Körper abgewendet. Zwischen fdiesen beiden halbmenschlichen
Figuren, welche im Kampf einander entgegenzustehn
scheinen, ist ein Kind von kleinerer Gestalt, als das Ver-
hältniss zu den menschlichen Figuren erfordern würde, sonst
aber mit derselben Sorgfalt, als die erwähnten Figuren, von
derselben gewandten Hand eingemeisselt. Nur eine Ausnahme
ist dabei zu machen; die Hufe nämlich sind weggelassen und
die Beine endigen in einer Spitze, ein Mangel, welchen ich
auch in einer anderen Skulptur zu erwähnen Gelegenheit haben
werde. Eine andere Eigenthümlichkeit dieser Figur ist,
dass der obere Theil des Bullen durch einen Zufall ausgetieft
zu sein scheint, während sonst alle inneren Theile zwischen
den tief eingegrabenen Aussenlinien der Skulpturen in
Hautrelief gelassen sind. Das Thier wendet sich gegen die
Figur zur Rechten, deren Bogen es eben zerbrechen zu wollen
scheint. Das kann jedoch vielleicht zufällig sein. Dies
ist der Gegenstand dieser Skulptur. Der Block selbst, in
dem sie gearbeitet ist, hat etwa 4 Fuss Höhe und 3 Fuss
Breite. Er lag frei oben auf der Felswand und seine Oberfläche
war in einem vortrefflichen Zustande der Erhaltung.
Ursprünglich hatte er wahrscheinlich aufrecht gestanden.
Eigenthümlich, wie die Arbeit in jeder Hinsicht ist, verdient
sie gewiss die Aufmerksamkeit aller derer, welche sich
für die Völkerkunde dieser Gegenden interessiren, und manche
jetzt schwierig zu beantwortende Frage wirft sich dabei auf.
Vor Allem drängt sich dem Beobachter die Frage auf; wem
sind diese Skulpturen zuzuschreiben?
Sicherlich konnte ein Barbar, welcher nie Gegenstände der
Kunst gesehn, noch seine Hand darin versucht hatte, nicht
mit solcher Festigkeit die Linien eingraben und allen Figuren
jene leichte und natürliche Gestaltung geben, welche sie
bei aller ihrer Wunderlichkeit zeigen; eine solche Festigkeit
und Gewandtheit aber zeigt sich in einer anderen Darstellung
in noch höherem Grade. Dass diese Darstellungen nicht von
einem Körner herrühren, scheint mir klar, trotzdem dass
diese Nation ihre Herrschaft wenigstens für einige Zeit bis
nach Garama oder Djerma ausgedehnt hatte. Gewiss konnte
sie von da aus leicht Sendboten bis zu diesem Punkte und
noch weiter schicken. Aber diese Skulpturen haben durchaus
nichts von römischem Charakter. Meine Ansicht ist, dass
diese Arbeit, wiewohl sie durch einige Umstände an Egyp-
tische Kunst erinnert, ebenso wenig den Egyptiem zugeschrieben
werden darf, sondern als Darstellung eines mythologischen
Gegenstandes der Eingeborenen dieses Landes selbst
von Jemandem ausgeführt wurde, welcher in enger Beziehung
zu den weiter vorgeschrittenen Völkern an der Küste stand.
Vielleicht möchte sich hier Karthagischer Einfluss zeigen.
Wie dem auch sei, die Erklärung des Gegenstandes finde ich
in den Ansprüchen, welche zwei Gottheiten auf ein und dasselbe
Opfer machen, wobei die Figur zur Linken für die höhere,
siegreiche gelten soll.
In der That, wenn wir forschen, wer diese beiden Gottheiten
sein mögen, so scheint die folgende Erklärung, die
Herr Prof. Movers mir in einem Briefe mitzutheilen die Güte
gehabt hat, durchaus wahrscheinlich. Nach ihm nämlich
stellt die Figur zur Linken den Garamantischen ApoKo, die
zur Rechten Hermes dar. Apollo ist der mythische Vater
des Garamas *), des Vorfahren der Garamanten, die in alten
Zeiten diese Gegenden bewohnten, den Rindern hohe Verehrung
zollten und sie als königliche Thiere betrachteten **),
während die Eigenthümlichkeit der vorwärts gebogenen Hörner
gerade durch den von den Alten den Rindern dieses
*) Apollonius Rhodius, 1. IV. v. 1495 ff. Scholium in Lucani Pharsal. IY.
v. 334.
**) Augustini opera, tom. XVT. p. 526 ed. Bassan.: regibus Iudaeorum
mulae placuerunt ad sessum; — G a r am a n tum autem, qui supra Tripolim
Afrorum sunt, r e g ib u s t a u r i p la c u e r u n t .