
Wohnung einer gutmüthigen Colonistenfamilie zugebracht
hatte, kam ich gegen Mittag des folgenden
Tages an die Roodezandskloof. Überall begann
in den Niederungen das junge Gras schon
hervorzukommen, und viele Arten von Oxalis,
Hypoxis und Moraea standen am Wege schon
in Blüthe. Diese kleinen Zwiebelgewächse sind,
wie bei uns die Schneeglöckchen und Christwurz
die Erstlinge der Blumenzeit, die hier aber nicht
mit dem Frühling, sondern mit dem Anfänge des
Winters beginnt. Indessen bei eintretender Nässe
und Kälte die Eichen und andre hieher verpflanzte
europäische Bäume ihre Blätter abwerfen,
und einer zweimonatlichen Winterruhe ge-
niefsen, stehen die africanischen Gewächse grünend
und blühend da. Die dürre Jahrszeit ist eigentlich
ihr Winter, und die wenigen unter ihnen,
die Liberhaupt jemals die Blätter verlieren,
entlauben sich mehr oder weniger gegen das Ende
der heifsen Jahrszeit *)• Der Frühling beginnt
*) Es ist der eigentbümlicbe Character der Vegetation aller
wannen Länder, dai’s die einheimischen Bäume und Sträuche
zu keiner Zeit blätterlos dastehn; aber eben daher ist ihr Laub
trocken, starr, düster, bei vielen mit einem filzigen Überzüge
bedeckt, und das Auge wird zu keiner Jahrszeit durch den
Anblick des jungen frischen Grüns erfreut. Das südliche Afri-
ca, besonders die Capcolonie, vereinigt in Absicht der Vegetation
die Vorzüge mehrerer Climate. Man entbehrt hier nie
den, Anblick des belaubten Gebüsches, aber dennoch bieten in
der obengenannten Jahrszeit die wiederausschlagenden Mimosen,
Ly eien Und einheimischen Weidenarten durch ihr heiteres
Grün eine erfreuliche Erinnerung an den europäischen Frühling.
mit dem ersten Regen, zur Zeit der längeren Nächte.
Selbst die Vögel verändern um diese Zeit
ihr Gefieder, und sind schon im Julius und August
in ihren hochzeitlichen Schmuck gekleidet,
i In eben diesen Monaten schlagen auch die euro-
j päischen Bäume aus, und im September lebt und I grünt Alles. — In der Roodezandskloof standen I schon alle die höhern Sträuche, die das Ufer des
kleinen Bergriviers umschatten, in voller Blüthe, I b esonders Capraria lanceolata und undulata, Phy- I lica buxifolia, Cluytia alaternoides, polygonoi-
■ des und tomentosay Halleria elliptica nebst vie- I len ändern kleinen Gewächsen. Zwischen den I Felsen an den Wänden der Schlucht drängten I sich Lachenalien, Amaryllis und Massonien zum
I Theil mit glühenden Farben hervor und die grö-
I fsern Liliengewächse trieben kräftige Schafte.
In Tülbagk, wo ich in dem Hause meines
I Freundes des Landdrosten Van de Gra a f eine
I freundliche Aufnahme fand, beschäftigte ich mich
während des zehntägigen Aufenthalts, theils mit
den nöthigen nächsten Zurüstungen zur Reise,
theils mit dem Abfassen einer Menge von Briefen
an meine Freunde in Europa. Meine Mufse nutz-
[ te ich zu häufigen botanischen Spatziergängen,
besuchte zweimal den Wasserfall, den ich jetzt
wegen des vielen gefallenenRegens in seiner gröfs-
ten Schönheit fand, und brachte die übrige Zeit
in dem angenehmen Umgänge mit meinen TuU
baghschen Freunden zu. Inzwischen sammelte
sich allmählig die Reisegesellschaft, die aufser dem
Landdrost und mir noch aus drei Personen be