nahe zu unserer Rechten ein Dorf, wo ich zum ersten Male
in der Nähe jenen eigenthümlichen Baustyl beobachtete,
der allerdings mit vielen nicht unwichtigen Abweichungen,
und schon eingeleitet durch die Bauweise von Ashen, durch
ganz Central-Afrika sich erstreckt.
Da diese Hütten meist ganz aus dem Hirsenrohr gebaut
und ausser den kraftlosen Zweigen der Asclepias gigantea
fast ohne allen anderen Halt sind, so erreichen sie die Festigkeit
der Hütten in den Dörfern Ashens nicht, aber sie
übertreffen dieselben hei weitem an Reinlichkeit, weil ein
grösser und alljährlich sich erneuernder Yorrath des leichten
Materials, aus dem sie gebaut sind, zur Hand ist. Es
muss übrigens bemerkt werden, dass die Bewohner dieses
Gaues auch in Bezug auf ihre Feuerung vorzüglich auf dies
Rohr angewiesen sind. Die Hütten sind im Allgemeinen
niedriger als diejenigen in Asben und zeichnen sich vor
diesen durch die gebogene Spitze des Strohdaches aus,
welche dem ganzen Bau Halt verleiht. Die spitzigen, kunstlosen
Dächer, die wir in Selüfiet gesehn, bilden eine Art
Übergang zwischen den sonst in Asben gebräuchlichen bie-
nenkorbähnliehen und diesen ein wenig mehr gegliederten
Hütten Damerghü’s. Der Hauptunterschied ist, dass bei den
Hütten von Damerghü Wand und Dach bestimmt geschieden
sind. Wenn man die ganze Bauart betrachtet, so kann man
sich über die grosse Ähnlichkeit nur wundern, welche sie mit
den Hütten der ursprünglichen Einwohner von Latium haben,
wie uns diese von Vitruv und anderen Autoren beschrieben
werden und gelegentlich auf Terra-Cotta-Geräthschaften abgebildet
sind. Auch hat der Name in der Bomo- oder Kanöri-
sprache, „kösi” , eine eigenthümliche Ähnlichkeit mit dem
Lateinischen „casa”, wie zufällig dies auch immer sein mag.
Noch auffallender jedoch ist, dass ganz derselbe Name als
„küde” , oder in verwandter Form in der Tamil- und anderen
Asiatischen Sprachen die Hütte bezeichnet. — Wir
werden im Verlauf unserer Arbeiten viele verwandte Anklänge
im Kanöri und in den Central-Asiatischen Sprachen finden.
Bemerkenswerther und eigenthümlicher als die Hütten und
für uns ganz neu und vom höchsten Interesse, als der unverkennbarste
Beweis, dass das Land, das wir nun erreicht,
ein Fruchtland sei, waren die kleinen Komschober, die zwischen
den Hütten umher zerstreut lagen. In Wirklichkeit
bestanden sie aus nichts Anderem, als aus einem sehr gros-
sen, aus Rohr geflochtenen Korb, der auf einem etwa
zwei Fuss hohen Gestell aus starken Ästen aufgestellt war,
um seinen kostbaren Inhalt gegen die Angriffe der „kü-ssu”
und der „garä” , der Mäuse und Termiten, zu schützen. Er
war mit einem Strohdach oder Rohrdeckel, ähnlich dem Dach
der Hütten, bedeckt*)- Von dem Baustyle dieser kleinen Kom-
schober werden wir im Verlaufe der Reise einige höchst interessante
Abweichungen finden. Die „garä”, „weisse Ameise” ( Ter-
mes fa ta lü ), ist hier die grösste Plage für das Korn, sowie
für weicheres Hausgeräth, wozu natürlich ihrer leichten Bauweise
wegen die Häuser selbst kommen, und es muss jede
mögliche Vorsicht gegen sie angewendet werden. Die „kü-
ssu” , „die Maus” , fängt hier an, in mehreren Arten und in
grösser Menge aufzutreten; besonders häufig ist die Springmaus
(Dipus), die dem Reisenden weit niedlicher erscheint,
als dem um sein Korn besorgten Landbauer.
1 Während ich darüber nachdachte, wie wenig solche Bauten
dem Feuer Widerstand leisten können, namentlich da das
Wasser aus so grösser Entfernung zu holen ist, erblickte ich
diesem kleinen Weiler beinahe gegenüber einen grösseren an
der anderen Seite der Strasse, von Mimosen beschattet. Sein
Name war Mädja. Aus beiden Dörfern kamen die Leute
hervor, um uns ihren Käse und Hirse zum Verkauf anzu*)
Eine Abbildung eines solchen Kornschobers wird im zweiten Bande
gegeben werden.