vielleicht zu folgender morphologischen Auffassung von System III und IV von Scolopendra — und eventuell
auch von System I und I I derselben Form und System I von Lithobius und Henicops — : Die Endlappen
der verschiedenen Drüsensysteme sind speciell differenzirte Theile des Fettgewebes; die Ausführungsgänge
mit ihren Endröhren dagegen homodyname Bildungen von Tracheen, welche in erstere hineingewachsen
und theilweise mit ihnen verschmolzen sind, um aus ihnen die ihnen zusagenden Stoffe aufzunehmen. Die
Entwicklungsgeschichte wird diese Frage entscheiden. F ü r die einfache anatomische Beschreibung der
Drüsen ist sie gleichgültig.
Da die Endlappen kein Lumen besitzen, welches mit dem der Endröhren communicirt, so muss
eine andere Einrichtung vorhanden sein, welche die Entleerung der Secrete der Endlappen in die Endröhren
ermöglicht. Dass letztere mit ersteren wirklich in Verbindung stehen, wird dadurch bewiesen,
dass man in beiden dieselben Secrete in Form kleiner Tropfen (Taf. III, Fig. 11 und 12 se) an trifft; es
fragt sich nur, wie dies geschieht.
Betrachtet man Schnitte durch den Endlappencomplex von System III oder auch IV, so bemerkt
man, von anderen Elementen abgesehen, eine Menge feiner Röhrchen, welche sich sowohl in den Endlappen
ausbreiten als auch von diesen zu den Endröhren verlaufen. Bei sorgfältiger Untersuchung bemerkt
man, dass diese Röhrchen zweierlei Natur sind, denn während sich die einen als die äusserst feinen
Endverzweigungen von Tracheen entpuppen (Taf. III, Fig. 11 evtr und Fig. 12 tr), sieht man bisweilen,
wie andere der structurlosen, hellen Röhrchen aus einer häufig mit Secret angefüllten, spindelförmigen
Vacuole (Taf. III, Fig. 12 v) im Epithel der Endröhren ihren Ursprung nehmen und von da in die Endlappen
hineinverlaufen (Taf. III, Fig. 12 agel). Auf Querschnitten stellen sich diese Ausführungsröhren
als helle Kreise dar, in deren Centren man einen dunklen Fleck, das Secret, bemerkt (Taf. III,
Fig. 12 quag). Das Secret sammelt sich wahrscheinlich in den erwähnten Vacuolen an und gelangt aus
denselben durch Dehiscenz in das Lumen der Endröhren.
Was die Structur der Endlappen selbst betrifft, so gleichen dieselben auf Schnitten bei mässiger
Vergrösserung riesigen Zellen mit stark verästelten Zellkernen. Bei stärkerer Vergrösserung bemerkt
man jedoch, dass dieses Aussehen durch ein faseriges Balkenwerk hervorgerufen wird, welches die Endlappen
durchzieht (Taf. III, Fig. 12). In den Maschen dieses Balkenwerkes liegen die runden, ziemlich
kleinen Kerne.
Die einzelnen Endlappen sind durch Bindegewebe zu unregelmässig gestalteten Klumpen von
wechselnder Grösse vereinigt. Dieselben bilden den Hauptbestandtheil des ganzen Drüsencomplexes; man
findet jedoch ausserdem noch eine Menge anderer Elemente — von den Endröhren und Ausführungsgängen
abgesehen — in ihm vor. Dahin gehören zunächst die zahlreichen Tracheen, deren feine Ausläufer
wie wir bereits oben sahen — in die Drüsenlappen eindringen. Ausserdem sieht man sowohl auf
Totopräparaten wie auf Schnitten Nerven und Blutgefässe sich darin verzweigen. Letztere erkennt man
sehr leicht d aran , dass sich Blutkörperchen in ihnen vorfinden. An Totopräparaten habe ich Blutgefässe
von 0,045 mm gesehen, welche zahlreiche weit dünnere Nebenäste entsendeten.
Auch in den Spalträumen zwischen den einzelnen Lappen scheint Blut zu circuliren; wenigstens
bemerkte ich an einer Serie um einige Lappen herum eine grosse Ansammlung von Blutkörperchen, von
denen man auch einige innerhalb derselben bemerkte. Es ist wohl kein blosses zufälliges Zusammentreffen,
dass gerade diese Lappen reich an Granulationen waren.
Ein anderes constantes Element des Drüsencomplexes wird von verzweigten hellen Strängen von
zelliger Structur gebildet (Taf. III, Fig. 14 ibg). Bei stärkerer Vergrösserung sieht man in denselben
structurlose, scharf begrenzte Canäle verlaufen, welche bereits L e y d ig in seinem Lehrbuch der Histologie
abgebildet und für Endverzweigungen von Tracheen erklärt h at (Taf. III, Fig. 14 evtr). Die Stränge
selbst sind sehr häufig zu beobachten ; ich sah sie bisweilen von den stärkeren Tracheenstämmen zu dèh
Drüsenlappen verlaufen. L e y d ig und Andere (S c h iem e n z , E n g e l m a n n ) beschreiben ähnliche Stränge
und Netze bei Insecten. Ersterer erklärt sie für „Ausläufer jenes Balkenwerkes, welches im Leibesraum
der Insecten mannigfaltig zur Verknüpfung und Befestigung von Organen dient“. Ich kann nicht umhin,
L. darin vollkommen beizustimmen, dass die betreffenden Stränge nicht nervöser, sondern bindegewebiger
Natur sind, will jedoch hinzufügen, dass ich andere Stränge gesehen habe, deren nervöse Natur mir vollkommen
sicher ist. Die specielle F rage, „ob die Nervenfibrillen mit den Drüsenzellen in Continuität
treten“, habe ich ebenso wie viele andere histologische Details vollkommen unberücksichtigt gelassen, da
es mir in dieser Arbeit nicht um die Schlichtung histologischer Streitfragen, sondern um die allgemeine
Darstellung der Drüsen der Chilopoden zu thun ist.
Zu diesen im Vorhergehenden beschriebenen Elementen kommen noch lange gewundene Ketten
von cylindrischen Zellen, die wie Geldstücke in Geldrollen einreihig aneinander gefügt sind und besonders
im dorsalen Theil des Drüsencomplexes zu finden sind (Taf. II, Fig. 9 und Taf. III, Fig. 14 frzk). Es
machte mir den Eindruck, als ob aus diesen Strängen einerseits Fettzellen, andererseits aber auch Blutkörperchen
hervorgehen können.
Endlich sind noch die M a l p i g h i ’schen Gefässe zu erwähnen, deren Windungen man gleichfalls
mehr in den dorsalen Theilen der Drüsenmasse antrifft (Taf. II, Fig. 9 mg).
Alle diese Verhältnisse zeigen klar, dass sich in den beiden zu Seiten des Vorderdarmes gelegenen
Gewebecomplexen energische Stoffwechselvorgänge abspielen.
Zum Schlüsse sei noch erwähnt, dass System III und IV vollkommen gleich gebaut sind, und
dass also vorstehende Beschreibung auf beide anwendbar ist.
S y s t e m V.*)
Das fünfte und letzte Kopfdrüsenpaar mündet unter der ersten Rückenplatte nach aussen. Auf
Schnitten, wo die Ausmündungsstellen getroffen sind, sieht man noch die Basis der Giftklauen und die
Commissuren, welche das Unterschlundgauglion mit dem Ganglion des Kieferfusssegmentes verbinden
(Taf. I I I , Fig. 15). Von der Ausmündungsstelle steigt jeder der beiden Canäle, deren Durchmesser
0,0266 mm b e träg t, erst etwas nach oben, wendet sich dann unter rechtem Winkel nach innen, umgeht
dorsalwärts die Seitenrumpfmuskeln und läuft dann auf die mächtige Tracheenmasse zu, welche Darm
und Nervensystem seitlich umgiebt. Nachdem er durch letztere hindurchgedrungen is t, beginnt er an
seinen Seiten Drüsensäckchen zu entwickeln, welche sich besonders im zweiten beintragenden Segment
zwischen den Trancheenstämmen einer- und dem Darm und dem Nervensystem andererseits vorfinden
(Taf. I I , Fig. 9 drs sy V). Man bemerkt jedoch auch einige im Anfangstheil des dritten und im Ende
des ersten beintragenden Segmentes. An einem jungen Thier von Scolopendra cingulata wurden
*) Einen schematischen Ueberblick gewährt Taf. III, Fig. 16.