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welche dieser Sohildernng zu Grunde liegen, richtig sind; indessen möchte ich hier au f einige P unkte
aufmerksam machen, welche mir nicht genügend aufgeklärt zu sein scheinen und deren Richtigstellung
vielleicht zu einer etwas abweichenden Deutung der beobachteten Erscheinungen geführt haben würde.
Wenn gezeigt wird, dass die Genitalöffnungen bei der Häutung durch die neugebildete cnticula
verschlossen werden, so ist damit noch nicht bewiesen, dass die Ovidukte nun in Wirklichkeit blind
endigen. Wäre dies d e r Fall, so müsste gleichzeitig eine Verwachsung d e r hypodermalen Ränder der
Genitalöffnungen eingetreten sein. Dass dies geschieht, wird von S c h ö b l und F r i e d r i c h nicht erwähnt;
und dass es zum mindesten nicht vollständig geschehen sein kann, beweist das Vorhandensein des
Chitingriffels, welcher in die Höhlung des Ovidukts hineinragt. Es könnte sich also sehr wohl im
Umkreis der Basis dieses Chitingriffels eine Ausführungsöffnung erhalten haben, welche zwar nicht nach
aussen, sondern in den Raum zwischen cuticula und matrix des betreffenden Segments münden würde.
Wir werden später sehen, dass bei Sphaeroma eine solche Einrichtung zu gewissen Zeiten in der
T ha t besteht.
Die Eier sollen weiterhin das Gewebe des Ovidukts durchbrochen, um in die Leibeshöhle zu
gelangen und aus dieser direkt in den Brutraum übertreten. Wenn eine solche Durchbrechung des
Gewebes an und für sich nicht gerade als unwahrscheinlich bezeichnet werden kan n |3 |o inuss es entschieden
die Art, wie die Eier nunmehr in den Brutraum befördert werden. Soll dies m d e r geschilderten Weise
geschehen, so kann sich der erwähnte Querspalt zwischen dem fünften und sechsten Segment nicht auf
die cnticula allein beschränken, es muss an derselben Stelle auch eine Lücke im Gewebe der Hypodermis
angenommen werden. Es würde also hier ein offener Communikationsweg zwischen der Leibeshöhle und
der Bruthöhle vorhanden sein, durch welchen d e r Blutstrom ungehindert aus der einen in die andere
hinüberfluten könnte. Wie v erträgt sich dies mit der Oekonomie des Organismus ? Man wird vielleicht
einwenden, das austretende Blut sei nicht verloren, es ginge lediglich in den geschlossenen Brutraum
Über und könnte hier zur Ernährung der Brut Verwendung finden. Dass in gewissem Grade e in ü e b e r-
gang mütterlichen Blutes in den Brutraum stattfindet, halte ich selbst für sehr wahrscheinlich! ¡und ich
werde im dritten Theil dieser Abhandlung genauer darauf zu sprechen kommen; ich glaube aber nicht,
dass es in dieser plumpen Weise geschehen kann. Welche tiefgreifende Veränderung müsste dadurch
in d e r ganzen Circulation hervorgebracht werden; «Und wie kann man sieh den Zu- und Rückfluss des
Blutes durch eine und dieselbe Oeffnung vorstellen? Wie soll man sieh schliesslich das Vorhandensein
besonderer Organe zur Ernährung der Brut, der Ootyledönen, grade bei den Onisdden erklären, wenn
ein direktes Uebertreten des'mütterlichen Blutes in die Bruthöhle durch eine so einfache Vorrichtung
bereits ermöglicht ist? An einen Verschluss des Spaltes während d e r Embryonalentwicklung kann ebenfalls
nicht gedacht werden, da derselbe nach den Angaben der genannten Forscher zur Ablage eines
zweiten Satzes von Eiern späterhin Verwendung findet.
W ir kommen also au f . keine Weise über die Folgerungen hinweg, welche sich aus der Annahme
einer freien Oeffnung der Leibeshöhle mit Nothwendigkeit ergeben. Gelangen aber die E ier wirklich in
die Leibeshöhle selbst? Weder von S c h ö b l noch von F r i e d r i c h ist ein strikter Beweis für diese
Behauptung gegeben worden. Falls, wie ich glaube, eine innere Mündung der Ovidukte m der That
fortbesteht, so könnten die Eier durch diese in die Lücke zwischen cuticula und matrix gelangen und
von hier aus durch den Spalt der Chitinhaut in den Brutraum hinübergleiten, ohne dass eine offene
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•Communikation des letzten mit der Leibeshöhle angenommen werden dürfte. Ich glaube, dass sich eine
solche Deutung des Vorganges mit den thatsächlichen Beobachtungen von S c h ö b l sehr wohl in Einklang
bringen lässt; indessen werden erneute Untersuchungen zur völligen Aufklärung dieser Verhältnisse
nothwendig sein.
Wie verhält sich nun die Sache in anderen Isopodenfamilien ?
Neuerdings hat R o s e n s t a d t 1) die Fortpflanzung des Asellus aquaticus untersucht und die
Mitteilung gemacht, dass er hier ähnliche Vorgänge, insbesondere ein Verschwinden der Genitalöffnungen
vor der Eiablage ebenfalls constatiert habe. Auf Grund meiner eigenen Untersuchungen kann ich diese
Angaben nicht als zutreffend bezeichnen. Ehe ich indessen zur Beschreibung dieser Verhältnisse übergehe,
will ich zunächst einige Bemerkungen über die Struktur der weiblichen Geschlechtsgänge,
welche hier in erster Linie in Frage kommen, vorausschicken.
Fig. 6 veranschaulicht an einem Querschnitt durch das fünfte Brustsegment eines Weibchens
’d ie Lage Und Gestalt der fertig ausgebildeten Ovidukte. Auf die Einzelheiten der Gesammtorganisation,
soweit sie sich au f dem Schnitt darbieten, sei hier in Kürze hingewiesen.
Das Darmrohr, welches in der Mittellinie des Körpers verläuft und im Querschnitt kreisförmig
erscheint, lässt das für die Isopoden charakteristische grosszellige, platte Epithel erkennen. Dasselbe
wird auf seiner Innenfläche durch eine zarte structurlose Intima, äusserlich durch eine dünne Muskel-
.schicht bekleidet. Unterhalb des Darmes gruppiren sich die vier Leberschläuche, deren Epithel durch
mächtige, halbkugelförmig in die innere Höhlung vorspringende Zellen gebildet wird. Eine innere
Chitinlamelle analog der Intima des Darmes habe ich hier nicht bemerken können. Der Darm sowohl,
^wie die Leberschläuche sind äusserlich von einer zarten Bindegewebslage ausgekleidet, welche als eine
Fortsetzung des allgemeinen Peritonealepithels betrachtet werden muss.
Die Wandung des im Querschnitt ebenfalls kreisförmigen Herzschlauches setzt sich aus zwei
Schichten zusammen, von denen die äussere anscheinend structurlos ist, während die innere unregelmässig
vertheilte Kerne erkennen lässt. Zarte Fäden befestigen das Herz an der bindegewebigen Wandung
de& geräumigen Pericardiums. Zu beiden Seiten des Pericardialraumes fallen die von Z e n k e r zuerst
beschriebenen, in ihrer Funktion noch unbekannten Drüsen (dr) ins Auge, deren Höhlung mit einem dunkeln
•Secret angefüllt ist.
Das Muskelsystem ist vorwiegend durch die mächtigen Muskeln charakterisirt, welche vom
Rücken nach den Ansatzstellen der Extremitäten hinziehen. Ausserdem finden sich mehrere kräftige
Längsmuskelzüge (1 m), welche theils am Rücken oberhalb des Herzens, theils an der Bauchwand zu
beiden Seiten der Ganglienkette (n) ihren Verlauf nehmen.
Die Ovarien (ov) sind oberhalb des Darmes gelegen; an der äusseren Seite derselben entspringen
die Ovidukte (od), welche im schwachen Bogen ventralwärts verlaufend etwas vor der Ansatzstelle des
fünften Beinpaares nach aussen münden. Die Wandung derselben setzt sich, wie ein Blick au f die
stärker vergrösserte Abbildung Fig. IX lehrt, aus vier Schichten zusammen.
Das eigentliche Epithel des Ovidukts (e) erweist sich entsprechend seiner Entstehung (siehe p 8)
als directe Fortsetzung der Hypodermis und ist durch hohe cylinderförmige Zellen mit grossen länglich
1). R o s e n s t a d t . B e i t r ä g e z u r K e n n t n i s s d e r O r g a n i s a t i o n v o n Asellus aquaticus u n d v e rw a n d t e r Isopoden. B i o L
« C e n t r . 8 . 1 8 8 8— 8 9 , p . 4 6 1 .
Blbllotheca zoologica. Heft X.