flug in entgegengesetzter Richtung, das Thal hinab. Nach
einer Stunde Wegs erstiegen wir eine Berghohe und gewannen
eine höchst interessante Aussicht über diesen eigenthüm-
lichen Boden. Das felsige Hochland lag vor uns nach Westen,
zerrissen und durchbrochen von wilden Schluchten und
Klüften, so dass nur einzeln stehn gebliebene, klippenartige
Wände die Höhe desselben angaben. Namentlich bemerkensw
e r t war gegen Westen zu ein hohes, zerklüftetes Grat mit
jählings abstürzenden Mauern, das mit seinen natürlichen Zinnen
einer Geisterburg gleichsah. In einer Kluft an der Grenze
dieser wilden Scene grösser Naturveränderungen war Overweg
bei dieser Expedition glücklich genug, einige sehr interessante
Exemplare von Versteinerungen in guter Erhaltung zu finden,
besonders das überaus interessante Stück, das nach ihm exo-
gyra Overwegi benannt worden ist.
Unser Eifer hatte uns aber etwas zu weit geführt und es
wurde dunkel, ehe wir unseren Rückweg antraten, so dass
wir einige Mühe hatten, unseren Weg zu finden. Ermattet
und abgespannt kamen wir im Lager an, nachdem wir unseren
Leuten schon starke Befürchtungen verursacht hatten.
[Sonntag, J4** A y ril.} Schon um 2 Uhr Morgens wurden
wir aus unserem erquickenden Schlafe aufgestört. Es geschah
dies durch die Kameeltreiber, welche vorgaben, den gestrigen
Zeitverlust ersetzen zu wollen. Wir kamen jedoch keineswegs
zu so zeitiger Stunde fort. Unser Weg führte uns von Wadi
zu Wadi gewöhnlich durch Engpässe, von denen einige beim
Übergange nicht geringe Schwierigkeiten darboten. Wir lies-
sen eine Burg Römischen Ursprungs, wie es schien, zur Linken
und weiterhin zur Rechten eine leichte Steinmauer, „hakl
el Urinssa” genannt, die sich aus den Zeiten der kleinen Fehden
zwischen den Arabischen Stämmen herschreibt. Wir hatten
schon zuvor einige kleine Ethelbüsche passirt, kamen dann
aber gleich an einen höchst ehrwürdigen alten Baum, der
der „athelet Si Mohammed fi Useat” genannt wird. Er breitet
seine alten abgestorbenen Äste zu bedeutendem Umfange
aus, und ich setzte mich in seinem Schatten nieder, um auf
unsere Leute zu warten, welche ein gutes Stück zurückgeblieben
waren. Als sie dann endlich herankamen und wir
unseren Marsch fortsetzten, passirten wir bald die zur Rechten
liegende Kapelle des grossen Meräbet der Ueläd Bü-
Ssaef, Namens Ssi Raschedän. Die Ueläd Bü-Ssaef stehn im
Allgemeinen in grossem Ansehn bei den anderen Stämmen,
wegen ihres Rufes von heiligem Leben und Reinheit ihrer Sitten.
Sie erlauben keinem Fremden, in ihre Dörfer zu kommen,
aber sie versorgen ihn mit einem Zelte in einiger Entfernung
ausserhalb und behandeln ihn überhaupt gastfreundlich.
Im Ganzen scheinen sie einen erfreulichen Gegensatz gegen
die verdorbenen und frivolen Tarabilslye zu machen, die
durch Trinken berauschender Getränke, Essen von Hundefleisch
und andere Zügellosigkeit sich als vollkommene Ketzer bewähren.
Seiner Gelehrsamkeit halber scheint gegenwärtig am meisten
unter diesem Stamme angesehn zu sein ein alter Mann,
Namens Ssidi Bubakr, welcher grossen Einfluss über ihn hat
und Reisenden, selbst in Kriegszeiten, den sichersten Schutz
gewähren kann. Die Ueläd Bü-Ssaef sind ausser durch ihre
Sitten auch durch die Zucht vortrefflicher Kameele ausgezeichnet.
Sie verwenden aussergewöhnliche Sorgfalt auf die
letzteren^ verweigern ihnen durchaus nichts und behandeln
sie fast wie Glieder ihrer eigenen F a m ilie. Eigenthümlicher-
weise hat gerade dieser Stamm, der durch Recht und Gerechtigkeit
berühmt ist, von jeher unaufhörliche Fehde und
Kämpfe mit den Urfilla, dem kriegerischsten und gewalttätigsten
Stamme dieser Gegenden, geführt. Es ist schwer
zu entscheiden, ob sie mit den Ueläd Bü-Ssaef in West-Afrika
die ebenfalls durch ihre Sitten sich auszeichnen, verwandt
sind. Der westliche Stamm hat jedoch, wie es scheint, einen
religiösen Einwand, einem Menschen den Namen ,,Äbd-e’-
Nebi”, „Sklave des Propheten”, zu geben, da sie dadurch der