den Brunnen zu sehn, der in westnordwestlicher Richtung etwa
4 Meilen von unserem Lager entfernt lag, hinter einem kleinen
Dorfe Namens Obrässen, an den Yorhöhen des Bonday,
und er fand, dass es vielmehr ein kleiner Kessel sei, welcher
in einiger Höhe zwisohen den Felsriffen gebildet war und
den Angaben- der Anwohner zufolge sein Wasser von einem
Quellbom erhielt. Überhaupt streifte Dr. Overweg, der jetzt
wieder vollkommen hergestellt war, während der letzten
Zeit unseres Aufenthaltes in Tln-teggana vielfach umher und
würde, wenn es ihm vergönnt gewesen wäre, die Heimath
wiederzusehn, mit seinem gewandten geologischen Blick viel
zu richtigerer Kenntniss dieser Gegend beigetragen haben,
So fand er auf der östlichen Seite des Thaies, unweit der
Kuppe des Adöde, kleine Basaltkuppen, und man sollte meinen,
dass jene Kuppe selbst aus dem nämlichen Gestein bestände.
Ich war nicht wenig überrascht, als ich an einem dieser
Tage von Mohammed Byxdji, Annür’s Enkel, der nach Hadj
Abdua die nächste Anwartschaft auf das Häuptlingsthum
hat, hörte, dass der Letztere mit el U-ssu oder Lü-ssu,
dem einflussreichen Häuptling von Asaneres und el Hossen
schon vor 6 Tagen nach Süden aufgebrochen wäre, um
die nöthigen Lebensmittel für die Salzkarawane einzukaufen.
In der That, in diesem kleinen Lande geht immer
etwas vor sich, und alle Welt scheint ein sehr bewegtes und
ruheloses Leben zu führen. Es ist daher keineswegs zu verwundern,
wenn die Leute selbst, wenigstens die Mehrzahl
derselben, auch ihrem Ursprünge nach die Kinder leicht
geknüpfter, vorübergehender Verbindungen sind. Vielleicht
nirgends gibt es weniger ein Familienleben und sind die
Bande des ehelichen Lebens loser, als unter diesen eigentlichen
Kel-owi; aber man würde sehr irren, wenn man hierin
die freieren, unvermischten Stämme mit einschliessen wollte,
die in einiger Entfernung von diesem Mittelpunkt des Salzhandels
leben. Und doch ist selbst in Tintellust, und sogar
im Hause des Häuptlings, ein kleiner Familienkreis, der sich
wenigstens gelegentlich zusammenfindet.
[Donnerstag, öte^Dezemberm Endlich traf der erste Trupp .
der Salzkarawane von Bilma ein, und damit eröffnete sich die
Aussicht unseres baldigen Abzuges aus Asben, das uns jetzt
schon ganz heimathlich an sich schloss. Das Verhältniss
dieses Landes zu Bilma war so wichtig, dass wir, sobald wir
von unserem längeren hiesigen Aufenthalte überzeugt waren,
erstrebt hatten, uns selbst mit jenem wichtigen Punkte in Verbindung
zu setzen, und Herr Overweg hatte mit lobenswer-
them Eifer versucht, den Häuptling zu bewegen, dass er ihm
erlauben möchte, die Salzleute zu begleiten. Aber während
es Annür’s eigenes Interesse war, dass Einer von uns nach
Agades gehn möchte, um uns den titulären Oberherrn des
Landes zu befreunden, so konnte ihm doeh nichts daran
liegen, dass wir Bilma von hier aus besuchten; im Gegentheil
mochte er ein solches Unternehmen in Rücksicht auf unser enges
Verhältniss zu den Türken mit einigem Argwohn betrachten.
Bekannt mit der überaus wüsten Natur der zu durchziehenden
Landschaft und mit der Schwierigkeit und Eilfertigkeit
der Arbeit des Salzladens selbst, wünschten wir sehnlich,
mit den von so schwierigem Werke Heimkehrenden in Berührung
zu kommen; aber sie wurden nicht sichtbar, sondern
hielten sich zu weit westlich von unserem Lager, nach dem
Brunnen zu.
Am folgenden Abend jedoch kamen einige Freunde und
Parteigänger des alten Häuptlings, zu Mehära beritten, und
wurden von den Frauen mit einem lauten, schrillen Ruf
des Willkommens s—s „tirleläk” (Plur. von „tarlfllik”) , sehr
ähnlich dem Freudenruf „tehlil” *), der Araber — be-
grüsst.
*) Es ist dasselbe Wort.