Flügeldecken in charakteristischer Weise.
— Ihre Larven leben meist in faulenden Baumstämmen von animalischer Nahrung und einige von ihnen
(Homalisus [Europa], Lycostomus [Indien]) leuchten.2) Die Puppen hängen-sich nach B o u r g e o i s 8) frei
wie die der Coccinellen auf. Die Lebenszähigkeit der Käfer ist trotz ihrer zarten Körperbedeckung
ausserordentlich gross.
Un ter den Lampyriden *), deren Kopf oft unter dem breiten Thorax verborgen ist, sind es hauptsächlich
grössere neotropische, am Tage meist auf Blättern ruhende Formen, welche in geringerem
Maasse als die Lyciden als Modelle der Nachahmung dienen, so Aspidosoma Lap.
Diejenigen Melasomen, welche als Modelle der Nachahmung seitens der Vertreter anderer Käferfamilien
angesehen werden dürfen, „se plaisent à la lumière“ und sind gerade im Sonnenschein sehr beweglich.
Zahlreiche Arten unter ihnen leben auch an Schwämmen und hauchen nach L a c o r ci a i r e
(1. c. V, p. 10) „une odeur particulière d’une nature ammoniacale“ aus. Andere Arten besitzen dagegen
meist „une odeur fétide et qui persiste longtemps après qu’on les a touchées“. Die Lebenszähigkeit der
Melasomen ist oft ausserordentlich gross. Unter den epigäischen Gattungen erwähne ich hier die Tentyrien
v e r g i.T a f.xiv, Afrikas, „diurnes, courantes avec agilité à l’ardeur du soleil“, und die südamerikanischen flinken
Flg. 11'/. . . °
Nycteliiden, zu denen auch Gallynthra Sol. gehört.
Zahlreiche Curculioniden besitzen so stahlharte Flügeldecken, dass der weiche Schnabel eines
insectenfressenden Vogels ihnen nichts anhaben kann. Andere A rten , welche auf und von Blättern
leben, dürften durch ihre' bestimmte Nahrung unschmackhaft für ihre natürlichen Feinde geworden sein.
') In dei- Reihenfolge der Familien und der Angabe der biologischen Notizen schliesse ich mich an das classische
Hauptwerk von Th. L a c o r d a i r e , Genres des Coléoptères, an. .
*) Auch hier dürfte das Leuchten nur als Schreckmittel gegen Angriffe der Feinde dienen, wie bei den Geophilidem.
*) B o u rg e o is , Monogr. des Lycides (L’Abeille XX, 1882 pp).
4) Die Lampyriden wurden nach B e l t 1. c. p. 317 • stets von seinem Affen verschmäht und auch seine jungen
Hühner wollten sie nicht anriihren.
Manche der Hispiden („Stachelkäfer“) sind durch; einen widrigen Duft ausgezeichnet, der n a c h '* *™ * " ?
B a t es besonders bei einigen neotropischen formen a u ffä lltllD ie Larven sind phytophag, und so werden
auch wohl die Käfer durch bestimmte Pflanzennahrung immun.
Im Allgemeinen an Schwämmen lebend, kommen die Erotyliden nach L a c o r d a i r e (1. c.
p. 8) doch auch auf Blättern vor. „T öts les Erotyliens et surtout les grandes espèces exhalent tout a
fait le même odeur que les Diaperis, 1 ixs AlUmla, qui vivent également sur les bolets.“
Bei einigen Gattungen der Coccinelliden (Epilachna etc.)' sind die Larven phytophag; meist a b e r' "J]g“ J4XIT’
leben sie von animalischer K o st. Die Käfer sondern einen unangenehm duftenden Sa* aus. Auch wurde
nach P o u l t o n 1. c. unsere Coccinella septempmidata von Fröschen ohne jede Berührung verschmäht,
nach Miss C u n d e l l jedoch im Winter von (hungrigen) Laubfröschen gefressen.
jj. Mimetisch.e Anpassungsforinen der Käfer an Angehörige derselben
Ordnung.
In einem »bäitsreichen Aufsatz über die „Analogieen im Habitus zwischejiColeopterenspecies
verschiedener Gattungen“ h at 0 . TKi eme ' ) zahlreiche Beispiele von Formähnlichkeit zusammengestellt,
welche ich, nachdem die Sammlung des Herrn Autors von d e « « lo g i s c h e n Museum in Berlin erworben
war, auch dort habe nachprüfen können.. Ohne mich in eine Erörterung aller dieser manchmal etwas
gesuchten Analogieen (z4 B. P e lm ivm toifasciabum-ifiMdyoptira eximiaj einlassen zu wollen, werde ich
nur diejenigen erwähnen, welche mir als mimetische Anpassungen erscheinen, bemerke jedoch, dass ich
mich absichtlich in der Zahl der Beispiele beschränkt habe, da ich überzeugt bin, dass die Erfahrung der
Sammler und Systematiker uns gerade in dieser.so gut durchgearbeiteten • Insectenordnung noch reiches
biologisches Material bringen wird. ■*) •
Die in der That vorhandenen Analogieen in Form ; 'IScjilptur und Färbung, welche O. T h i em e
zwischen Laufkäfern (Carabiden) und Heterpmerén gleichen Fundortes, so zwischen dem algerischen
Carabus cydnocephalus Fairm. und der nächtlichen Morica Sol., zwischen dem cäliformschen Calosoma
w a h s i i Lee. und Elaeodes-Arten, zwischen Cal. atrmirens St. und Pasimachusmexicanus Gray erwähnt,
sind nicht so entschieden nnd bestimmt aüsgebildet, dass man sie nicht schon aus der blossen
Wirkung gleicher Existenzbedingungen herleiten dürfte.
Dagegen möchte i§ ? mit. T h i em e in dem ebenfalls z u den Laufkäfern gehörigen
f a l l a o i o s u s Chevr. eine Anpassungsfoim an Arten von Callyntkra, besonders C. multicosta Guér., sehen.
Denn die Sculpter des hinten stark verschmälerten Halsschildes? Und besonders-der Flügeldecken besitzt
bei beiden eine so auffallende Ä h n lic h k e it, dass der Artname des Laufkäfers darin seine unbedingte
Erklärung findet. Der Band der Flügeldecken is t abgesefat nnd radial gefaltet, und die Scheibe träg t je ,
drei scharfe Leisten. — Eine geringer ausgebildete 'Anpassung finden wir auch hei den capländischep
Polyhirmu-Arten an dortige Trachynotus-Formen, - Hach B a t e s erinnern die stark verschmälerten, metall-
farbénen, schlanken Agra-Arten Brasiliens duröl ihre langsamen, gemessenen, Bewegungen an die-harten,
gemeinen, den Büsslern nahé stehenden Brenthiden und leben ebenfalls au f Blattern;
’) Berliner entomol. Zeitschr. Band XXVIIi, Heft 1. I
*) Als einen solchen neueren hervorragenden Beitrag zur Lösung biologischer Fragen erwähne ich Go dm an
und S a lv in ’s „Biologia centrali-americana“, die allerdings noch nicht abgeschlossen ist.