
unbebauten Platz zu suchen. Während der schnell
zunehmenden Bevölkerung in den Jahren 1760
bis 1780 suchte ebenfalls mancher Colomstensohn
sich in diesen entfernten, der Viehzucht so besonders
günstigen Landstrichen einen eignen Heerd
zu gründen und das leichte Gelingen lockte Viele
zur Nachfolge. Die damalige Regierung fehlte
ohne Zweifel darin, dafs sie zu freigebig in der
Austheilnng dieser Ländereien und zu sorglos in
der Wahl der damit Begünstigten war. Das Zusammentreffen
so vieler ungebildeter Menschen in
einer so entlegenen Gegend, wo ein jeder ohne
den mindesten Zwang des Gesetzes in allen Handlungen
nur dem eignen Gelüste folgte, konnte
nicht anders als höchstnachtheilig auf ihren Cha-
racter wirken. Zu deii vielen bereits bestehenden
Fehlem brachten die eingewanderteh Europäer,
aus den niedrigsten Ständen der gröfsem Nationen,
noch manches Laster mit, das der Afrikaner
bis dahin nicht gekannt, oder vor welchem ihn
seine oft übertriebene Bigotterie bewahrt hatte.
Besonders artete die Streitsucht der Africaner,
deren Gegenstand gewöhnlich die Frage über die
Ausdehnung des eignen und des nachbarlichen
Grundgebiets betraf, hier in die traurigsten Fa-
milienspaltungen und die unwürdigster! gerichtlichen
Verfolgungen aus. Ohne die Wiederherstellung
einer strengem bürgerlichen Ordnung und
ohne die Einführung einer vermittelnden Autorität
in die Mitte dieser Grenzbewohner, mufsten
sie nothwendig mit jeder Gerieration einen bedeutenden
Schritt in ihrer Cultur rückwärts gehn und
endlich gahz auf die Stufe hinabsinken, auf welche
die Natur des Landes den wilden Urbewohner
gestellt hat. Die Gründung der Drostey Graajf-
Rfynett war daher eine ganz unerläfsliche Maafs-
regel, die, 10 bis so Jahre früher ergriffen, vielleicht
vollkommen wirksam gewesen sein würde *).
So aber hatte das Uebel schon zu tiefe Wurzeln
geschlageh und es kamen Umstände hinzu, die es
aufs Neue verschlimmerten. Zuförderst nemlich
waren die Handwerker, welche man als Bewohner
des neu ähzulegeriden Dorfs herbeirief, abermals
sämtlich EüröpäCr, indem kein freier Africaner
ein Handwerk als Gewerbe treibt, und unter
diesen Fremdlingen waren wenige, die dazu
geeignet gewesen wären, die UefHgen durch ihr
Beispiel zu bessern. Ferner War man höchstunglücklich
in der Wahl der ersten Magistratspersonen,
indem man theils schwäche Männer zu Landdrosten
ernannte, die aus Trägheit den zur Gewohnheit
gewordenen Vergehungen ferner nach-
sahen, oder hartherzige Eiferer, denen die Mäfsi-
gung gah2 fremd wär, welche so nothwendig mit
der Festigkeit und Rechtschaffenheit eines Richters
und RegCnten diesCr Gegenden vereinigt sein
inufste. Män erthcilte diesen Posten ah Leute,
die einmal seitie Versorgung haben mildsten,
die mäh. in der Gapstädt nicht anstellen konnte,
*} Mau dafrf aber nicht vergessen , dafs sie damals nicht
«rgriften werden konnte, weil dieser T h e il der Golonie noch
nicht bevölkert genug war, um die Unterhaltung und Besoldung
eines, wenn auch noch so kleinen, Regierungspersonals
tragen zu können.
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