massen und Wetterleuchten angekündigt hatte. Regen am
frühen Morgen ist eine nicht häufige Erscheinung in diesem
Lande, wie überhaupt überall in Central-Afrika, wenn es
nicht die Fortsetzung eines Regenfalles der vorhergehenden
Nacht ist. Ich glaube, dass dies auch jetzt der Fall war,
da es rund umher während der verflossenen Nacht geregnet
hatte *).
Wir warteten den schwersten Guss ah und brachen dann
um 7 Uhr auf, um endlich die Residenz des mächtigen Häuptlings
Annür, in dessen Hand der Erfolg der Expedition nun
ganz allein lag, zu erreichen. In der That, trotz aller günstigen
Angaben über ihn, die uns nur mit Vertrauen zu seinem
persönlichen Charakter erfüllen konnten, dachten wir doch
nicht ganz ohne Ängstlichkeit an seinen Empfang. Überdies
war er sehr alt und lag gegenwärtig sehr krank
darnieder. Wäre er gestorben, so war unser Leben in
der grössten Gefahr, um hei dem Mangel einer bestimmten
Autorität im Lande den unruhigen Geist der gesetzlosen,
räuberischen Stämme niederzuhalten, welche nur durch
höchst schwache Bande der Nationalität vereinigt, dagegen
durch alle die kleinen Eifersüchteleien, die im uncivilisirten
Zustande unter kleinen Gemeinschaften auftreten, getrennt
waren. Unter dem Einflüsse solcher Gedanken und nach
der Erfahrung der vergangenen Nacht konnten wir nicht ohne
Aufregung die letzte Strecke unseres Weges nach Tintéllust
zurücklegen.
Wir traten bald zum Thale Afxs hinaus und erstiegen ein
felsiges Terrain, über welches wir unseren Weg nahmen, in-
dess der Regen mit emeueter Heftigkeit auf uns herabstürzte,
*) In anderen tropischen Gegenden ist dies keineswegs der Fall; so hat
man in Bombay den grössten liegenfall etwas vor oder nach Morgenanbruch
beobachtet. S. Magnetwal and Meteorological Observations. Bombay 1853;
Meteorological Results, p. 73. — Ich werde auf diesen Punkt anderswo zu-
rückkommen.
bis wir den oberen Theil eines anderen Thaies und etwas
weiter hin, an seiner Nordseite, das kleine Dorf Ssarara oder
A-ssarara erreichten. Dieses Dorf ist in zwei Gruppen ge-
theilt, zwischen denen sich unser Weg hinzog; die grössere
blieb uns zur Linken. Wir überschritten sodann ein niedriges
Felsenterrain, das von vielen kleinen Regenstrombetten durchschnitten
war, welche von den ansehnlichen Bergen zu unserer
Linken herabstiegen. Diese Rinnsale nähmen insgesammt
ihren Lauf gegen Süden und waren dicht mit Buschwerk
überwachsen.
Es war 9 | Uhr, als wir bei aufgeklärtem Himmel das
Thal von Tintellust*) erreichten. Es ist ein breites sandiges
Rinnsal ohne Krautwuchs, nur am Rande mit Buschwerk
eingefasst. Auf den niedrigen felsigen Vofhöhen an
der östlichen Seite lag ein kleines, kaum von den Felsen
umher zu unterscheidendes Dorf, Äf- die von uns lange und
ängstlich ersehnte Residenz Annür’s. Unsere Diener begrüss-
ten es mit einigen Schüssen, wir aber waren nicht aufgelegt
zu solchen Förmlichkeiten.
Wir wandten uns nicht in’s Dorf selbst hinein, das
an der östlichen Grenze der sandigen Thalsohle hegt, sondern
zogen ein wenig weiter südlich, indem wir uns an dem
Ausläufer des niedrigeren, meist in einzelnen Blöcken aufge-
*) Dies ist die einzig richtige Form des Namens. „Tin-tellust” bedeutet
„(die Stätte, das Thal) von der tellust”. — „Tin”, wie ich früher einmal angegeben,
ist ein den Besitz ausdrückendes Pronomen und entspricht vollkommen
dem Mughrebinischen gl.Ä/0. Es kommt in allen möglichen Namen vor,
sowohl in Orts- und Tribus-, als selbst Personennamen, wie in dem Namen
des bekannten Tin-Yerätan, des Sohnes Wasernbü's, des berühmten Königs von
Aüdaghost. Ganz fälschlich, mit bloss aus der Luft gegriffener Erklärung, hat
man es als „Brunnen” gedeutet.— „Tellust” ist die Femininform von „ellus”,
indem die Femininformen der Berber-Sprache die Eigenthümlichkeit haben,
nicht allein mit einem t zu beginnen, sondern auch damit zu endigen. S. die
vortreffliche Abhandlung von Neuman in der Zeitschrift für Kunde des Morgenlandes,
Bd. VI. 184-5, S. 275. .