408 XVI. Kapitel.
Esel vorgezogen haben; aber in der Hoffnung, dass ich das
Thier in meine Gewalt bekommen würde,' beschloss ich es zu
besteigen, nahm von meinen zurüekhleibenden Reisegefährten,
die mir den besten Erfolg wünschten, Abschied und folgte
meinen schwarzen Begleitern.
Wh- hielten uns zuerst in dem breiten Thal aufwärts, durch
welches wir von Norden gekommen waren; bald indess ver-
liessen wir es und stiegen auf das felsige Terrain hinan, von
wo aus wir einen interessanten Blick auf den breiten und
massenhaften Berg Eghelläl vor uns gewannen.
Ich fürchtete anfänglich, dass mein Sitz zu unsicher sein
würde, um Beobachtungen anzustellen, und wollte diese Aufgabe
bis zur Rückreise verschieben. Allmählich jedoch ward ich ein
wenig zuversichtlicher, nahm meinen Kompass vor und zeichnete
die Richtung unserer Strasse auf; plötzlich aber schwankte
das Gepäck und drohte nach der rechten Seite hinabzufallen.
Um nun das Gleichgewicht herzusteHen, neigte ich mich
mit dem ganzen Gewicht meines Körpers nach der linken
Seite, that jedoch zu viel und stürzte plötzlich mit dem ganzen
Gepäck vom Thiere herab. Der Boden war überaus rauh
und felsig und ich würde mich sicherlich bedeutend verletzt
haben, wäre ich nicht auf die Mündung meiner Flinte gefallen,
die ich auf der Schulter trug. Sie war stark:genug, um
den Sturz aufzuhalten und bewahrte meinen Kopf davor, auf
den Boden aufzuschlagen. Selbst mein Kompass, den ich offen
in der linken Hand getragen hatte, war glücklicherweise
ganz unversehrt. Hoch erfreut über einen so glücklichen
Sturz, raffte ich mich auf, beschloss aber, nie wieder einen
Ochsen zu besteigen.
So blieb ich lieber zu Fuss, bis wir das Thal Eghellüa erreichten,
wo mehrere Brunnen hinreichend Wasser bieten. Hier
machten wir eine Weile Halt und ich sass dann hinter Hamma
auf den magern Rücken seines Kameeles auf, indem ich mich
an dem Sattel festhielt. Doch konnte 'ich an meinem neuen
Das Dorf Tigger-4re-ssa. 409
Sitz nicht viel Freude finden, da mein Freund, wie viele dieser
Leute, auch eine Flinte von dem glücklichen Heereszug
gegen die Ueläd Slimän davongetragen hatte und diese nun
auf seiner Rechten hervorragte, jeden Augenblick mein Gesicht
bedrohend, während auf der Linken sein ungeheuerer
Antilopenschild fortwährend an mein Bein anschlug.
Ich war daher sehr erfreut, als wir das kleine Dorf Tig-
ger-ere-ssa erreichten, welches am Rande eines breiten, reich
mit Talhabäumen bewachsenen Thaies liegt. Ein wenig weiter
hin wurde von hervorstehenden Granitblöcken ein anmu-
thig abgeschlossener Winkel gebildet, wo wir uns lagerten.
In diesem Dorfe miethete Hamma ‘ zwei Kameele für mich
zur Reise nach Agades und zurück.
Aber nicht .allein mein Reitthier, sondern auch meine Gefährten
wechselte ich hier, wenigstens theilweise. Der sehr
intelligente Mohammed, Sohn einer von Annür’s Schwestern,
kehrte nach Tintellust zurück, während der unruhige Mohammed,
unser Freund von Afis, sich uns anschloss, um mit uns
zu gehn. Mit ihm war Hammeda, ein alter gemüthlicher
und sehr liebenswürdiger Mann, der ein gutes Beispiel von
dem abgab, was eine Mischung verschiedenen Blutes und verschiedener
nationaler Fähigkeiten hervorbringen kann. Er be-
sass alle Heiterkeit und Lebhaftigkeit der Gober-Nation, aber
sie war- gemildert durch den Ernst und die Nüchternheit,
welche dem Berber eigenthümlieh sind; und abgesehn von
einem geringeren Grade von Thätigkeit, obgleich er nie unbeschäftigt
war, näherte sich sein Charakter sehr dem eines
Europäers. Er war seines Gewerkes ein Grobschmied, ein
Handwerk, das indess in jenen Ländern vielseitiger ist, als
in Europa, obwohl diese Schmiede gewöhnlich weder Eisen,
noch selbst Werkzeug zum Schmieden besitzen.
Im ganzen Tuareg-Land ist der „enhad” oder Schmied eine
! sehr angesehene Persönlichkeit und die Zunft ist äusserst
zahlreich; ganze Dörfer sind von nichts als Schmieden be-
Barth's Reisen. L