hat . Dafür spricht vor Allem die Entwickelung glasflügcliger Formen in der Gattung Ithomici und den
jüngeren Vertretern, d i e k e i n e n E n tw i c k e l u n g s f o r t s c h r i t t me h r g e s t a t t e t . Weiter lässt sich
dafür anführen, dass die Vertreter der jüngsten Gattung Napeogenes alle mimetisch, im Verhältniss zu ihren
Modellen sehr selten sind und zugleich in ihrer körperlichen Ausbildung offenbar hinter den älteren, z. B.
den Tithorea- und JfeZiwaea-Gruppen, zurückgeblieben sind. Weiter spricht dafür, dass die Tithoreä-Arten
nur mehr einen beschränkten Verbreitungsbezirk besitzen und selbst gewisse Mdincieen heute a n Or t e n
f e h l e n , an denen sie früher häufig genug waren, um als Modell für die Anpassung von Mechanitis-Avten
zu dienen.
Dieser Umstand scheint auch B a t e s davon abgehalten zu haben, in den Analogien der Arten von
Mechanitis und Melinaea eine Anpassung des einen an den anderen Gattungsvertreter zu sehen, da „the
species of the two genera do not coincide in any locaüty o f t h e A m a z o n a s . “ Nun führt B a t e s zwar
selbst 1. c. p. 549 aus Nicaragua, Ost-Peru und Bolivia und Neu-Granada je zwei einander analoge Vertreter
von Melinaea Mechanitis an, während die entsprechende Mechanitis-Axt in Neu-Granada, dem oberen
Amazonas und Para, die entsprechende Melinaeen-Axt dagegen in Pernambuco' und Bio. de Janeiro fehlt.
Wir dürfen diese Ausnahmen von der Regel wohl so erklären, falls auch neuere Beobachtungen sie bestätigen,
dass in Neu-Granada, dem oberen Amazonas und Para keine mimetische Mechanitis-Axt auftrat,
während in Pernambuco und Rio de Janeiro die Melinaea JEthra Godt. oder die Tithorea Pseudethra Btl.,
welche ursprünglich als Modell für die Anpassung der Mechanitis-Axt dienten, durch ungünstige Concurrenz-
verhältnisse ausstarb oder zur Auswanderung gezwungen wurde, als die entsprechende Mechanitis-Axt bereits
häufig geworden war.
Die Aenderungen in den Concurrenzverhältnissen der Neotropinen stehen nun anscheinend mit einer
gewaltig die Falterwelt Nordamerikas beeinflussenden posttertiären geologischen Erscheinung im Zusammenhang.
Mit der E i s z e i t , die ihre Gletscher bis zum 39° N.-Br. ausdehnte und auch Sierra Nevada und
Rocky Mountains vergletscherte, drang zugleich mit seinen Feinden ein starker Strom nordamerikanischer
Einwanderer in das sich allmählig erhebende neotropische Diluvialgebiet ein. Zu diesen Einwanderern
dürfen wir wohl die Danaer und die Heliconier, die Acraeen und diejenigen Nymphalinen zählen, deren
Raupen Passifloren fressen.
Wahrscheinlich war der Kampf um die Existenz in dieser „älteren Steinzeit“, in der sich wohl
auch die Vogelwelt schon reich entwickelt hatte, durch den zeitweisen Mangel an Nahrung für Beute und
Verfolger besonders stark.
So passten sich ihm auch diejenigen, ursprünglich wohl ihren indischen Verwandten ähnlich gefärbten
Danaer, aus denen sich später die rein neotropischen Gattungen Lycorea und Ituna herausbildeten,
derart an, dass sie gewisse bereits ihre .Träger vor den Angriffen wenigstens der einheimischen Feinde
schützende Trachten älterer Neotropinen annahmen, Lycorea die Melinaeen- und Ituna die Olyras- resp.
Methona-Txa.cb,t. \ Einen Beweis dafür sehe ich in der noch heute sich an die Veränderungen der Melinaeen
anschliessenden Variation der Lycorea-Arten bestimmter Gebiete des Amazonas. ’)
Unter den Heiiconiern, einer Unterfamilie der Acraeomorphen, welche nur aus den Gattungen
Heliconius L. und Eueides Hb. besteht, ist uns in Hel. Gharitonius L., der noch in den südlichen Vereinigten
Staaten vorkommenden Art, wohl ein Rest der ursprünglich auf dunklem Grunde mit zahlreichen gelbweissen
*) Später wurden die individuenreichen Lycoreen für die Zagreus-Gruppe der Rinnenfalter und manche Castnien selbst
zum Modell.
Binden geschmückten Stammformen der Gattungsrepräsentanten erhalten. Auf ähnliche Formen lassen sich
denn auch vorerst die mimetischen Arten der Afftis-Gruppe zurückführen, welche die Tracht der Bonplandn-
Gruppe Ton Tithorea tragen und meist den gebirgigen Gegenden des neotropisohen Gebietes angehören.
-®it dem weiteren Vordringen gegen die Aequätorialebenen bildeten sich dann die mimetischen Formen der
Sylvanus-Gru^e, aus , welche besonder* Anpassungen an den Irene- und Harmonia-Typus von Tithorea
darstellen und endlich entstanden;**!«!» an bestimmten Mämaem, welche noch heute meist häufiger sind
als die mimetischen Heliconier.
Diesen bereits zah lre ich au f Seite [ijp fe l* angeführten Anpassungen d e r, S y h m m -G m W e an
Mehmem seien hier noch die des Helicon. mmatus Cr., an Melinaea Mneme L., die des Helium Aurora
P a °W: ™ ■ ■ Zueifer Bates, die des Hel. Sglvanm Cr. an Melinaea Egina Cr. zugefügt.
Aehnlich dürfte der je tz t gemeine H e l Euerate L. ursprünglich eine Anpassungsform an Mechmitis Lgsimnia L
I f s te l le n , wie « s e l t e n e H e l Hryalm Hopffr. Efh ra Bates) eine solche an die häufige Meehamtie
Nesam Hb. und Hel. Eueoma var. eine„solche an Mech. Egmms Bates bildet.
Aehnlich Ithomia treffen wir nun auch unter den Helicmiem mehrere j ü n g e r e Artgruppen
mit auffallen||.:Contra8tirender Färbung, die so häufig sind, dass sie selteneren Arten der Heliconier-Gattung
Eueidesv wie Eapilioniden,, Pieriden und Symphaliden als Modell der Anpassung dienen konnten. Hierher
gehört besonders die brasilianische H js e iÄ -G ru p p e , die » S s p te -G ru p p e , die Melpomene- und die
J5mio-Gruppe.
Ausser diesen jungen Heiiconiern haben sich die Eueides-Axten noch Melinaeen, Golaenis M i a , l)
Acraea mteas etc. angepasst, so dass wir sie füglich a l s d e n j ü n g s t e n A u s l ä u f e r der „Heliconier“
im Sinne B a t e s anseh en dürfen. Als ausschliessliches Modell scheinen ihre Arten nicht zu- dienen.2)
Nachstehende Tabelle (Seite 124 und 125) wird diese complicirten Analogien zwischen der Tracht
der Neotropinen, Danainen, Acraeinen, Heliconier und gewissen Nymphalinen anschaulicher machen.
Noch complicirtere Verhältnisse deuten an, dass die Heliconius-Arten d e n Kamp f um di e
Co n c u r r e n z a u c h g e g e n d ie A r i s t o l o c h i e n f a l t e r s i e g r e i c h d u r c h g e f ü h r t h a b e n .
Dafür, dass letztere nicht mehr die Lebensenergie besitzen, deren sie sich unstreitig früher erfreuten,
scheint schon die Rückbildung der männlichen Dufteinrichtungen im Analfelde der Hinterflügel bei
den indischen und gewissen neotropischen ungeschwänzten Endformen, die zunehmende Seltenheit der
ersteren8) und die körperliche Verkümmerung der letzteren (Aeneas-Gtx.) zu sprechen.
*) Die als Modell für Eueides aliphera Godt dienende Colaenis Julia L. ist dadurch besonders interessant, dass sie
keine „Widrigkeitsfarben“ trägt, sondern eher an ihre Verwandten aus der rir^z/wn/s-Gruppe erinnert. Trotzdem ist sie nach
A. S e itz C. c. so häufig, dass sie „durch ihre ungeheure Individuenzahl der neotropischen Fauna ein ganz bestimmtes Gepräge
aufdrückt.“ Dies spricht besonders für meine Behauptung, dass die häufigen immunen Species als solche ihren Feinden bekannt
und von ihnen gemieden sind, auch wenn sie keine Ekelfarben tragen.
2) Vielleicht bildet die .auffallende Eu. Olympia F., der sich eine Phyciodes-Art angepasst hat, davon eine Ausnahme,
wenigstens., ist mir keine immune Form bekannt, die sich als Modell für die Eueides-k.it ansprechen liesse, doch könnte dieselbe
vielleicht unter tagfliegenden Heteroceren noch aufgefunden werden.
8) In Folge dieser zunehmenden Seltenheit der Modelle passten sich auch die Endformen der mimetischen Memnon-
Weibchen wieder den geschwänzten heute dominirenden älteren Äristolochienfaltern an, während die nach der Zeichnnng und
Flügelform ursprünglicheren sich an die Aristolochienfalter mit abgerundeten Hinterflügeln angelehnt hatten, welche heute
sehr selten sind.
Bibliotheca Zoologica. Heft VIII.** yj