516 XIX. Kapitel.
ren” in Temä-schirht, „ko-keu *) bërê” in der Emgédesi-und
„bäba-n-sserki” in der Haussa-Sprache.
Der Nächste an Autorität in der Stadt und in gewisser
Beziehung der Vezier oder Minister ist, und war allem Anscheine
nach auch in alten Zeiten, der „ko-keu gerégerë” **),
wörtlich „der Hofmeister” oder „Minister des Innern” (des
Palastes). Dies ist sein einheimischer Titel und von diesem
müssen wir ausgehn, wenn wir seinen wahren Charakter erkennen
wollen. Die Ausländer dagegen betrachten seine Würde
von einem ganz anderen Gesichtspunkt, nämlich insoweit er
mit ihnen in Beziehung trat. Die Araber nennen ihn daher
„Scheich el'Arab”, die Haussa-Leute „sserki-n-turaua” ***),
„Häuptling der Weissen”. Dies letztere ist denn auch der
Titel, unter welchem er gewöhnlich bekannt ist. Er war es
nämlich, der die Steuern von den aus dem Norden in die
Stadt eingeführten Waaren zu erheben hatte, — ein Amt, das
in früheren Zeiten, als ein beträchtlicher Handel getrieben
wurde, natürlicherweise von grösser Bedeutung war, und das
ihn also vorzugsweise mit den Arabern in Berührung brin-
*) In der Sonrhay-Sprache bedeutet „koi” oder „keu” Meister, Herr, und
wird nicht nur in anderen Zusammensetzungen, wie ,,kut-keu”, Schaafhirt, „bir-
keu” , ein Meister im Schiessen, u. dgl. m ., sondern auch als Titel für einen
Statthalter, wie „Tumbutu-keu” , Gouverneur von Timbuktu, „Djinni-keu”,
Gouverneur von Djinni, gebraucht. Ich schliesse daraus, dass „ko-keu” König
der Könige, grösster König, bedeutet.
**) Ein kühner Muthmasser könnte wohl auf den Gedanken kommen, dass
dieses Wort mit dem Gérgeri bei Ebn Batüta in Zusammenhang stehe, aber
ich glaube nicht daran.
***) „turaua” ist der Plural von „ba-türe” . „Türe” oder „türi” ist ein
altes, schon von Ebn Batüta (,Journal Asiatique, 1843, tome I, p. 201) erwähntes
Wort: „les hommes blancs qui professent les doctrines sonnites et
suivent le rite de M a lik , sont désignés ici (dans le royaume de Meile) p a r
le nom de ®as ^r°r^ sc^e^ a^s0 *n späterer Zeit in dio Haussa-
Sprache eingebürgert zu sein, und zwar als die Weissen bezeichnend. Ich
glaube, es hat Verwandtschaft mit „türa”, sich im Gebet niederwerfen, in Tul-
fulde, d. h. der Sprache der Eulbe. Ich habe nur noch zu erwähnen, dass es
n ie auf andere Stämme als Europäer und Araber angewendot wird.
gen musste, jetzt dagegen ist es zu einem ganz kleinen
Posten herabgesunken. In der That, das hauptsächlichste
Amt des sserki-n-turaua besteht unter den gegenwärtigen
Verhältnissen darin, jährlich die Salzkarawane der Kel-ge-
ress, welche den westlichen Theil des mittleren Sudan mit
dem Salze von Bilma versieht, von Agades nach Sokoto
zu begleiten und sie sowohl auf der Strasse zu beschützen,
als auch gegen übertriebene Erpressungen der Bewohner
jener Residenz zu sichern. Für diese Bemühung
erhält er im Durchschnitt einen „käntü”, das heisst so
viel als den achten Theil von jeder Kameelladung (acht
Kantü nämlich sind gleich drei Türkischen Kantaren). Dies
bildet eine für dieses Land beträchtliche Einnahme, im Allgemeinen
wohl von S- bis 10,000 Spanischen Thalern. Die
Karawane besteht nämlich immer aus einigen 1000 Kameelen
und gewiss nie in weniger als etwa 3000, worin jedoch auch
die Reservethiere eingerechnet sind; auch sind nicht alle Thiere
gleich schwer beladen. Der „käntü” Salz bringt im Sudan
5 - bis 7000 und 8000 Muscheln — „kurdl” — ein, was dem
Wertlie von zwei bis drei Spanischen Thalern gleicht kommt.
Unter diesen Umständen versteht es sich von selbst, dass
diese Beamten, welche zu gleicher Zeit auf ihre eigene Rechnung
Handel treiben, bedeutenden Reichthum ansammeln, und
Mohammed Boro sowohl, der frühere, als Aschu, der gegenwärtige
„sserki - n - turaua”, sind in Beziehung zu den ganzen
Verhältnissen des Landes sehr reiche Leute.
Wenn der sserki-n-turaua die Salzkarawane nach Sokoto
gebracht und ihre Angelegenheit mit dem Emir dieses
Platzes geordnet hatte, musste er ehedem nach Kanö
gehn, wo er einen kleinen Theil der 600 „kurdl” erhielt,
einer Steuer, welche von jedem auf den Sklavenmarkt gebrachten
Sklaven erhoben wird. Danach kehrte er mit den
Ivel - geress, welche den Markt zu Kanö besucht hatten, nach
Agades zurück. Ich habe aber im ferneren Verlauf meiner