XVIII. KAPITEL.
Agades während der Abwesenheit des Sultans.
Den ganzen Tag brachte ich in meiner Wohnung zu, hauptsächlich
damit beschäftigt, die interessanten Nachrichten,
welche mir von dem intelligenten Ghadämsi-Kaufmann Mohammed
zu Theil wurden, zusammenzustellen. Er hatte seinen
Geburtsort aus Furcht vor den Türken verlassen und lebte
seit sechs Jahren in Agades. So konnte er als ein wohlunterrichteter
Mann eine grosse Menge lebendiger Kenntnisse
der hiesigen Verhältnisse besitzen.
[Mittwoch, 23*ten Oktober.] Mein alter Freund, der Grobschmied
Hämmeda, und „der lange Elias” verliessen uns diesen
Morgen mit mehreren mit Lebensmitteln beladenen Ka-
meelen. Hamma dagegen blieb noch zurück, um seine Einkäufe
zu beendigen; denn wegen der Kriegsuntemehmung,
und des unsicheren Zustandes der Strasse nach Damerghü
war es schwierig, Lebensmittel in erforderlicher Menge zu
erlangen. Unser Haus wurde demnach beinahe ebenso öde
wie die Stadt selbst; jedoch eben dies war meinen Forschungen
sehr günstig und es war mir überaus vortheilhaft,
einige Tage länger hier zu verweilen, da mein ritterlicher
Freund und Beschützer, der, so lange der Sultan und die
Grossen gegenwärtig waren, sehr zurückhaltend und vorsichtig
gewesen, weil er selbst einer der ersten Männer des Landes
war, nun kein Bedenken mehr trug, mich überall mithinzunehmen
und mir die Stadt von innen und aussen zu zeigen.
Wir besuchten zuerst das Haus Idder’s. Idder ist einer
der gewöhnlichsten Eigennamen der Emgedesier; dieser Idder
war nicht der oben erwähnte Freund oder Konsul der Tauäter,
sondern ein Makler, der in geringer Entfernung südlich von
uns wohnte, und bei welchem Hadj "Abdüa während seiner hiesigen
Anwesenheit Quartier gefunden hatte. Es war ein gros-
ses, geräumiges Wohnhaus, sehr zweckmässig zu Bequemlichkeit
und häuslicher Behaglichkeit eingerichtet, insofern
die Sitten der Bewohner in Betracht gezogen werden. Unser
Haus dagegen, als eine nur gelegentliche, zeitweilige Wohnstätte
für die Leute Annür’s, war ein schmutziger, unbehaglicher
Aufenthaltsort.
Wir traten zuerst in ein Vorgemach, etwa 25 Fuss lang
und deren neun breit, das an jeder Seite einen durch eine
niedrige Balustrade, wie solche bei der Beschreibung des
Hauses des Sultans erwähnt wurde, abgetrennten Baum hatte.
Diesem Vestibül oder Vorzimmer folgte ein zweites von grösserer
Ausdehnung und unregelmässiger Einrichtung', Während
es zur Linken in ein vereinzeltes Gemach führte, öffnete
es sich dem Eingänge gegenüber in ein anderes Vorzimmer
, aus dem man durch zwei Thüren in den geräumigen
Hofraum trat. Dieser war sehr unregelmässig, da mehrere
Zimmer und Räumlichkeiten in denselben vortraten. An der
linken Seite stand eine enorme Bettstelle (1).
Diebe Bettstellen, fast ganz im Europäischen
Sinne und schwerfälliger als das kolossalste
Ehebett in einer Provinzialstadt, sind ein höchst
charakteristisches Möbel in den meisten Wohnhäusern
der Sonrhay, die eine ganz besondere Sorgfalt auf
die anständige Einrichtung ihres Ehebettes zu verwenden
scheinen und selbst in ihren Hütten das Lager der Frau
durch' Mattenwerk zu einem ganz verschlossenen inneren
• Kämmerchen umgestalten. Dies ist dann das „Frauengemach”
im Klein'en. Ich werde spätfer auf den überaus eigen