lassen, aber es verbreitete sich die Nachricht, dass am folgenden
Tag ein grösser Zusammenfluss von Mehära statthaben
würde, um eine Hochzeit im Dorfe zu feiern. Wir waren
nämlich genöthigt, hier zu bleiben, um auf die Rückkehr
unserer Kameele zu warten, und es war daher ein Glück,
dass ringsum in der Nachbarschaft so ungeheuere Regengüsse'
fielen, dass am 1. September unser ruhiges Thal in das breite
Bett eines reissenden Stromes verwandelt wurde. Hierdurch
wurde allerdings unser Eigenthum in die grosste Gefahr gebracht,
aber auch das Vorhaben der Ansammlung einer Anzahl
von Kriegsvolk unterbrochen, und was ein grosses Übel
schien, bewahrte uns so wahrscheinlich vor einem viel bedeutenderen.
Da wir eben erst der Gefahr, welche uns von dem Fanar
tismus und der Raubgier der Menschen drohte, glücklich entgangen,
war es wahrlich eine schwere Prüfung, nun gegen ein
Element kämpfen zu müssen, dessen Macht in dieser Übergangszone
wir weit entfernt gewesen waren richtig zu würdigen
oder anzuerkennen. Gewiss hatten wir kein warnendes Beispiel
vor uns, um die Möglichkeit zu erwägen, dass in diesen
beziehungsweise so trockenen Landschaften ein Thal von mehr
als % Meile Breite in 24 Stunden in das Bett eines Stromes ■
verwandelt werden könnte, welcher reissend genug wäre, die
schwersten Gegenstände, selbst ein so grosses und starkes
Thier wie das Kameel mit sich fortzureissen. Es war daher
eine ausserordentliche, fast kindische Freude, mit der wir
uns am Nachmittag des bezeichneten Tages in gegenseitiger
Aufmunterung aufmachten, den Strom zu betrachten, der
eben anfing, seine Fluthen im Thale entlang zu wälzen. Es
war dies ein höchst anmuthiger und erfrischender Anblick;
am folgenden Tage dagegen entwickelte derselbe Strom ein
grossartiges Bild der Zerstörung, das uns einen Begriff von
der Sündfluth zu geben vermochte.
Ich will zu der Beschreibung der Fluth, wie sie von Herrn
Richardson gegeben worden ist, nichts hinzufügen, aber ich
möchte die folgenden Umstände, welche von ihm nicht ganz
in das richtige Licht gestellt worden sind, erwähnen.
Als endlich eine halbe Stunde nach Mittag die Fluthen anfingen,
sich zu verlaufen, während eine Anhöhe nach der ändern
sich aus dem Strome erhob und wir unser Asyl auf der
kleinen Insel ausser Gefahr sahen, nachdem sie, von allen
Seiten von der zerstörenden Wuth eines tobenden und zu der
Grösse eines bedeutenden Flusses angeschwollenen Bergstromes
angegriffen, eine Scholle nach der anderen preisgegeben
hatte und kaum noch Platz genug für unsere ganze Gesellschaft
und unser Gepäck darbot, — erschien plötzlich an dem
westlichen Ufer eine Anzahl Mehära, während zu gleicher Zeit
die ganze Einwohnerschaft von Tin-tarh-ode in voller Schlachtordnung
von der anderen Seite anrückte und sich in regelmässigen
Gruppen theils rund um unsere Zufluchtsstätte,
theils den Tinylkum gegenüber aufstellte.
Während wir mit Misstrauen auf diese Vorbereitungen sahen,
namentlich da alle unsere Feuerwaffen nass geworden
waren, nahete sich der böswillige Mochammed unserem Hügel,
und indem er einen bedeutsamen Blick auf mich warf,
rief er aus: „Sieh’ da, welch’ eine Menge Menschen!” Er
hatte mir am Nachmittag zuvor, als er sich frech auf meinen
Teppich gesetzt hatte und ich ihn ersuchte, mir diese einzige
Bequemlichkeit zu lassen, mit den verständlichsten Worten
und im kaltblütigsten Tone gedroht, „dass ic h in der folgenden
Nacht auf dem Boden des Thaies, e r aber auf meinem
Teppich Regen würde”. Durchaus nicht eingeschüchtert durch
seine Bosheit, obwohl keineswegs der freundRchen Gesinnungen
jener Leute gewiss und in etwas zweifelhafter Stimmung,
entgegnete ich ihm, dass die Mehära unsere Freunde seien,
welche- der Häuptling Annür gesandt habe, um uns nach
Tintellust zu geleiten. Mit drohender Geberde erwiederte er,
dass ich mich traurig enttäuscht fühlen würde, und ging