viel schöner, grösser und stattlicher als dasjenige Boro’s.
Alle Zinnenknöpfe waren hier mit Strausseneiern verziert,
deren Anwendung, so allgemein im eigentlichen Sudan, ich
sonst in dieser Stadt nicht bemerkte.
Der Beisende wird bei längerem Aufenthalt in einer Stadt
des Isslarn häufig die Erfahrung machen, wenn der erste
Eindruck des Verfalls, zu welchem das leicht zerstörbare Baumaterial
selbst einen grossen Theil beiträgt, verwischt ist, dass
die Zeit des vollständigen Ruins einer solchen Stadt noch
nicht gekommen sei und dass mitten in der Zerstörung
immer noch eine gewisse Wohlhäbigkeit und Bequemlichkeit
herrsche.
Unter den Ruinen des südlichen Quartieres, ganz am Umkreise
der Mauer, in welcher es einen vorspringenden Winkel
bildet, sieht man die mit Zinnen versehenen Mauern
eines Gebäudes von ungeheuerem Umfange und von beträchtlicher
Höhe. Leider konnte mir Hamma nicht sagen, was
die Bestimmung desselben gewesen sei, und hatte den entschiedensten
Widerwillen, sich demselben zu nähern.' Jedenfalls
war es ein öffentliches Gebäude und wohl eher ein befestigter
grösser Chan oder Karawanserai als die Residenz
des Häuptlings*); in jedem Falle war es ein stark befestigtes,
einst sehr stattliches Gebäude und mit seinen noch immer
zu ansehnlicher Höhe emporragenden Mauern bildet es noch
ein gewisses Vorwerk auf der Südseite, während im Allgemeinen
die Stadtmauer hier gänzlich zerstört und der freie
Durchgang überall offen ist. Ich wünschte sehr, diese Ruinen
genauer zu untersuchen, aber Hamma hatte ein starkes Vor-
urtheil gegen dieses zerstörte Quartier, dessen verfallene
Mauern ihm von bösen Geistern bewohnt zu sein schienen,
*) Nach Leo’s Beschreibung (1. VII, c. 9: „un bei palazzo in mezzo della
cittti") möchte es scheinen, dass der Palast des Sultans in früheren Zeiten in
der Mitte der Stadt war. — Der Herr unterhielt damals eine Menge Soldaten.
ein Vorurtheil, das man selbst bei sonst aufgeklärten Mosleminen
findet, die verlassene Wohnstätten nur mit Widerstreben
besuchen. Mit Gewalt mich von hier fortreissend, führte er
mich nach einigen anderen bewohnten Häusern, alle nach
demselben Grundsatz gebaut, den ich oben beschrieben habe,
aber sehr verschieden in der Tiefe des ganzen Gebäudes und
in der Grösse des Hofraumes. Die Treppe, welche nach dem
oberen Stockwerke, oder vielmehr dem einzelnen geräumigen
Terrassenzimmer führt, ist im Hofraum und aus Stein und
Lehm ziemlich unregelmässig gebaut; sie entspricht dem
rohen in der Haussa-Sprache ausgedrückten Begriff der „abi-
n-haua” — „ein Ding zum Steigen”. — In einigen Hofräumen
liefen junge Strausse wie Haushühnchen umher. Die Bewohner
aller Häuser schienen eine heitere, lebenslustige Ge-
müthsart zu haben, und es freute mich, nicht ein . . i—
einziges Beispiel von Elend zu finden. Ich füge hier |-i £
nur den Grundplan eines anderen Hauses bei, als Ujp dC
ein Beispiel des gebräuchlichsten häuslichen Bausty-
les in Agades,
.Unser „Maimölo” .von neulich, der den Braten roch —
wir hatten nämlich gerade ■ das uns vom Sultan geschenkte
Schaaf geschlachtet — kam am Abend, um uns einen Besuch
abzustätten, und unterhielt mich für ein Stück Herz und
Leber mit einem recht leidlichen Spiel auf seinem Instrument,'
von schwermüthigem Gesapg begleitet. Hamma brachte
den Abend b e i. seiner Freundin, der Emgedesischen Dame, zu
und war freundlich genug, mich einzuladen, ihn zu begleiten;
ich indess entzog mich der Ehre, gab ihm aber ein,kleines
Geschenk für sie mit.
Am nächsten Morgen hatte ich einen noch auffallenderen
Beweis der leichten Sitten von Agades. Fünf oder sechs
Mädchen oder Flauen kamen in unser Haus, um mir einen
Besuch abzustatten, und luden mich 'mit grösser Einfachheit
ein, mit ihnen lustig zu , sein, da es jetzt bei der Abwesenheit