Ich bedaure, dass ich von meinem Begleiter nicht den Namen
seines besonderen Stammes erfahren konnte. Er und
sein Gehülfe waren geschäftig, sehr niedliche Sandalen zu
machen, und ein sehr stattliches Paar, das eben fertig
war und das ich von den besten, die in Kanö gefertigt
werden, nicht übertroffen fand, wurde der Gegenstand eines
langen, erfolglosen Feilschens. Am nächsten Tage indess gelang
es Mohammed, sie für einen Mithkäl zu erhalten. Meine
Schuhe waren diesen Emgedesischen Schuhmachern ein Gegenstand
grösser Neugierde und sie gestanden ihre Unfähigkeit
ein, etwas Ähnliches fertigen zu können.
Auf dem Rückwege nach unserer Wohnung begegneten
uns mehrere zu Pferde berittene Männer, mit denen ich
genöthigt war in längere Unterhaltung mich einzulassen,
als ich in meiner Lage auf offener Strasse zu thun gewünscht
hätte. Ich bemerkte dabei, dass mehrere von ihnen
anstatt mit Speeren mit Pfeil und Bogen bewaffnet waren.
Dies schien mir anfangs, auffallend, doch fand ich nachmals
gerade die kriegerischsten Stämme der Fulbe, besonders die
muthigen Streiter von Foga, auf dieselbe Art bewaffnet und
wurde so mehr an diese berittenen Bogenschützen gewöhnt.
Auf derselben Waffengattung scheint in der That die Stärke
der Assyrischen Armeen beruht zu haben. Beinahe alle
Pferde sind mit „karauraua”, Reihen kleiner Schellen, die
am Kopfe befestigt werden, versehen. Diese verursachen ein
grosses, ununterbrochenes Geräusch und machen mitunter
glauben, dass eine grosse Anzahl Reiter im Anzug sei, während
es in Wirklichkeit nur wenige sind. Die Pferde waren
im Allgemeinen in sehr unansehnlichem Zustande, obwohl
von ziemlicher Grösse; sie werden natürlich hier schlecht
gefüttert, da Korn verhältnissmässig theuer ist.
Meine heutigen Erfahrungen von so mannichfaltiger Art
Hessen mich einen Blick in eine so ganz neue Lebenssphäre
thun, so dass ich genügenden Stoff zu Betrachtungen
hatte, als ich mich am Abend auf meiner Matte vor der
Thüre meines dunkeln, unbehaglichen Gemachs ausstreckte.
Aber auch für mein körperliches Wohlbefinden war gesorgt.
Der Sultan war freundlich genug, mir ein sehr schmackhaftes
Gericht „finkä-ssö” zu senden; obgleich diese prinz-
liche Kost nichts ist, als eine Art dicken Pfannkuchens,
aus Waizenmehl ohne Eier gebacken; aber reichlich mit Butter
durchzogen, schien sie mir nach meiner abscheulichen
Kost in Tintellust doch der grösste Leckerbissen.
[Sonnabend, 12&n Oktober.] Da ich am gestrigen Tage
einen interessanten Blick in das Innere der Stadt geworfen,
war ich nun begierig, einen Überblick über das Ganze zu
erhalten. Ich erstieg demnach die Terrasse unseres Hauses
und war sehr erfreut, meinen Zweck vollkommen zu erreichen;
nur den östlich von unserem Hause gelegenen Theil der
Stadt konnte ich nicht überschauen.
■ Agades ist ganz auf einer flachen Ebene erbaut, welche
nur von’kleinen Hügeln unterbrochen wird, die vom Schutt
und Gerümpel, welches die Leute in ihrer Nachlässigkeit im
Innern aufgeworfen haben, entstanden sind. Ausserdem ist
die Linie, welche durch die flachen Terrassen der Häuser
gebildet wird, nur von der Me-ssälladje miterbrochen und
von etwa 50 oder 55 Häusern mit zwei Stockwerken, endlich
von drei Fächerpalmen und fünf oder sechs Talhabäumeü.’
Besonders die Cucifera auf dem Platze südwestlich von unserer
Wohnung gab dem Ganzen einen lebendigeren Charakter,
während der so barbarisch rohe, aber höchst eigenthümliche
Thurm mir bei meiner Niederlegung des Stadtplanes zur
Basis diente. Auch unser Haus war ursprünglich mit einem
oberen Stockwerke oder eigentlich mit einem vereinzelten
Dachzimmer versehen' -lg denn im Allgemeinen besteht der
obere Stock nur darin aber dieses war der Zerstörung
der Zeit unterlegen, da der alte geizige Häuptling sein hier
wohnendes Weib nur sehr karg hielt, und diente jetzt nur noch