
und Untergeben neue Dialecte entstehen und alte verschwinden,
die Sprache eines solchen Volks ist keine wahrhaft bestehende,
sie ändert sich stets, ohne sich fortzubilden, sie tlicilt
das Geschick derer, die sie reden. — Und eben auch daher ist
der Geist, den man in ihr suchen möchte, nicht leicht zu erkennen
und darzustellen, am wenigsten yon einem Reisenden,
der nur einen oder zwei jener Stämme kennen gelernt bat.
Die Sprache des Wilden ist überdies immer nur Mittel, sie
ist sich selbst nie zum Zweck, sie ist sich eines Geistes nie
bewufst geworden, kann daher auch einen solchen nicht ver-
rathen, wie es die Sprachen der hochgebildeten europäischen
Nationen vermögen.
W e r also die Sprache eines einzelnen Kaffernstammes auch
noch so vollständig ergründet, gelangt damit noch nicht zu
einer richtigen Beurtheilung ihres Wesens, bevor er nicht die
verwandten Dialecte möglichst genau kennen gelernt und Mittel
gefunden h a t, aus einer Vergleichung des fest Bestehenden
mit dem, was veränderlich in ihr ist, sich die Urform, das
gemeinsam Charakteristische aller Kaffernsprache darzustellen.
Da es nun aber schwer zu hoffen ist, dafs sobald Jemand zu
dieser umfassenden Kenntnifs gelangen werde, der zugleich
Kraft und Gelegenheit hätte, sich fätslich und kunstgerecht
darüber mitzutheilen, so möge in diesem Werke dem künftigen
glücklichem Forscher, den ähnliche Lust zur Untersuchung
der Kafferndialecte an Ort und Stelle führen möchte, m etwas
vorgearbeitet und durch das, was ich über zwei derselben beizubringen
im Stande b in, seine Mühe einigermaafsen erleichtert
werden.
Vorläufig habe ich bereits vor drei Jahren eine Zusammenstellung
der wichtigsten süd-africanischen Spracben im ersten
Bande des A r c h i v s f ü r E t h n o g r a p h i e u n d L in g
u i s t i k , v o n B e r t u c h u n d V a t e r , bekannt gemacht, und
mich dort ausführlich über die Schwierigkeit der Untersuchung
dieser Sprachen und über die Mittel, durch welche ich sie zu
überwinden suchte, erklärt. Es kam mir dort darauf an, Materialien
zu ihrer Vergleichung zu liefern und ihre gröfsere
oder geringere Verwandtschaft unter einander deutlich zu machen.
In diesem Werke sollen die Bemerkungen über die
Sprache eines jeden einzelnen Volkes auf die Beschreibung
seiner Sitten folgen und (das ist wenigstens mein Wunsch)
recht eigends dazu dienen, die Vorstellungen von dem Grade
seiner Cultur oder seiner Rohheit zu vervollständigen und zu
berichtigen. Zugleich werde ich hier immer den ganzen Vorrath
meiner Wörtersammlungen mittheilen, indessen ich dort
nur das Wichtigste zur Vergleichung heraushob.
Ich bezeiehnete oben (S. 3g4 ) die Kaffernsprache im Allgemeinen
als eine volltönende, weiche und wohlklingend*
Sprache, die ans einfachen, selten mehr als zweisilbigen W o r ten
gebildet ist. Durch die langsame, bedeutende Ausrede,
durch den Reichthum an einfachen, offenen Selbstlautern und
diè deutliche Betonung der vorletzten Silbe, bekommt die
Sprache ihren eigenthiimliclien Wohlklang. Sie lautet fast wie
Italienisch, es wird dem Europäer, von welcher Nation er
auch sei, nicht schwer, die Laute beim ersten Hören nachzu-
epreclien, und der Deutsche findet wenig Schwierigkeit, .sie
durch Niederschreiben mit den Schriftzeichen seiner Muttersprache,
für sein Gedächtnifs zu bewahren. Diese allgemeinen
Eigenthümlichkeiten gelten auch für den Dialect der Ko o s s a ,
der sich jedoch darin von allen übrigen unterscheidet, dafs in
ihm gewisse Schnalzlaute Vorkommen, die sonst der Kaffern-
spraclie fremd sind und nur durch den häufigen Verkehr der
K o o s s a mit den benachbarten Hottentottenstämmen, namentlich
mit den G o n a a q u a ’ s , in ihre Mundart übergingen.
Diese Schnalzlaute werden auf dieselbe Weise gebildet, wie in
der Spr ache der Hottentotten, indem der geringere Grad durch
ein schnelles Abziehen der Zunge von der hintern Seite der
obern Vorderzähne, der stärkere durch ein ähnliches Abziehen
der -Zunge von den obern Backenzähnen, der stärkste aber
durch eine Berührung des Zungenrückens mit dem Gaumen
hervorgebracht wird. Die Hauptschwierigkeit bei -der Nachahmung
dieser Laute bestellt darin, dafs zugleich mit ihnen
ein Buchstabe «usgesprochen werden mufs. Die stärkern Zungenschläge,
die man aufser diesen in der Hottentottensprache
noch antrifft, kommen bei den K o o s s a nicht vor; überhaupt
hört man sie selten und nur in den Worten, die aus der Gö-
naaquaspracke in die ihrige übertragen'worden sind. Ich b e