Scliausch, der hier seinen Posten hat, erzeigte uns viel Aufmerksamkeit,
besonders indem er uns den einzigen Luxusartikel
verschaffte, den der Ort darbietet, nämlieh rothen Rettig
von ausserordentlicher Grösse. Dieser Mann theilte mir zu
meinem nicht gelingen Erstaunen mit, dass nicht weniger als
fünfhundert Mann Truppen an diesem Theil der Küste sta-
tionirt Wären. Die Nachricht kam mir so unglaublich vor,
dass ich fast glauben muss, er hielt uns für Spione im Solde
des Sultans, vor dem der Bey damals in nicht geringer Be-
sorgmss war. Übrigens habe ich schon auf meiner früheren
Reise Gelegenheit gehabt zu bemerken, dass die Tunesischen
Truppen das Wenige verzehren, was dem Bewohner dieses von
der Natur so reich ausgestatteten, aber so unglücklichen Landes
noch übrig geblieben ist.
Wir brachten in diesem elenden Neste zwei Tage und Nächte
zu, ohne im Stande zu sein, Kameele zu erhalten, und entschlossen
uns dann am Morgen des 11*™ Januar, das heisst
am siebenten Tage, nachdem wir Sfakes verlassen, die See
noch einmal zu versuchen. Der Wind war nach Norden umgeschlagen
und versprach günstige Fahrt; jedoch schon ehe
uns das niedrige Wasser bei der Ebbe erlaubte, an Bord zu
gehen, hatte sich derselbe wiederum gedreht, und als wir
endlich am Nachmittage wirklich unter Segel gingen, konnten
wir nur mit ewigem Kreuzen im langweiligsten Schneckengang
vorwärts kommen. Aber wir hatten jetzt wenigstens
den Vortheil, dass unser grossartiger Kapitän, der sich jetzt
im Schutze des Vorgebirges von Meheres fühlte, den offenen
Golf zu betreten wagte. Hier war es höchst auffallend, welche
Menge todter Fische um unser Boot umhertrieh; jedoch soll
dies eine nicht ungewöhnliche Erscheinung sein in diesem
seichten Gewässer, wenn ein heftiger Wind geweht hat.
Die Sonne ging unter, als wir endlich das mit dem Kasr
Unga bekränzte Vorgebirge passirten. Schon am 8*™ hatten
wir diese weit vorspringende, auffällige Seemarke in der Feme
klar vor uns geselrn. Jedoch hatten wir nun das Schlimmste
überwunden, und als ich am nächsten Morgen aus der
widerlichen Kammer hervorkroch, gewahrte ich zu meinem
unaussprechlichen Vergnügen, dass wir mitten auf dem Golfe
schwammen und die Küste weit hinter uns gelassen hatten.
Auch war ich nicht wenig erstaunt, von unserm Raeis zu
hören, dass er, anstatt sich bis nach „Ttarf el mä” der
Küste entlang zu halten, verwegen genug gewesen sei, sein
kleines Schifflein gerade auf den Kanal von Djirbi loszuhalten.
Ttarf el mä, „die Wasserscheide”, ist eine hochberühmte
Stätte im innersten Winkel der kleinen Syrte, welche das
Andenken einer früheren Verbindung zwischen dem Golf und
der grossen Ssebcha el HaudTya, der Palus Tritonis, bewahrt.
Unsere kleine Reise fing nun an interessant zu werden.
Denn während wir leidlich vorwärts rückten, gewannen wir
eine höchst anziehende Ansicht des Bergzuges, welcher in
der Feme hinter den die Küste schmückenden und kaum
sichtbaren Palmpflanzungen in deutlichen Umrissen sich entlang
zog. Der westliche Theil der Kette ist sehr niedrig und
bildet fast eine abgeschlossene Gruppe; nachdem sie jedoch
durch einen Sattel oder eine Kluft unterbrochen worden, erhebt
sie sich zu grösserer Höhe und wird, wie es von hier
aus scheinen möchte, in drei besondere Züge getheilt, die
schöne Thäler einschliessen. Wir hatten die Hoffnung genährt,
dass wir schon heute den schwierigen Kanal passiren
würden; da uns aber der Wind verliess, waren wir genöthigt,
diesseit Anker zu werfen und den Tagesanbruch zu erwarten;
denn zur Nachtzeit ist es nioht möglich, ihn zu passiren, wegen
seiner höchst beträchtlichen Seichtigkeit. In der That
hatten wir selbst in der Helle des folgenden Tages, als wir
endlich diese schwere Meerenge passirten, nicht geringe Schwierigkeit,
und unser kleines Boot, das nur zwei bis drei Fuss
tief ging, kam zweimal auf den Grund. Auf dem weit sichtbaren
hohen Vorgebirge, dem Djurf oder „tarf el djurf”,
Barth's Reisen. I. g