Stylamoeba sessilis n. g. n. sp.
(No. 40.) Job. Frenzel. lieber einige merkwürdige Protozoen Argentiniens; Zeitschrift f. Wissenschaft]. Zoolog.
Bd. 53. S. 345. Taf. 17. Fig. 2.
Abbild. Taf. VII. Fig. 9. Vergr. = ca. 1500.
Bere its an an d e re r Stelle is t dieses eigenthümlichen Organismus gedacht worden (No. 40), so
dass h ie r n u r noch wenig d arüber zu sagen is t. Ich fand ihn in frisch geschöpftem Brunnenwasser
bei Untersuchung des Bodensatzes an Holzstückchen u. s. w. befestigt. E s waren mehrere Individuen
mit einander vergesellschaftet und in ihrem Habitus so übereinstimmend, dass es wohl nich t unbere
c h tig t ist, sie als eine eigene Form abzugrenzen, die das Eigenthümliche h a t, dass sie mit einem
stielförmigen K ö rp erth eil festgewacbsen ist.
Die Stylamoeba sessilis scheint eine b e s c h e i d e n e G -rö s s e n ich t zu überschreiten. Sie misst,,
wenn bloss d e r eigentliche, kompaktere Kö rp er in B e tra ch t kommt, n ich t viel mehr als ca. 10 ¡j. im
Durchmesser. D e r S tie l is t bald etwas länger, bald Jrärzer als dieser, während die Pseudopodien auch
bedeutend län g er werden können, etwa doppelt so lang als jen e r Durchmesser.
Würde man sich das Thierchen von seiner U n terlag e losgelöst denken, so h ä tte seine äussere
G e sta lt m it einem JDackflosplia&rium die meiste Aehnlichkeit. Wie bei diesem is t nämlich d e r eigentliche
Kö rp er isodiametrisch, kugelig bis oval und s tr a h lt dünne lang-fingerförmige Ausläufer aus. Der
Unterschied b esteh t jedoch darin, dass unsere Stylanioeba zwei bestimmt ch a ra k te risirte Pole erkennen
lä sst, den Stielpol und den Pseudopodienpol. D e r erste re , basal gelegene, is t spitzer, was sich schon
dahe r e rk lä rt, dass n u r ein Ausläufer von ihm ausgeht, nämlich der Fuss, während der obere b reitere
Pol erstens eine A r t von bruchsackförmiger Kuppe bildet, von welcher zweitens öfters einige, etwa
2 —3, lappenförmige F o rtsä tz e abge theilt sin d , die d ritten s je ein oder zwei fingerförmige Pseudopodien
tra g e n , wenn diese nicht dem Bruchsack u nmitte lb ar aufsitzen. In erste rem Falle, is t das
lappenförmige Pseudopod als ein Pseudopodienstiel zu bezeichnen. D er in seinem eigentlichen Verlaufe
ziemlich cylindrische Fussstiel hingegen is t nich t so sch a rf wie eins jen er ihm sonst ähnlichen Pseudopodien
abgesetzt, sondern g eh t mehr oder weniger allmählich in den Amöbenkörper über, so dass das
Ganze die G e sta lt einer Vorticelle nachahmt.
D e r Fuss, d e r eigenthiimlichste A p p a ra t d e r Stylamoeba, is t erheblicher Ko n trak tio n en fähig
und k an n bald sich s ta rk zusammenziehen, wobei e r v erdickt wird, bald sich dünn fadenförmig ausdehnen,
Bewegungen, die jedoch bei weitem n ich t m it d e r den VorticeTlen eigenen Ene rgie ausgeführt
werden. Sie sind vielmehr n u r wenig leb h after als die d e r eigentlichen Pseudopodien, die ähnlich wie
es bei Dactylosphaerium (s.- d. „e rste H ä lfte “ S. 33) geschieht, „behaglich“ hin- und herpendeln. Man
möchte auch glauben, eine winzig kleine Hydra vor sich zu haben.
U n te r dem Mikroskop blieben verschiedene Individuen d e r St. sessilis längere Z e it au f ih re r
Unterlage angeheftet sitzen. Andere wieder lösten sich nach einiger Ze it los und trieb en „planlos“
umher, vermuthlich, weil ihnen die je tz t gebotenen Bedingungen n ich t sonderlich zusagten. Ganz eingezogen
wurde der F u ss hierbei nicht, wenn auch nicht zu leugnen is t, dass e r sich s ta rk k o n tra h irte .
Aeusserlich is t die St. sessilis g la tt und sch a rf umschrieben, ohne eine membranöse Hautschicht
s ich tb ar werden zu lassen. W ä re eine solche v o rhanden, so müsste sie entweder die Ausbildung
feinerer Pseudopodien verhindern oder sich an diesen fein ausziehen, so dass in der Begrenzung
zwischen dem eigentlichen Körper und den Pseudopodien ein Unterschied bemerkbar werden würde,
was indessen tha tsächlich nich t d e r F a ll ist.
D e r protoplasmatische In h a lt unserer Amöbe lä ss t sich re ch t g u t in zwei verschiedene Schichten
sondern, von welchen die entoplasmatische erheblich überwiegt. Sie erfü llt nich t n u r den centralen
Raum des Körpers, sondern begrenzt diesen auch im grösseren u n te ren The il nach aussen hin und
b ehe rrscht ebenso vollständig den Fuss, so dass bloss die eigentlichen Pseudopodien einschliesslich der
bruchsackartigen Vorstülpungen u. s. w. helles, k la reres Ectoplasma führen, das sich gegen das Ento-
plasma mitte ls einer ziemlich scharfen Linie absetzt, welche wie eine kugelige Kuppe in das erste re
hine inragt. Es b esteht somit ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Fu ss und jenen Pseudopodien,
so dass e rs te re r ü b erh au p t n ich t in die Kategorie der le tz te ren zu stellen ist, wie man wohl meinen
sollte. Die von ihm ausgeführten Bewegungen sind auch nich t dieselben wie die der Pseudopodien,
welche nach A r t von Tentakeln hin- und herpendeln und schlängeln, sich weit ausstrecken und wieder
einziehen, wobei ih re Dicke nich t erheblich wächst. Anders is t es mit dem Fuss, dessen Bewegungs-
fäh ig k e it schon durch den Umstand des Festsitzens erheblich beschränkt wird, so dass e r sich zwar
etwas hin- und herbiegen, hauptsächlich aber n u r strecken und k o n trah iren kann, bei welch’ le tz te re r
Th ä tig k e it e r sich s ta rk verdickt, was ja hinsichtlich der Pseudopodien nicht geschieht. Es müsste
demnach so scheinen, als wenn das Entoplasma nicht denselben Grad der Beweglichkeit wie das Ectoplasma
b esitz t und . als wenn es zähflüssiger als dieses wäre, ein Schluss, der mit den gewöhnlichen
Ansichten freilich in einem gewissen Widerspruch steht.
Das Ectoplasma is t trü b e glänzend h y a lin , aber fre i von sichtbaren Körnchen. Das Entoplasma
hingegen is t sehr reich an solchen und b esitzt namentlich viel gelbglänzende Krümelchen, die sich
auch im Fusse finden-. Dann s ieh t man noch einige fe tta r tig glänzende, farblose Kügelchen und
k le in e , nicht näher zu bestimmende Fremdkörperchen. Der In h a lt is t so k om p a k t, dass man am
lebenden Thier kaum etwas vom Kern gewahr wird. Bei Zusatz von Essigsäure t r i t t er indessen als
kompaktes Körperchen hervor, ohne dass sich bestimmt sehen lässt, ob e r noch von einer bläschenartig
en Aussenschicht umgeben sei. K o n trak tile und andere Vacuolen endlich fehlen.
Die Stylamoeba is t deswegen-nicht ohne Interesse, als sie ein f e s t s i t z e n d e s Rhizopod d a rs
te llt, wie ein solches sonst kaum noch bekannt ist. *) Sie is t physiologisch etwa einer Äcinete gleichzustellen,
deren Tentakel h ie r durch die Pseudopodien rep rä s en tie rt werden, denen ja eine höhere Beweglichkeit
eigen is t, als bei den meisten anderen Amöben, da diese doch im Stande sind, sich ihre
Beute selbst aufzusuchen.
Tam p y rin a b u e tsc lilii n. g. n. sp.
Abbild. Taf. 9. Fig. 2. Vergr. = ca. 1000.
Nachdem Gienkowsky **) 1865 das Genus Vampyrella aufgestellt h atte , sind noch eine Anzahl
von Formen gefunden worden, die man zu demselben Genus stellte. I h r Hauptmerkmahl dürfte wohl
.d a rin bestehen, dass, wie Biitschli sagt, das Entoplasma vom Ectoplasma „mehr oder weniger deutlich“
geschieden ist. F ü r Vampyrella im besonderen wurde von demselben A u to r festgesetzt (Protozoa I S. 320),
dass „die Pseudopodien sehr fein strah len a rtig , mehr oder weniger von d e r gesammten Oberfläche entspringend,
selten v e rä s te lt“ seien. — Mir scheint, dass es g u t ist, wenn man an dieser Definition festhält.
*) Die Stellung des Actin öloplius pedunculus F. E. Sch., der auch gestielt ist, ist vielleicht wohl etwas zweifelhaft;
sicher ist es kein echtes Rhizopod, sondern eher eine Helioatnoeba, wenn es nicht in der That eine Heliozoe bleibt.
**) (No. 21.) Cienkowsky. Beitr. z. Kenntn. d. Monaden. Arch. f. Mikr. Anatom. I. 1865.