ihre Gebete zu verrichten, während die Frauen eifrig damit
beschäftigt waren, Vorräthe für die bevorstehende lange
Reise ihrer Ehemänner in Bereitschaft zu setzen. Zwischen
beiden Gruppen spielten heiter die Kinder. Etwa fünfzig bis
sechzig Hütten lagen hier umher, die meisten in Gruppen
vertheilt, andere einzeln stehend, einige mit spitzen Dächern,
andere mit flachen; alle trugen das Ansehn von Reinlichkeit
und Ordnung. Ausser ihren Kameelen, welche den Hauptr
reichthum der Leute ausmachen, da durch diese die Möglich-
keit gegeben ist, jene langen jährlichen Reisen nach dem Sur
dan zu unternehmen, besitzen sie noch eine beträchtliche
Menge von Schaafen. Zwei unserer Kameelführer, Ibrahim
und Sliman, welche ich noch öfter zu erwähnen Gelegenheit
haben werde, besassen in Gemeinschaft mit ihrer Mutter und
Schwester etwa 200 Schaafe, welche sie auf den schönen
Weidegrund von Terhen im Wadi Berdjüsch sandten.
Auf der ostnordöstlichen Seite des Dorfes erhob sich ein
Hügel, etwa 100 Fuss hoch, aus Sandstein-Schutt bestehend.
Er erstreckte sich in östlicher Richtung und auf seinem Gipfel
war eine Gebetnische oder „mämber”, auf dem Boden mit
Steinen ausgelegt. Von hier hatte man eine sehr schöne Aussicht
über die Thalebene. Nebst einer kahlen Fläche, die sich
an seiner Nordseite ausdehnt, bildet dieser Hügel eine Art
natürlicher Scheidung in dem flachen Thale, wodurch der
Ethelbaum auf den westlichen Theil beschränkt wird, während
alle Sandhügel in der östlichen Verlängerung mit Palmbüschen
bedeckt sind. Diese Falmbüsche bieten in der Entfernung
die Erscheinung eines dichten Wäldchens.
Von dem Hügel hinabsteigend, kam ich in nördlicher Richtung
an das Grabmal des Hadji Ssälemi, eines Bruders des
Scheich, welcher in Mursuk residirt. Es ist hübsch geschmückt.
Weiterhin begegneten wir einer Gesellschaft Tinylkums auf dem
Wege nach dem Wadi, wo eine grosse Anzahl derselben wohnt.
Eine andere Abtheilung dagegen hat ihren Wohnort bei der
Die grosse westliche Naturstrasse. 187
Stadt Sebha, zwischen Sokna und Mursuk. Der ganze Stamm
besteht aus etwa 350—-400 Familien, welche im engsten
Verbände leben und wie mit Einer Seele handeln, „wie Mehl,
das durch die vielfachen Löcher eines Siebes in einen und
denselben Topf fällt” — dies ist das Bild, das sie selbst gebrauchen,
um die eng verschlungenen Bande ihrer kleinen
Völksgemeinde zu bezeichnen. Dennoch aber können sie sich
nicht enthalten, zuweilen eine hübsche Fesänerin in ihre Familienverhältnisse
hineinzuziehen, wodurch ihr Blut nicht ganz
unvermischt geblieben ist. Einige Familien jedoch haben einen
ganz reinen Berbercharakter bewahrt.
. Um Mittag kam die auf ihrem Heimweg begriffene Pilgerkarawane
der Tuati an, welche so lange bei Mursuk gelagert
gewesen war. Sie bestand dies Jahr nur aus 114 Personen
mit 70 Flinten, während sie mitunter 500 Personen zählen
soll. Ihr Häuptling oder „Scheich e’ rakeb” war ein wohl-
bekannter, intelligenter Mann, Namens 'Abd el Kader, in
Timlmun heimisch; er war der Anführer der Karawane schon
öfter gewesen. Sie lagerten unweit unseres Lagers auf einem
grossen freien Platze.
Genöthigt, ein anderes Kameel für mich zu kaufen, um
eines für unseren Diener Mohammed e’ Tünssi zu haben, da
die Tinylkums sehr sorgfältig mit ihren Thieren umgehn und
es nicht gern sehn, wenn sie während der langen Tagemärsche
einen Reiter zu tragen haben, erhandelte ich Nachmittags ein
solches von Hadj Mohammed. Es war ein schöner, sehr hoher
Meheri und kostete 69 Rial Fesan oder 55 Spanische Thaler.
Ehe es mir jedoch gelang, ihn ganz zahm und leitbar zu machen,
ward er mir in der Folge von den Effede geraubt.
[Montag, Uten U Ich machte einen grösseren Ausflug
in den östlichen Theil des Wadi. Da es sich nach dieser
Richtung abwärts senkt, sammelt es mehr Feuchtigkeit und
ist mit einigen Gruppen wilder Palmbäume geschmückt, die
ganz sich selbst überlassen bleiben. Das Thal nimmt seine