quartieren. Hier schlugen wir denn unser Zelt auf. Es war
9 Uhr Abends, und wir waren ausgehungert und ermüdet.
[Mittwoch, l f r * Februar.] Wir mussten dem Gouverneur
einen Besuch machen, und er so gut wie der Agha empfing uns
mit der den Türken eigenen Höflichkeit. Um uns eme Ehre-
zu erweisen, liess er die aus 200 Mann bestehende Besatzung
vor uns Kevue passiren; es waren gut aussehende und gut
gehaltene, o b g l e i c h im Allgemeinen etwas junge Leute. Darauf
zeigte er uns die Vorrätbe, welche stets für den Fall
eines Aufstandes in guter Ordnung gehalten werden, aber
nutzlos sind, so lange der Befehl unwissenden und unehrlichen
Leuten übertragen wird. Obwohl das Kasr ausser allen
diesen kriegerischen Vorkehrungen auch mit einer ausgezeichneten
Cisteme versehn ist, wurde es im vorigen Jahre
(1855) doch augenblicklich aufgegeben und dient jetzt den
Arabern als Rückhalt; es wird sich nun zeigen müssen, oh
die Türken es ebenso schnell werden wieder einnehmen können,
als sie es aufgegeben haben*). Es ist auf einem Sporn
oder Vorsprung des Plateau’s erbaut und schaut gegen Süden
in das Wadi Rumäna, gegen Norden auf die hügelige
Landschaft hinah, die zwischen ihm und dem Berge Tekut
liegt, und beherrscht die grosse Strasse inV Innere.
Nachdem wir in unser Quartier zurückgekehrt waren, brachen
Overweg und ich etwas nach Mittag zu einem Ausflug
nach dem Berg Teküt auf, der uns sowohl seiner Höhe als
Gestalt wegen eines Besnches werth schien. Da jedoch unsere
Esel von gestern her sehr ermüdet waren, mussten wn-
zu Fusse gehn. Wir stiegen den Abhang auf dem „trik
tobbi” genannten Weg hinunter. Letzterer, von den Türken
angelegt, soll seinen Namen nach einer Quelle, welche vom
♦1 Auch diese Stelle des Tagebuches habe ich so gelassen, obgleich gegenwärtig
die Umstände sich geändert haben und es den Türken nach emigen
Verlusten gelungen ist, den Aufstand an unterdrücken.
östlichen Theile des Thaies kommt, erhalten haben; eine andere
den Abhang hinabführende Strasse, die nach einigen
Dattelbäumen „Um el nechel” heisst, ist weiter ostwärts.
Nach einem rüstigen Marsch von l j Stunden, der uns zuletzt,
nachdem wir das Dorf Guässem hinter uns gelassen,
durch Olivenwäldchen und zwischen unterirdischen Wohnungen
hindurch führte, erreichten wir den Ostfuss des Berges.
Overweg wandte sich hier nach der Südseite, um von da
aus den Kamm zu ersteigen; ich dagegen wählte die über uns
sich thürmende steile Felswand, welche wegen vereinzelter
grösser Blöcke und Steine, mit denen ihre Oberfläche ganz
bedeckt war, dem Ersteigen Schwierigkeiten in den Weg
legte. Indessen war sie nicht eben sehr hoch, und ich hatte,
nachdem-ich sie einmal erstiegen, leichteres Fortkommen,
indem ich mich an dem Kranz entlang hielt, welcher, in der
Form eines vollkommenen Halbzirkels allmählich ansteigend,
mich zur höchsten Erhebung an der Nordseite des Berges
führte. Sie steigt 2800 Fuss über das Meeresniveau an.
■Nur die letzte Spitze bot einige Schwierigkeiten, da ihr
südlicher Abhang mit grossen Blöcken bedeckt war. Auf dem
Gipfel des Berges befindet sich die Ruine einer Kapelle des
Ssi Ramadhän;; doch glaube ich, dass sie nur . sehr selten
besucht wird. Der Bergkranz oder Krater, welcher auf der
Südseite eingefallen ist, schliesst eine vollkommen runde,
kleine Ebene, gerade wie ein Amphitheater, ein. Sie.heisst
„Sch'ähet Teküt”. Overweg kam über diese Ebene, da er
durch die natürliche .Öffnung eingetreten war, hatte aber
nun einen sehr hohen und schroffen fortgesetzten Abhang
vor sich. Obgleich der Berg entschieden ein in früheren
Zeiten thätiger Vulkan gewesen zu sein scheint, erklärte
doch Overweg das Gestein nicht für reinen Basalt.
Die Aussicht war sehr ausgedehnt, da dies einer der höchsten
Punkte in der ganzen bergigen Region ist, und ich
konnte die Winkel mehrerer hervorragenden Anhöhen neh-
Barth's Reisen. I. 7