474 XVII. Kapitel.
mein Zimmer von Wolken erstickenden Staubes erfüllt, da
der Fussboden ganz aus Erde bestand. Durch die Ankunft
des jungen Slimän, welcher sich ebenfalls in die Schlägerei
mischte, wurde dieselbe zu einer wirklich bedenklichen
Sache. Meine Freunde benahmen sich durchaus wie Kinder;
wenn sie ausgingen, verfehlten sie nie, allen ihren Schmuck
anzulegen, den sie, sobald sie zurückgekommen und eben
eingetreten waren, von sich warfen und mit ihren alten schmutzigen
Kleidern vertauschten..
Die Ungemüthlichkeit unserer Wohnung war bei meinem
Aufenthalt in Agades eines der unangenehmsten Verhältnisse.
Gern entzog ich mich den düsteren, unfreundlichen Mauern;
besonders pflegte ich, während die Sonne hinter den gegenüberliegenden
Häusern unterging , vor unserem Hause auf-
und abzuspazieren. Während ich auch heute meiner Gewohnheit
nachging, inachten sich zwei Häuptlinge der I-ti-ssan
an mich und versicherten mich ihrer Freundschaft und Achtung.
Es waren schöne, schlanke Männer, doch ziemlich
schmächtig, mit edlen Gesichtszügen und von sehr heller
Farbe; ihre Gäule waren mager wie sie selbst und von
schwarzer Farbe. Ihre Kleidung war einfach, aber geschmackvoll
und sorgfältig; auch sie trugen die „Perlhuhn-” oder
„Pfeffertobe” („tekätkat tailelt” oder „fiLfil”), so benannt wegen
der gesprenkelten Farbe des aus Seide und Baumwolle
durchwobenen Stoffes, der bei allen Tuareg, von Rhät bis
Haussa und vonÄläkkos bis Timbuktu, so beliebt ist*). Die
aus demselben Stoff bestehenden weiten Hosen haben unten
eine etwa zwei Zolls breite Borde, die dicht anschliesst und
in verschiedenen Farben gestickt ist. Dass Keiner der Tuareg
von reinem Geblüt sich herabwürdigen würde, auf seinem
*) Ich selbst trug während des letzten Theiles meiner Reise fortwährend
eine Tobe dieser Art; der Hauptschmuck derselben wird im nächsten Bande
dargestellt werden.
Zwei Häuptlinge der I-ti-ssan; Weg zum Abschied vom Sultan. 475
Kopf die rothe Mütze zu tragen, habe ich schon oben be^
merkt..
[Montag, 2Ptm Oktober.] Zeitig am nächsten Morgen
machte ich mich mit Hamma auf, um vom Sultan Abschied .
zu nehmen, der während dieser Tage zu beschäftigt gewesen
war, um mir eine Audienz zu ertheilen. Ich drang in Hamma,
dass er von dem Vertrage sprechen solle, obwohl ich selbst
vollständig erkannte, welche Schwierigkeit es habe, den Argwohn
zu überwinden, welchen ein verwickeltes, in viele Abschnitte
eingetheiltes und verklausulirtes Dokument, in einer
den Eingeborenen gänzlich unbekannten Form abgefasst, hervorbringen
würde, und wie wenig Wahrscheinlichkeit es habe,
dass es zu einer Zeit unterzeichnet werden würde, wo der
Sultan mit Geschäften überhäuft war. Auf dem Wege nach
der Fäda begegneten wir Aschu, dem gegenwärtigen Sserki-
n-turaua, einer grossen, kräftigen Gestalt, die auffallend mit
der einfachen Kleidung kontrastirte; denn er war ganz in
Weiss gekleidet,, was wohl als Abzeichen seiner Autorität
über „die Weissen” , die Turaua, angesehn werden könnte.
Er soll ein sehr wohlhabender Mann sein, und wir werden
weiter unten sehn, wie das Amt, das er bekleidet, ihm eine
für diese Länder sehr ansehnliche Einnahme sichert. Er
beantwortete meine Höflichkeiten mit grösser Freundlichkeit,
liess sich in eine Unterhaltung über die Verschiedenheit unseres
und seines Landes ein und befahl einem seiner Begleiter,
mich nach einem kleinen Garten zu führen, welchen er
bei seinem städtischen Hause angelegt ha t; ich sollte nämlich ;
sehn, welche Pflanzen wir mit ihnen gemein hätten. Natürlicherweise
war nichts unseren Pflanzen Ähnliches da, und
mein Führer fasste eine sehr niedrige Ansicht: von unserem
Lande, als er hörte, dass wir nichts von allen den Gewächsen
ihres Landes besässen, weder Senna, noch Bamia, noch Indigo,
noch Baumwolle, noch Negerkorn, noch die Dümpalme,
endlich nicht den herrlichsten aller Bäume der Schöpfung,