Merkmale n ich t mehr, und w ir müssen au f den feineren Bau etc. Rücksicht nehmen, um ü b erh au p t die
einzelnen A rte n auseinander h a lten zu können. Wollten w ir dann ab e r noch die Fortpflanzung und
Entwicklung festste llen , so würden w ir freilich jeden einzelnen Organismus seh r viel sch ärfer dia-
gnosticiren können, w ir würden dann jedoch, wenn die Zeitdauer unseres Aufenthaltes beschränkt ist,
die Gelegenheit verabsäumen, auch die übrigen Mitglieder jen er Thiergruppe kennen zu lernen und
w ir würden niemals zu einem f a u n i s t i s c h e n Ueberblick gelangen. Dies waren die Gesichtspunkte,
von denen ich ausging, als ich an die Aufgabe h e ra n tra t, die Protozoen Central-Argentiniens, speziell
d e r Umgegend von Córdoba zu b e a rb e iten ; und von diesem Gesichtspunkte aus wünschte ich die Res
u lta te meiner Untersuchungen b e tra ch te t zu sehen. Dass dieselben leider ausserordentlich lückenhaft
sind, is t mir bekannt, und namentlich Fortpflanzung und Entwicklung konnten g a r n ich t berücksichtigt
werden, da d e ra rtig e Themata in d e r Regel re ch t zeitraubend sind. Ebensowenig konnte ich eine A r t
d e r Untersuchung ausführen, von der ich mir viel versprach, nämlich die m i k r o c h e m i s c h e , da mir
schliesslich alle dazu erforderlichen Hilfsmittel fehlten. W a r es doch immerhin keine leichte Aufgabe,
wie dies im le tz ten J a h re meines Córdobeser Aufenthaltes d e r F a ll w a r, zu Revolutionszeiten, wenn
die Winchesterbüchsen der feindlichen P a rte ien k n a tte rten , am Microscop zu sitzen und Protozoen zu
skizziren. Demzufolge möchte ich auch n ich t irgend welchen Anspruch erheben, als wenn alle die
A r te n , die ich in Obigem aufgezählt und ch a ra k te ris irt h ab e , wirklich Species borne im Sinne der
S y stem a tik wären. Da jedoch die Sy stem a tik eines Theiles d e r Sarcodinen, nämlich d e r Amöben etc.,
ü b e rh au p t noch so im Arg en lie g t, so glaube ich einen b e s o n d e r e n V o rwu rf n ich t zu verdienen.
Auch kam es mir ja in e rs te r Linie d a rau f an, a l l e P r o t o z o e n , die ich sah, zu notiren, wo es ging,
zu klassificiren, und wo es n ich t g in g , zu skizziren und so g u t als es an g in g , zu beschreiben. Da
da ru n te r nun Formen waren, die s e l t e n a u ftra ten oder wenig deutliche Merkmale besassen, so konnte
nicht ausbleiben, dass manche d e r von mir aufgestellten A rten re c h t schlecht begründet is t und bei
einer Nachuntersuchung wieder eingezogen werden muss. Ich h ä tte auch am liebsten g a r n ich t von
A r t e n im eigentlichen Sinne, sondern n u r von F o rm e n gesprochen, wenn dies zulässig gewesen wäre.
Dann h ä tte ich einfach r e g i s t r ir t: Form Nr. 1, Nr. 2 etc., und h ä tte es Jedem überlassen, darau s zu
machen, was e r wollte. D e r W ir rw a r r w ä re d adurch aber wohl noch v erm eh rt worden, und schliesslich
wäre doch „Form N r. 1“ etc. eben so g u t ein N am e wie etwa Amoeba hércules. Endlich abe r meine
ich, dass wenigstens ein Teil d e r von m ir beobachteten „Formen“ wirklich genau genug ch a ra k te ris irt
is t, um eine g u t abgegrenzte Species zu ergeben. So denke ich, dass man gegen die Species Saccamoeba
renacuajo (S. 16 fg ., Taf. I , Fig. 7, 8) nichts erhebliches ein wenden w ird , und ebenso wenig gegen
Amoeba hércules (S. 24, Taf. I I I , Fig. 10 etc.), gegen Saccamoeba insectívora (S. 83, Taf. V III, Fig. 6—12),
fe rn e r Tricholimax hylae (S. 3 5 , Taf. I I I , 2—4 ), Mastigina chlamys (S. 42, Taf. IV , 3—7 ), Nuclearella
variabilis (S. 63, Taf. I, 1, 2, I I , 1, 2, 10, 11 etc.). W a re n doch diese Protozoen entweder so häufig,
dass sie wiederholt genau u n te rsu ch t werden k o n n te n , z. B. Nuclearella, oder bieten sie doch Eigenschaften
d ar, die sie sofort u n d ohne Mühe von ände rn unterscheiden lassen, z. B. Tricholimax, so dass
ich meine, diese A rte n als ebensogut begründet hinstellen zu können, wie etwa Dactylosphaerium
radiosum, Difflugia pyriformis, Euglypha alveolata % a.
Es mag auffallen, dass die Zahl d e r von mir in den Gewässern von Córdoba aufgefundenen
Rhizopoden eine erstaunlich grosse ist. Hierbei muss jedoch bedacht werden, dass ich solche Formen
m it h ie rh e r zog, die von anderen zu den Heliozoen oder Mastigophoren gerechnet werden,, z. B. Nuclearia
und Mastigamoeba. Davon abgesehen aber glaube ich mich freuen zu dürfen, die Protozoenfauna
von Córdoba so gründlich durch g ea rb eitet zu haben, dass mir n u r wenig Formen entgangen sein können
und dass ich glaube, den Anspruch erheben zu dürfen, eine hohe Vollständigkeit e rre ich t zu haben,
Dieses glückliche R e su lta t kann ich fe rn e r nich t in e rs te r Linie dem Umstand zuschreiben, dass ich
alle möglichen Wä sser durchforschte, auch solche, an die man kaum denken würde, z. B. Springbrunnenbecken,
sondern dass ich C u l t u r e n anste llte und gerade diese erg ab en , wie schon weiter oben ausg
efü h rt, eine- besonders reiche Ausbeute.
U n te r den von mir in Obigem beschriebenen amöbenartigen Organismen befanden sich einige,
so das Genus G rin g a , die einen Kern durchaus vermissen Hessen. D a sich- ein solcher ferner auch
n icht mit den bekannteren Mitteln* (Essigsäure, F ä rb b ark eit) nach weisen liess, so möchte ich diese
Formen v o r l ä u f i g als kernlos bezeichnen, d. h. so* lan g e , bis diese so überaus wichtige F ra g e ein-
fü r allemal sicher entschieden sein wird. Aus diesem Grunde mögen diese Formen auch von allen
übrigen ab g e tren n t und als Unterordnung Protamoebaea aufgeführt werden. Dieser re ih t sich sodann
die Unterordnung Amoebaea an (Amoebaea Ehrbg., Bütschli). Hier möchte ich nun ledigHch nach der
Form und Gestaltung der Pseudopodien verschiedene Familien aufstellen, die sich mit denen Bütschlis
nich t völlig decken. Nehmen w ir nämlich eine typische Amöbe, z. B. Amoeba proteus, so sehen wir, wie
h ie r die Pseudopodien an Dimensionen mächtig entwickelt sind und sog. B r u c h s ä c k e (Lobose) darstellen.
I h r äusseres Ende is t dabei abgerundet und mehr oder weniger eine K u g e l f l ä c h e , ih re Länge ferner
ü b e rtrifft zumeist die Breite. Die Anzahl solcher Pseudopodien kann endlich eine re la tiv bedeutende
werden, wie w ir es z. B. bei A . hercides, A . pellucida, A . actinophora u. a. antreffen. T re ten nun diese
Pseudopodien an Zahl zurück und werden sie b re ite r und gleichzeitig auch kürzer, so is t die Gestalt
des Ganzen eine gedrungene, sackartige, namentlich dann, wenn überh au p t keine eigentlichen Pseudopodien
gebildet werden, sondern sich n u r das Vorderende nach A r t eines Pseudopods v o rw ä rts schiebt.
F ü r diese Amöbengruppe möchte ich dahe r den Gattungsnamen Saccamoeba vorschlagen und als Typus-
die bekannte S. (Amoeba) verrucosa aufführen. Eine scharfe, fü r alle Formen ausreichende A bgrenzung gegen
das Genus Amoeba is t damit freilich n ich t geschaffen; aber ich meine, es kommt in den grossenFormenreichthum
d e r Amöben mehr K la rh e it und systematische Ordnung, wenn eine d e ra rtig e Scheidung v o rgenommen
wird. D e r Gattungsbegriff is t ja, wie bekannt, bei den Protozoen ausserordentlich schwierig
durchzuführen und au frech t zu e rh a lte n , und die Trennung resp. Vereinigung von Gattungen muss
dem T a k te und Gefühl jedes einzelnen überlassen bleiben. So is t ja auch die G a ttu n g Dactylosphaerium
m it guten G ründen und m it Glück aufgestellt worden, eine Gattung, die sich dadurch von Amoeba u n te rscheidet,
dass die Pseudopodien lang, fa s t geisselförmig werden. Das Gegenstück zu Dactylosphaerium
endKch bilden diejenigen Formen, welche mehr oder weniger i s o d i a m e t r i s c h sind und ähnlich wie
Saccamoeba keine oder ku rze und b re ite Pseudopodien entwickeln. H ie rfü r möchte ich dah e r ebenfalls
einen Genusnamen vorschlagen und zw a r: Guttulidium; als Ty p u s könnte dann das bekannte, im Uebrigen
wie es scheint, kosmopoHte, G. guttula Duj. gelten.
U n te r den amöbenartigen Rhizopoden nehmen die g e i s s e l t r a g e n d e n eine vöUig abgesonderte
SteHung ein. Mit F . E. S c h u l z e , d e r die e rste Mastigamoeba ausführHch beschrieb, habe ich diese
Gruppe den Rhizopoden und n ich t den Flag e lla ten resp. Mastigophoren an g e re ih t, gebe aber zu, dass
sie e b e n s o g u t bei diesen stehen können, denn genau genommen bilden sie eine Gruppe, die i n d e r
M i t t e s t e h t zwischen Rhizopoden und Flagellaten. Sie indessen zu einer besonderen Ordnung (Ordo
oder Subordo) zu erheben, möchte doch bedenklich sein, zumal die Anzahl der bekannten A rten bisher
eine noch geringe gebHeben ist. Die Gründe nun, wesshalb ich es vorziehe, die Mastigamoeben zu den
Rhizopoden zu stellen, sind folgende. Den k t man sich nämHch die Geissel f o r t , so is t der uns vorliegende
Organismus von einem ächten und typischen Rhizopod resp. Amöbe n i c h t z u u n t e r s c h e i d
e n . Die von mir beschriebene Limulina z. B. (Taf. I I I Fig. 9) gleicht ohne Geissel einer ächten und
unverkennbaren Amoeba; sie bildet dieselben Pseudopodien, nimmt au f demselben Wege dieselbe Nah