XII. KAPITEL.
Übergang zu fruchtbareren Thälern. Anfang der Fährlichkeiten.
[Freitag, August.] Es war gestern viel Redens davon
gewesen, dass wir, um die durch das frühzeitige, Lagern verlorene
Zeit wieder einzubringen, schon um Mitternacht aufbrechen
würden; aber glücklicherweise kamen wir nicht vor
Tagesanbruch fort, so dass ich meine genauen Beobachtungen
der Konfiguration des Terrains ununterbrochen fortsetzen
konnte. Dies war um so wichtiger, da wir gleich früh am
Morgen den schon gestern beobachteten Pass, welcher in dieser
Landschaft einen ganz charakteristischen Zug bildet, zu
passiren hatten.
Rund um den Pass erhoben s i c h einige prachtvoll geformte
Kuppen, jenseit welcher eine rauhe Fläche sich hinzog, von
kleinen Höhen gebildet, die allmählich zu grösserer Erhebung
anstiegen. Unter ihnen zeichnete sich die folgende Kuppe
nicht nur durch ihre Höhe, sondern auch durch ihre; scharf
und schön gezeichnete
saJ ’'M i lB t Form aus, und an dieselbe
schloss sich ein
niedrigerer Felszug mit
sehr bestimmtem aufstrebenden
Kamm. Kleine
felsige Aufsprünge mit
Bergkrystallenzogensich
—•— unserem Pfade parallel.
Nach einem weiteren Marsch von Meilen erstiegen wir
eine beträchtliche Kette zerrissener Anhöhen, von deren
Kamm wir steil hinabstiegen, in einen unebenen, wilden
Felsengrund, der von mehreren flachen Rinnsalen durchschnitten
wird*). Schon früh am Tage, als kaum die Hitze
anfing, fühlbar zu werden, lagerten wir im Anfänge des Thaies
Arökam, in der Entfernung von ungefähr '/2 Stunde vom
gleichnamigen Brunnen und einem Zweigthale gegenüber,
durch welches uns unser Weg am folgenden Tage führte. Am
Nachmittag erstieg ich die höchste von den Kuppen, welche
sich über die Thalwände erheben, aber ohne eine bedeutende
Fernsicht zu gewinnen.
[Sonnabend, 10>en August.] Der thätige Busaue Amaukei,
welcher früh am Morgen nochmals zum Brunnen ging, um
einige Schläuche mit Wasser zu füllen, brachte die Nachricht,
dass eine bedeutende Karawane, hauptsächlich aus Anislimen
oder Merahetin aus Tintarhode bestehend, am Abend zuvor
am Brunnen . angekommen sei, und zwar auf dem Wege
nach Rhät begriffen, und dass, diese Männer sich lebhaft
gegen unseren Besuch ihres Landes ausspräqhcn, aber noch
entschiedener zurückwiesen, dass wir uns ihrer heiligen Stadt
nähern dürften. Dieser Übeln Gesinnung der Leute gegen
uns ungeachtet gelang es mir, einen derselben, der unser
Lager besuchte, zu vermögen, die Besorgung eines- Brief-
packetes von mir, an Hadj Ibrahim in Rhät adressirt, zu
übernehmen, und es verursachte mir später grosse Genug-
thuung, zu erfahren, dass diese Briefe glücklich in Europa
angekommen wären. Es war ein grösser Verlust, dass es uns
nicht möglich war, den Brunnen selbst zu besuchen, da Aman-
*) Dieser Abstieg scheint auf Herrn Richardson einen besonders tiefen Eindruck
gemacht zu haben; aber ich glaube, dass die Ausdrücke, in denen er
denselben beschreibt, etwas zu stark sind. Wenigstens kann sich der Absturz
auch nicht im entferntesten mit dem Pass von Egeri messen.