
Die Sonne ging eben unter, als wir bei dem
Gouvernementsposten' in der Saldanhabay ankamen.
Der Aufseher der Bay, unter dem Titel Posthalter,
bewohnt das nicht weit vom Strande aufgeführte
bequeme und wohlunterhaltene Gebäude.
Links von demselben erhebt sich ein vorspringender
Berg, auf dessen spitzer Kuppe ein Signalposten
angelegt ist. Zur Seite des Hauses ist eine
Quelle trinkbaren Wassers, deren sparsamen Ertrag
ein ausgemauerter und überdacheter Behälter
sichert. Der jetzige Posthalter, Namens S t o f f -
b e r g, ein allgemein geachteter, rechtschaffener
"^ann’ e*n Deutscher von Geburt und vormals Un-
terofficier bei der capischen Garnison, empfing uns
mit herzlicher Gastfreundlichkeit und bemühete sich
an den beiden Tagen unsers Aufenthalts, uns seine
Kenntnisse über das Local der Bay und über manche
sie betreffende, in den neuern Reisebeschrei-
bungen zur Sprache gebrachte Fragen in möglichster
Vollständigkeit mitzutheilen. Die Leser werden
sich gefallen lassen, einige Resultate meiner
Erfahrungen und Nachforschungen über diese interessante
Gegend hier mitgetheilt zu finden.
Die Saldanhabay hat von jeher das Schicksal
gehabt, verkehrt benannt, auf den Karten, selbst
den neuesten falsch dargestellt und mangelhaft ja
unrichtig beschrieben zu werden. Folgendes mag
dies Alles beweisen.
A n t o n i o de S a l d a n h a , Befehlshaber der
dritten Division einer portugiesischen Flotte, die
unter dem Oberbefehl des berühmten A l b u q u e r -
que , V a s c o de Gama s Entdeckungen fortzusetzen
und zu benutzen bestimmt war, landete,
wie uns Ba r ro s erzählt im Jahr i 5o3 m einer
Bay des südlichen Africa, die in der Folge nach
ihm Aguada de Saldanha genannt wurde. Diese
Bay war keine andere als — die heutige Tafelbay;
das beweisen alle Umstände, die von Ba r r o s genau
genug angegeben werden. Hundert Jahre lang
behielt sie den Namen des portugiesischen Seehelden
und die ersten Engländer benannten sie noch
also, bis im Jahre 1601 der Holländer J o r i s (G e o
rg ) S p i l b e r g e n ihr den jetzigen Namen: Tn-
fe lb a y ertheilte und (ich weifs nicht aus welchem
[Grunde oder Irrthume) die bisherige Benennung
d e r Bay zuschob, von welcher hier die Rede ist.
Wegen ihres Mangels an süfsem Wasser blieb diesh
fortwährend für die Schiffahrt unbenutzt und nur
Wallfischfänger und Robbenschläger pflegten sie
seit dem Anfänge des lyten Jahrhunderts zu be-
j suchen.
Erst im Anfänge des i8*en ward die Gegend
um sie her von den Holländern angebaut, und
: bald zeigte sie sich an einzelnen Stellen über alles
I Erwarten fruchtbar; besonders boten die Felder
i an ihrer Küste, stets von den Seediinsten getränkt,
i in der ärmeren Jahrszeit dem Vieh eine gesuude
: und reichliche Weide. Wie unvollkommen sie damals
bekannt war, mag man aus den alten Karten
•) J o am de B a r r o s dos fectos que os Portugueses fize-
K ram etc. Lisboa 1552. Dec. I, Livr. V I I, Cap. 4 - — Ausfiihr-
I licher. wird davon bei Gelegenheit der Entdeckungsgeschiclue
I des südlichen Africa die Rede sein.