
zu beleidigen, aber eben dabei ist auch ihre
Phantasie ruhiger und vor den Verführungskünsten
gesichert, die nach der allgemeinen Sage
den empfindsamen Mädchen so gefährlich sein
sollen. Sie wissen es selbst sehr gut, dafs sie
bei den Europäern in dem Ruf dieses Mangels
an Geistesbildung und einer zu grofsen Leichtigkeit
im Umgang mit Männern stehen und pflegen
wohl den etwas zu dreisten Fremden mit einer
Erinnerung an diesen Irrthum recht stolz, zu
strafen. Wie leicht es Mancher nach der ersten
Bekanntschaft glaubt, so schwer hält es doch,
auch nur die kleinste Gunstbezeigung von ihnen
zu erreichen und von vollendeter Verführung
ist zu meiner Zeit n ie ein Beispiel offenbar geworden.
Herr Barrow, der ein so unsanftes
Urtheil über die capischen Frauenzimmer ausspricht,
hat dies wohl am besten dadurch selbst
widerlegt, dafs er noch kurz vor seiner Abreise
eins heirathete und mit nach England nahm, ein
Beispiel, dem eine bedeutende Zahl seiner
Landsleute gefolgt ist. Wer billiger urtheilt,
wird den pfricanischen Mädchen den Mangel an
hoher Verstand es-Cultur nicht zurechnen, den
kleinen Grad von sittlicher Derbheit aus der Natur
ihrer Verhältnisse und manchem Localübel
erklärlich und sie selbst in ihrem gesunden naiven
Urtheil oft recht liebenswürdig finden.
So war denn auch die Unterhaltung, in die
wir mit unsrer heutigen Gesellschaft traten von
einer Art, die man in einem gebildeten europäischen
Cirkel zum mindesten fade und einfältig
nennen würde. Der allgemeine Frohsinn, der
aber dabei herrschte, die Naivetät der Mädchen
und die kräftige Ehrlichkeit der jungen Leute
machten uns doch den Abend recht angenehm
oder wenigstens kurzweilig. Wer, nicht zu höhe
Forderungen an die Menschen macht, wird leicht
überall befriedigt und findet nicht selten mehr
Gewinn, als er erwartete.
Wir machten am folgenden Tage einen Umweg
von einigen Stunden, um das Herrnhuterinstitut
zu Bciviaanskloofnoch einmal zu besuchen.
Auf dem Wege dahin gab es wieder eine reiche
Erndte für die Kräutersammlung, besonders als
wir die Ufer des Rivier zonder end erreicht hatten,
die mit mancherlei Gebüsch bewachsen sind.
Halleria lucida und elliptica zeichneten sich hier
durch ihre schönrothen Blüthen vor den übrigen
Gewächsen aus. Wir durchschnitten die Furth
dieses Flusses nicht ohne Mühe, indem das Wasser
an der tiefsten Stelle viertehalb Fufs hoch
und der Strom ziemlich reifsend war. Wenn
man über den Flufs gekommen ist, befittdet man
sich in einer niedrigen fruchtbaren Ebne die
sich allmählich gegen den Fufs des Gebirges hin
hebt und ungefähr eine Stunde breit ist. Die
Kirche von Baviaanskloof mit ihrem hohen Giebel
und den daneben stehenden Gebäuden gewährt
von hieraus einen malerischen Anblick, der
durch das hohe Gebirge und die tiefe Schlucht,
an deren Eingänge das Dorf liegt, noch sehr verschönert
wird. Die Brüder empfingen uns eben
so freundlich wie das erstemal und vor dem Mit