111mg der eigentkümlichen Sudanklette oder vielmehr des Pen-
msetum dtstichum, das an der Strasse nach Agades so viel
nördlicher gedeiht, von dem wir aber seihst im Pflanzenreichen
Thale Unän verschont gebliehen waren. Als wir uns lagern
wollten, hatten wir nicht wenig Schwierigkeit, eine Stelle
zu finden, welche von dieser Plage des Afrikanischen Reisenden
leidlich frei gewesen wäre. Aber selbst das nützte wenig;
denn der starke Wind führte die stachelige Samenkapsel
selbst aus weiter Entfernung herbei. — Unsere ganze
Feier des Sylvesterabends beschränkte sich auf ein Gericht
von zwei Strausseneiern, und nüchternen Sinnes legten wir
uns frühzeitig nieder.
[Mittwoch, Ptm Januar f&5/.] Der Zustand, in welchem
die verschiedenen Mitglieder der Karawane, Berber, Haussa-
Leute, Tebu, Araber, Mischlinge, Engländer und Deutsche,
am Morgen von ihrem Nachtlager sich erhoben, war ein in
hohem Grade kläglicher und bedauerlicher und zeigte das
menschliche Dasein in aller seiner Schwäche und Hinfälligkeit.
Jeder dachte nur an sich, wie ersieh zusammengekauert vor
der schneidenden Kälte schützen möge. Niemand dachte an
zeitigen Aufbruch; mehrere Kameele hatten sich verloren. Als
endlich die durchdringende Kälte nachzulassen begann und
die Thiere wiedergefunden worden waren, suchte ein Jeder
sich selbst und seine Decken von den Kletten zu reinigen, die
wie Nadeln jeden weicheren Stoff fest zusammenhielten. Was
der Eine eben mit grösser Mühe von seinen Gewändern abgelöst,
wurde vom heftigen Winde alsbald einem Anderen
zugetragen. In unbehaglichster Stimmung brachen wir endlich
um 9£ Uhr auf. Für mich indess war es ein wichtiger
Tag, an welchem mir fürstliche Gunst in auffallender Weise
erzeigt werden sollte.
Ich bemerkte oben, dass an dem Tage, als ich nach Agades
abreiste, der alte Häuptling den zurückbleibenden Mitgliedern
unserer Gesellschaft einen Bullen zum Gastgeschenk
gemacht hatte. Von diesem Geschenke nun, obwohl
ich die Hauptursache dazu gewesen war, hatte ich nichts
gemessen können, und da es das einzige Zeichen von Gastfreundschaft
und Freigebigkeit war, das Annür uns gegeben
hatte, war mir von ihm noch kein Geschenk irgend einer
Art zu Tkeil geworden. Vielleicht war unser freigebiger
Freund sich dessen selbst bewusst und wollte mir ebenfalls
einen wohlgefälligen Beweis seiner fürstlichen Huld
geben. Ich fürchte indess, dass er zu gleicher Zeit noch
einen ganz anderen Beweggrund zu dieser grossmütliigen Handlung
hatte. Er hatte nämlich mehr als einmal meine Türkische
Jacke gelobt, und ich hatte ihn mit einem Rasirmesser
oder sonst einer Kleinigkeit getröstet; er hatte unverholen
meinen warmen, schwarzen Bernus begehrt und auf seine
verständlichen Anspielungen nichts zur Antwort erhalten, als
dass ich meine warme Kleidung enger an mich zog.
Um die Ermüdungen der Reise leichter ertragen zu können,
hatte er schon längst den kleinen, engen Iügi, d. i. Mekeri-
sattel, mit dem breiten Packsattel — „elakef” — vertauscht
mit einer Salzladung als solider Unterlage. Seine Abtheilung
des Airi zog gerade in mehreren langen, eng an einander
geschlossenen Reihen neben einander her. Er war in seiner
Reihe einer der Ersten, während ich auf meinem Bü-saefi, der
nach dem Verluste meines schlankeren Meheri wieder mein
Lieblingssattelthier geworden war, ausserhalb der Züge ritt,
von ihm durch mehrere Reihen getrennt. Er rief mich beim
Namen, und als ich seinem Rufe geantwortet, forderte er
mich dringend auf, zu ihm zu kommen. Ich hatte einige
Noth, mit meinem etwas schwerfälligen Arabischen Kameel
alle die Reihen zu umgehn und ihm nahe zu rücken. Endlich
hatte ich ihn erreicht, und er fing nun an, über die durchdringende
Kälte zu klagen, von der er selbst so viel leide,
während ich in meinen warmen Kleidern mich ganz behaglich
zu fühlen schiene. Darauf fragte er, ob uns die Straussen-
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