XIV. Kapitel.
eigenen Forschungen überein. Ich schliesse aus denselben,
dass die Eroberung, obgleich ich die Zeit, zu der sie sich zugetragen,
nicht ganz genau habe erfahren können, nicht viele
Jahre vor der Mitte des vorigen Jahrhunderts, etwa um
1740 n. Chr., stattgefunden habe. Indessen haben wir ge-
sehn, dass das Land mindestens schon vier Jahrhunderte
früher in den Händen der Berber war. Es würde natürlich
sehr interessant sein, zu erfahren, woher die Kel-owT kamen
und wo ihre früheren Niederlassungen waren. Ich bin
nicht im Stande, diese Frage mit der Genauigkeit zu beantworten,
die wünschenswerth wäre, sondern habe nur so
viel erfahren, dass die Kel-owi von Nordwesten gekommen sind
und dass sie, oder wenigstens die edleren Geschlechter derselben,
dem einst mächtigen und zahlreichen Stamme der
Aüräghen angehören. Dies ist der Grund, weshalb ihr Dia--
lekt bis auf den heutigen Tag Auraghiye genannt wird.
Ihr Name bedeutet „das Volk von” oder vielmehr „die Angesessenen
von' (dem Distrikt oder Thale von) Owl” oder „Ui”.
Das Wort „kel” nämlich ist ganz gleichbedeutend mit dem
Arabischen Worte „ähel” und scheint mit besonderem Bezüge
die angesessenen Stämme den nomadischen gegenüberzustellen.
Denn dies ist im Allgemeinen der charakteristische Zug
der Kel-owi und ihrer Blutsverwandten, dass sie in Dörfern
leben, welche aus festen, unbeweglichen Hütten bestehen,
und nicht, wie andere Stämme, in Zelten von Fellen oder
in beweglichen Hütten aus Matten, wie die Tagäma und
anderen Namen geführt und jenen erst • in jüngerer Zeit von der Ortschaft
Owl oder XJl erhalten, ganz so, wie es der Fall mit den Kel-e-Suk und noch
vielen anderen Namen von Berber-Stämmen ist. Ich glaube kaum, dass das
von Plinius in der bekannten Stelle (1. 5 , c. 5) im Inneren erwähnte Cilliba
etwas mit diesem Namen zu thun haben kann. — Ich will hier ein- für allemal
bemerken, dass Kel eine Pluralform ist und Kel-owi wie Kel-geröss stets eine
Mehrheit bezeichnet. Es ist also nur missbräuchlich, wenn ich sage „einKel-
owl; genau ausgedrückt, müsste ich sagen „Einer der Kel-owi” u. s. w.
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Manche der Imrhäd von den Auelimmiden. Mit dieser Vor-
sylbe „kel” mag der Name der Bewohner eines jeden Platzes
oder Landes gebildet Werden, wie von Feruän Kel-feruän,
von Baghsen Kel-baghsen, von Afélle (der Norden) Kel-afélle,
„die Leute vom Norden”, die der Araber in Thnbuktu „Ahel
e’ Ssáhel” nennt; und ohne Zweifel würde ein Targi, wenigstens
von den Auelimmiden oder Kel-owi, die Bewohner von
London Kel-london oder Kel-londra, die Berliner Kel-berlm
nennen, ganz ebenso, wie er die Namen Kel-rhadämes und
Kel-tauät gebraucht.
Mit dem Namen Kel-owi jedoch ist eine gewisse Unbestimmtheit
verknüpft. Er hat nämlich einen engeren und einen
weiteren Begriff, wie es häufig mit den Namen solcher Stämme
der Fall ist, welche vorherrschend geworden sind und um
sich her andere Stämme versammelt, ja sich zum Theil mit
ihnen vermischt haben, die ihnen ursprünglich nicht angehörten.
In diesem weiteren Begriff umfasst der Name Kel-
owi eine Anzahl Stämme oder vielmehr Abtheilungen, die
gewöhnlich nach ihren Sitzen benannt sind. Ich werde dieselben
sofort aufzälilen,'nachdem ich zuvor noch ein Wort
über die Art gesagt, wie sich die Kel-owi im Lande ansässig
gemacht haben.
Schon oben wurde bemerkt, dass die Berber, bei der Eroberung
des Landes von der Neger- oder — sollte ich vielmehr
sagen — von der ihnen entfernt verwandten Sub- Libyschen
Rasse, diese letztere nicht gänzlich ausrotteten, sondern
sich vielmehr mit ihr, durch Heiratli mit dem weiblichen
Theile der Bevölkerung, vermischten. Dadurch haben
sie ihren ursprünglichen Charakter beeinträchtigt, und die
strengen Sitten der Nachkommen Mäsigh’s sind mit dem heiteren,
spielenden Charakter des Afrikaners gemengt; ihre
schöne, edle und hohe Gestalt haben sie zum grossen Theil
ganz eingebüsst und ihre helle Farbe mit der dunkleren des
Baliau-sche vertauscht; endlich ist ihnen dadurch die Haussa