Die neotropischen Arten von Acraea F. bilden nagh D o u b f e d a y die sehr berechtigte Untergattung
Actinote und sind wie die südamerikanischen Danainen durch die in einzelnen Fällen ausserordentlich
weit vorgeschrittene Verkümmerung der Vorderfüsse der Männchen ausgezeichnet,
vergi. Taf. xii, j n letzterer Hinsicht steht nach S c h a t z , 1. c. p. 103, die Thalia-Gruppe noch dem Stamme
Fig. 93. . . . . . . . .
und damit den afrikanischen und indischen Arten näher, indem Tibia und Tarsus zusammen noch fast die
Länge des Schenkels erreichen. Dasselbe gilt für die Zeichnung, die ebenfalls noch an afrikanische
Formen (Varietäten von Euryta L.) erinnert. Auf den Vorderflügeln liegt am Zellende ein breites, gegen
den Innenwinkel sich mit dem abgekürzten Submarginalbande vereinigendes Terminalband; weiter findet
sich ein mittleres Zellband und ist die Spitze breit verdunkelt. Die Hinterflügel tragen einen breiten
Rand, eine schwache Verdunkelung um die Zelle als den Rest eines Terminalbandes und starke Inter-
costalstreifen, die bis fast zur Zelle reichen. Auch die Leibesfarbe zeigt das Lehmgelb der Seitenbinden
wie bei den afrikanischen Arten. Während auch die breite Subapicalbinde noch gelblich is t, tragen die
basale Aufhellung der Vorderflügel und die ganze Scheibe der Hinterflügel eine rostrothe F ärbung, die
wie die Ausdehnung und Färbung der Vorderflügelbinden stark variirt. Hierher gehört Thalia L. und
Anteas Dbld. (Brasilien).
Den abgeleiteteren Typus stellt die Callianira-Gruppe dar, bei der Schiene und .Tarsus der männlichen
Vorderfüsse zusammen kürzer als der Schenkel sind. Zugleich bildet sich eine Vertiefung der
hellen Grundfarbe zu einer dunkelrothen Färbung aus. Trägt A . Nicylla Hopffr. (Peru) noch eine breite
rothbraune Hinterflügelbinde, so treten durch fortgesetzte Zunahme, der Deckfarbe auf den Hinterflügeln
die hellen Binden ganz zurück und nehmen erstere eine einfarbig blaue Färbung an (Gallianira Hb.).
Hierher gehört noch Amida Hew. (Peru), Laverna Dbld. (Venezuela), Trinacria Feld. (Bogota).
Bei A . Nox Bates <? (Bolivia) wird endlich die ganze Oberseite tie f stahlblau, während das
Weibchen (Leucomelas Bates) noch eine weissliche Vorderflügelbinde auf der Oberseite besitzt. Endlich
tritt bei manchen dieser dunklen Formen eine leuchtend rothe Hinterleibsfarbe auf, so bei Nelea Latr.
(Bolivia).
Nach A. S e i t z 1) sind die Acraeen „sehr gut beschützt“. Bei ihrer ungeheueren Menge und
Unbeholfenheit wären sie „eine wahre Mast für die insectenfressenden Vögel, an denen in den Tropen
ein grösser Ueberfluss is t“. Auch sah S e i t z nie einen Vogel eine Acraea verfolgen und fand nie
einzelne Flügel derselben am Boden, doch vermochte er an ihnen weder einen besonderen Geruch noch
eine Absonderung festzustellen.
Nach W. Mü l l e r lebt die Raupe besonders an Mikania (Adenostyleen), einer durch widrigen
Duft der Blätter ausgezeichneten Composite.
Unterfamilie der Heliconinen.
Wie bei den Acraeinen ist auch bei den Heliconinen der zweite Dorsalast der Vorderflügel,
welcher bei den Danaomorphen zwar mit dem Stamme verwachsen, aber, wie C. F e l d e r nachwies, con-
stant erhalten ist, im vollkommenen Flügel ausgefallen. Somit unterscheiden sie sich von den Acraeinen
’) A. S e itz , Lepidopterol. Studien im Auslande (Zool. Jahrb., Abth. f. Systematik etc.), Bd. IV, p. 778—779.
nur durch feinere Unterschiede in der Palpenform und durch den nach innen statt nach aussen gerichteten
Subcostalast der hinteren und den ausgebildeteren Cubitalsporn der Vorderflügel. Auch die Form der
Raupe und Puppe stimmt mit derjenigen der Acraeen überein. Die beiden Gattungen Heliconius und
Eueides scheinen als selbstständige Ausläufer eines Stammes entstanden zu sein, von denen Eueides Hb.
durch das deutlich keulenförmige Fühlerende mehr an Acraea erinnert. Dagegen können wir die Zeichnung
der Eueides-Arten nur im Anschluss an die Besprechung der ca. 120 Arten von Heliconius behandeln,
welche E. S c h a t z , (1. e. p. 106) in mehrere Gruppen zerlegte, die durch ihren Habitus bestimmt
wurden.
Zur. Sylvanus-Grnppe von Heliconius zählt er Formen von braunrother Grundfarbe mit schwarzer,
schwefelgelbe Tüpfel tragender Flügelspitze, welche an die *Melinaea- oder Mechanitis-Form“ erinnern.
Diesen schliesst er als weitere „Nachahmer1* den centralamerikanischen Vertreter der Irene-Tracht und
die columbischen des Eonplandii - Habitus an , also Arten, welche Formen von Tithorea gleichen. Die
ALwii'oc&ws-Gruppe umfasst die Arten mit einfach schwarzer Grundfärbung und zwei weissen Schrägbinden
über die Vorderflügel. Hierher rechnet er auch den H. Gharitonius L. und schliesst dieFormen mit
weisser oder gelber Randbinde der Hinterflügel (Gydno Dbld. etc.) an.* Formen wie H. Clysonymus Latr.
lässt er den Uebergang zur Uraio-Gruppe bilden, deren Hinterflügel strahlenförmig meist roth gezeichnet
sind. Von Thelxiope Hb. endlich findet er ebenfalls wie Ba t e s den Uebergang zur Melpomene-Gruvpe
mit rother Vorderflügelbinde, der er die Phyllis-Gruppe mit feuriggelber Hinterflügelbinde anfüot.
Da wir durch B a t e s zahlreiche Uebergänge zwischen zwei anscheinend so strenge geschiedenen
Arten wie Thelxiope und Melpomene ken n en , wird eine morphologische Untersuchung der Zeichnung
wieder durch das auch bei den Papilioniden nachgewiesene Princip der Umbildung z a h l r e i c h e r
Z e i c h n u n g s - in einzelne oft c o n t r a s t i r e n d e F ä r b u n g s e l em e n t e bedingt.
Die einfachsten Z e i c h n u n g s f o rme n nun treffen wir bei H. Gharitonius F. und H. Peruvianus
Feld. Es sind dies zugleich Arten, welche dem Norden der neotropischen Region angehören, auf beiden
Seiten der Flügel fast gleich gezeichnet und nicht als mimetisch anzusehen sind, weil keine ihnen ähnlichen
Modelle Vorkommen. Während bei H. Peruvianus Feld, nur die Mittelbinde gelb und die übrigen
Binden noch weiss sind, haben bei H. Gharitonius F. alle die gelbe Farbe angenommen. Bei beiden Arten
tragen die Vorderflügel drei bis .zum Aussenrande verlaufende Binden, eine apicale, eine Aussenzell- und
eine längs des Cubitalstammes verlaufende Basalbinde. Aehnlich tragen auch die Hinterflügel eine
Vorderrands-, eine über das Zellende laufende breite M i t t e ^ eine in Doppeltüpfel zerfallende Marginal-
und eine Postmarginalbinde. Jederseits der Mittelbinde liegen am Innenrande noch einzelne rothe Reste
weiterer Binden, wie sie dort bei Nympbalinen häufig sind.
Von H. Peruvianus ähnlichen Formen ist auch die Tholxiopo-Gruppe abzuleiten, bei welcher auf den
Vorderflügeln wie bei H. Hahneli Stdgr. eine abgekürzte Zell- und eine Aussenzellbinde, auf den Hinter-
•flügeln noch die Mittelbinde und das Submarginalband erhalten sin d , während die Marginalmonde sich
zu rothen, gegen die Zelle gerichteten Pfeilstrichen verlängert haben, wie der Vergleich mit H. Cassandra
Feld, zeigt.
Aus ähnlichen Formen ging endlich durch Erlöschen des Submarginalbandes die Erato-Gruppe
hervor, deren häufigste Art, H. Doris L., auf den Vorderflügeln zwei gelbe Querbindenreste und auf der
Oberseite der Hinterflügel eine ursprünglich rothe, dann grüne oder blaue, gegen den Rand ausstrahlende