„Im Namen Gottes u. s. w.
„Von dem Befehlshaber, dem getreuen Ausüber der Gerechtigkeit*),
dem Sultan 'Abd el Kadiri, Sohn des Sultans
Mohammed el Bäkiri, an die Häuptlinge aller Stämme von
E’-Nür und Hämed und Seis, und an alle diejenigen unter
Euch, welche grosse Macht besitzen. Vollkommener Friede
sei mit Euch.
„Eure Beredsamkeit, Eure Grüsse und Eure Botschaften
verdienen alles Lob. Wir haben die Hülfsmannschaft, die
uns von Eurem Stamme gesandt worden, gesehn, und wir
haben gemeinsam mit ihnen energische Massregeln gegen die
Freibeuter ergriffen, welche die Wege der Karawanen, frommer
Wanderer **) und den Verkehr der Reisenden sowohl
wie der daheim Zurückbleibenden unterbrechen. Desswegen
wünschen wir Hülfe von Euch gegen ihre Einfälle zu erhalten.
Das Volk der Kel-faday, sie sind die Räuber. Wir
würden, nicht in die Ausübung der Gewalt ihrer Häuptlinge
Eingriffe gethan haben, wenn nicht drei Gründe uns dazu
bewögen: erstens, weil ich fürchte, sie möchten von AnXkel [der
Gemeinschaft des Volkes von Air] zu den Auelimmiden übergehn
; zweitens, damit sie keine Bundesgenossenschaft mit
ihnen gegen uns eingehn können, da die Einen wie die Anderen
Räuber sind; drittens, damit Ihr Eure Zustimmung dazu
geben möget, dass sie uns Tribut bezahlen. Kommt denn
schnell zu uns; Ihr wisst, was die Hand hält, hält sie nur
*) Herr Renouard, dessen Übersetzung im Journal o f the Royal Geoyr.
■ Spc., 1852, im Ganzen richtig ist, hat hier offenbar einen Fehler begangen,
indem er die betreffende Stelle durch die Worte „der Minister des Sultans”
wiedergibt und in der beigefügten Note sagt, „dass Emir hier unverkennbar
ein Titel, dem Emir E’-Nür gegeben sei”, während es offenbar auf
den Sultan selbst Bezug hat.
**) Im Briefe steht „elfoqarah”, ein in diesem Falle schwer zu übersetzender
Ausdruck, da der Sultan offenbar uns damit bezeichnete, die wir nicht
direkt des Handels wegen, sondern mehr in gottwohlgefälliger Absicht und
fast in mönchischem Aufzuge reisten.
mit Hülfe der Finger; denn ohne die Finger kann die Hand
nichts ergreifen.
„Wir erwarten also Eure Entscheidung, das heisst, dass
Ihr zu uns kommen möget nach der Abreise der Salzkarawane
der I-ti-ssan, die bei Euch auf den 15*™ des Monats
festgesetzt ist. Gott! Gott ist gnädig und erhört Gebete!
Kommt also zu uns und wir wollen unsere Ärmel aufstrei-
feln*) und die Raubhorden zurücktreiben und tapfer gegen
sie kämpfen, wie Gott (Er sei gepriesen) anbefohlen hat.
„„Siehe, Verderbniss hat sich vermehrt auf Erden!” Mag
der Herr uns nicht befragen wegen der Armen und Bedürftigen,
Waisen und Witwen, nach seinem Wort: „Ihr seid Alle
Hirten und Ihr werdet Alle nach Euren Heerden gefragt
werden, ob Ihr in der That gute Sorge für sie getragen habt,
oder ob Ihr sie habt verdursten lassen.”
„Säumet also nicht, sondern eilet nach unserer Residenz,
wo wir Alle versammelt sind; denn „Eifer in der Sache der
Religion ist die Pflicht Aller” ; oder sende Deinen Boten schnell
zu uns mit einer bestimmten Antwort; sende Deinen Boten
so bald als möglich. Lebe wohl!”
Die ganze Bevölkerung der Stadt war in Unruhe, und Jeder,
der waffenfähig war, bereitete sich zu der Expedition
vor. Um Sonnenuntergang verliess der „yäki” die Stadt; er
zählte ausser demFussvolk etwa 400 Reiter, theils zu Kameel,
theils' zu Pferde. Boro sowohl als Aschu begleiteten den
Sultan, der diesmal zu Kameel war. Sie lagerten nahe beim
Lager Astäfidet’s in T^gürast. cAbd el Kadiri schlug ein graues
Zelt von der Grösse desjenigen eines Türkischen 'Aghä mitten
zwischen den Lagerstätten der Kel-geress, Kel-feruän und der
Emgedesier auf; Astäfidet dagegen, welcher kein Zelt hatte,
*) Alle Stämme in Central-Afrika, welche grosse Toben oder Hemden tragen,
streifein ihre Ärmel auf, wenn sie eine Arbeit vornehmen oder ein Gefecht
zu bestehen haben.