meinem grossen Erstaunen erblickte ich die kleine, untersetzte
Fi gur meines Freundes Hamma, in abgemessenem Schritte,
seine Rechte hoch oben auf seinen eisernen Speer gestützt,
einherwandelnd. Ich hatte geglaubt, er sei nach Bilma gegangen,
wie uns gesagt worden war; er erzählte mir jedooh,
dass er, nachdem er die Salzkarawane am Anfänge der
Hammäda erreicht, dieselbe nur mit einem grösseren Vorrath
von Korn versehen habe und, nachdem er sich mit ihnen
berathen, zurückgekommen sei, um seinen alten Schwiegervater
in dem mühevollen Unternehmen, die unruhigen
Stämme einigermassen in Ordnung zu halten, zu unterstützen.
Wie streng geheim Alles bleibt, was in diesem halbbarbarischen
Lande geschieht, ist in der That bemerkenswerth,
und es trägt ohne Zweifel einen grossen Theil zu dem Einfluss
und der Macht des weisen Häuptlings von Tintellust bei.
Vier Tage später kam mein anderer Freund, Mohammed
der Einfältige, welcher die Expedition des Sultans von Aga-
des begleitet hatte, und war voll von den einzelnen Vorfällen
dieses kleinen Feldzuges. Weder Astäfidet, der Prinz der
Kel-owl, noch Abd el Kädiri, der in Agades residirende Sultan,
nahm thätlichen Antheil an dem Angriff. der „ssükkua”
—, sondern hielten sich in einiger Entfernung. Dies,
zeigt hinreichend, dass ihre Macht eine mehr nominelle als
wirkliche is t; denn unter solchen Stämmen, wie diese,
kann wirkliche Macht nur von einem kriegerischen Manne,
der seine Leute selbst in den Kampf führt, gehandhabt werden.
Aber ungeachtet aller ihrer heroischen Thaten rief
mein lustiger Freund, als ich ihn nach dem Ergebniss des
Ganzen fragte, ob der Zustand des Landes im Norden nun
geordnet und die Strasse sicher sei, mit einer bezeichnenden
Grimasse aus: „babu dädi”, „nicht eben heiter”. In welchem
Grade dieser Ausdruck euphonistisch war, ' hätten wir bald Gelegenheit
zu erfahren; denn am nächsten Tage kam die „Ma-
keria”, die Frau des „Mäkeri” Elias, um uns mitzutheilen, ein
Raubzug der E-faday hätte plötzlich Tin-tarh-ode überfallen,
und nachdem die zurückgebliebenen Bewohner, welche nicht
mit der Salzkarawane oder nach dem Sudan gegangen seien,
sich in die Berge geflüchtet, hätten sie zwei grosse Heerden
(„gerki”) Kameele und alles bewegliche Eigenthum fortgeschleppt.
So ungeordnet ist der Zustand dieses Landes, wo
die Häuptlinge, anstatt systematisch Rebellen und Raubzügler
zu bestrafen, dergleichen Vorfälle von Verbrechen nur als Gelegenheiten
benutzen, sich selbst mit dem Raube zu bereichern.
Die E-faday zählen nicht mehr als zweihundert bis dreihundert
Speere, aber sie werden gewöhnlich von den Igam-
men und Edelen, zwei Stämmen der Imrhäd, welche oben
erwähnt sind, unterstützt. Die Zustände waren zu bedrohlich,
als dass sie langen Verzug erlaubten. Am nächsten Tage
machte sich der alte Häuptling, von Hamma und sieben
anderen treuen Gefährten begleitet, auf seinem schnellen
Meheri nach Tin-teyyat auf, um dort den alten Mällem Asöri
— „den Weisen Airs” unter diesen bedrohlichen Umständen
um Rath zu fragen; denn die Gefahr, die dem Lande aus so
beunruhigtem Zustande drohete, war nicht gering, da der
Häuptling seihst gerade im Begriffe stand, nach dem Sudan
abzureisen. Die E-faday nämlich, sich wohlbewusst, dass
die Strafe sie bald erreichen würde, wenn sie blieben,, wo
sie wären, hatten ihre Familien und das geringe Besitzthum,
das ihnen geblieben, zusammen mit dem Raube, den sie von
den Anisslimen gemacht, zusammengerafft und ihre Heimath
in Fade-angh verlassen. Sie hatten sich zu ihren Freunden,
den Hadänara, begehen und konnten von hier aus den Kel-owl
grossen Schaden zufügen und ihre Verbindung mit Rhät
abschneiden. Der „Weise” nun, eifrig für die Wohlfahrt
seines Vaterlandes bedacht, hatte, sobald er von diesen Umständen
Nachricht bekommen, diesem gesetzlosen Volke Leute
nachgesandt, um sie zu überreden, die geraubten Kameele
wieder auszuliefern und selbst wieder in ihren heimathlichen