
Processe am Orte selbst noch einmal untersuche,
entstehende Mishelligkeiten vorbeugend schlichte,
und den Unterbehörden Kenntnifs ihrer Geschäfte
und Ansehn bei den Untergebenen verschaffe.
An dem Ort, an welchem wir uns eben aufhielten,
hatten sich denn auch eine Menge streitender
Partheien eingefunden, die dem General-
Commissär ihre gegenseitigen Beschwerden vorzutragen
wünschten. Ungeachtet er der Ruhe wohl
bedurfte,' horte er sie alle freundlich an und seiner
Sanftmuth und' Freundlichkeit gelang es, viele
der Entzweiten zu versöhnen. Andre mufsten sich
seinen richterlichen- Ausspruchcn ; unterwerfen und
Alle s e i n e zw a r väterlichen, aber ernsten und
kräftigen Lehren und Ermahnungen anhören: Auch
hiebei hatten wir Gelegenheit, uns abermals zu
wundern, dafs von so vielen Ungebildeten Menschen
keiner die äufsern Formen verletzte. Selbst
in der höchsten Erbitterung hörte man kein unanständiges
Wort*, niedre Schimpfreden sind diesen
Menschen ganz fremd, weil sie solche in ihrem
Leben nie hören. Es ist in der That zuweilen
spafshaft anzuhören, wie sie einander durch
Ausdrücke aufzubringen suchen, und solche hin
und wieder wirklich für Injurien nehmen, die in
den Ohren eines Europäers den harmlosesten Sinn
haben. So bewahrt sie die Armuth der Sprache
und die Unvollständigkeit der Begriffe vor den gegenseitigen
Verunglimpfungen, die "in gebildetem
Ländern die rohere Menschenclasse eigenthümlich
characterisirt.
So wie die Weiber der Colonisten überhaupt
durch eine glückliche körperliche Bildung und
durch eine gewisse religiöse Sanftheit den Fremden
interessiren, mit welcher nicht selten dennoch eine,
in ihrer ganzen Haltung sichtbare Entschlossenheit
und Bestimmtheit verbunden ist, die sie dem einsamen
Hirtenleben, dem Umgang mit einer, durch
wachsame Bewahrung der Autorität in Ordnung zu
haltenden Dienerschaft und den nahen Leibesgefahren,
denen ihre ganze Existenz sie täglich aussetzt
, verdanken; so zog auch die Hausfrau un-
sers Wirths durch diese Eigenschaften unsre ganze
Aufmerksamkeit auf sich. Sie war eine Frau von
vierzig Jahren, Mutter von fünfzehn Kindern und
stand dennoch in blühender Gesundheit mit sichtbaren
Spuren vormaliger grofser Schönheit vor
uns. Nur drei der Kinder waren gestorben, das
jüngste lag an der Brust. ' Als ich sie anderthalb
Jahre später auf meiner dritten Reise besuchte,
hatte sich die Zahl noch um eins vermehrt.
Unter den hier versammelten Colonisten befanden
sich auch beide Veldcornets nebst dem
Veldcommandanten *) des Districts, Namens Krüger.
Diese begleiteten uns nebst mehrern auf un-
serm heutigen Wege, der nunmehr von dem Thal
des kleinen Fischßusses wieder aufwärts ging und
ganz die todte Einförmigkeit wieder annahm, deren
*) In jedem District ist ein Veldcommandant, welcher den
Oberbefehl über die Commandos führt, welche zuweilen gegen
die Buschmänner oder gegen Räuberhorden von entlaufenen
Selaven und Hottentotten ausgeschickt werden. Er wird
gewöhnlich aus der Zahl der Veldcornets gewählt, hat aber
übrigens kein höheres richterliches Ansehn als seine Collegen.