Wir waren auch so glücklich, in Tunis einen Diener zu finden,
den Sohn eines befreiten Gobersklaven, der einen höchst
nützlichen Reisehegleiter hätte ahgehen können, wenn nicht
durch unglückliche Umstände seine Fehler die Überhand
über seine guten Eigenschaften errungen hätten. So verlies-
sen wir Tunis mit einem hübschen Vorrath nützlicher und
schmucker Artikel am Nachmittag des 30sten Dezember und
brachten die erste Nacht in Hammam el Enf zu. Vor drei Uhr
Morgens des letzten Tages im Jahre 1849 verliessen wir unser
Quartier hierselbst und folgten dem reizenden und anziehenden
Wege über Krumbalia, das ein ebenso lebendiges
Beispiel der Schönheit und Fruchtbarkeit des Tunesischen
Gebietes ist, als des unglücklichen, kläglichen Zustandes, zu
dem es herabgesunken ist. In der That ist dies schön gelegene
Dorf jetzt nichts als ein Haufe Ruinen. Wir liessen dann
die schönen Gärten von Turki zur Seite, die eine beschränkte
Stätte des Anbaues in einer weiten wüsten Fläche des schönsten
Fruchthodens bilden ; dann liessen wir el Chtün zu unserer
Rechten und erreichten el Arhäln.
Diese beiden Plätze gemessen eines hesondern Rufes bei den
Eingeborenen. El Chiün soll einst ein dichtbewohnter Ort
gewesen sein, aber seine Bewohner, so heisst es, starben an
den Wirkungen einer verderblichen, mit Erdharz geschwängerten
Quelle, die, nachdem sie so viel Menschenleben zerstört,
wieder verschwand. El Arbärn, die Stätte der „Vierzig”,
nämlich der vierzig Blutzeugen, ist eine heilige Stätte, und
unser Maulthiertreiber 'Ali nahm in seinem frommen' Eifer
eine Handvoll des heiligen Erdreiches auf und besprengte uns
damit. Unzweifelhaft hat diese heilige Weihe das Ihrige zu
meinem Erfolge beigetragen, während es einem blossen Zufalle
zuzuschreiben ist, dass sie keinen Einfluss auf das Geschick
meines Begleiters geübt hat. Immerhin war el Arbärn,
geschmückt mit einigen einsamen Palmbäumen, ein höchst malerischer
Punkt und erregte eine anmuthige Rückerinnerung
in mir. Es war mir damals ganz peu,,. da ich es auf meiner
früheren Reise im Dunkel der Nacht'passirt hatte.
Indem wir uns dann in wilder, von einem dichten Unter-
gebüscb von Myrten überwachsener Ebene hielten, tauchte
in der Entfernung der so schön geformte, malerische Berg
Saghuan, die heilige Bergkuppe der alten Einwohner, in seiner
majestätischen Gestalt auf, bis wir eine Stunde nach Mittag
den „btr el hmta” , den „Brunnen des Geinächleins”, erreichten.
Das kleine Gemach hatte jedoch einem höchst anständig
aussehenden, weissgewaschenen Chan Platz gemacht,
wo wir in einem reinen Gemache unser Quartier nahmen.
Aber unser jugendlicher Muth nahm so hohen Flug, dass er
uns nicht lange Rast erlaubte, und ein Viertel vor elf Uhr
Abends sassen wir wiederum auf unsem Maulthieren.
Ich werde nie diese Nacht vergessen, die Nacht, welche
das neue Jahr 1850 anfing, in dessen Verlauf wir so manche
schwere Prüfungen bestehn und durch Ausdauer uns des
Erfolges würdig machen sollten. Es war eine finstere, überaus
kalte Nacht und kaum wussten wir uns mit all’ unserem
Vorrath von Unter- und Oherzeug vor der Kälte zu
schützen. Als Mitternacht eintrat und der feierliche Augenblick
des Beginns des neuen Jahres da war, machten Overweg
und ich Halt, begrüssten das neue Jahr mit Begeisterung
und wünschten uns, unsere Hände schüttelnd, glücklichen
Erfolg auf unserer gefährlichen Laufbahn.—- Wir hatten
eine leise Vorahnung, dass wir manche Schwierigkeiten zu
überwinden haben und der besonderen Gnade des Barmherzigen
bedürfen möchten. Unsere mohammedanischen Begleiter
— ausser unserem Diener und den beiden Maulthierfüh-
rern vier Reiter des Bey und drei Eingeborene von der Insel
Djirbi — nahmen innigen Antheil an dieser Scene, als sie
den Grund davon erfuhren, und wünschten uns auch ihrerseits
allen möglichen Erfolg für das neue Jahr. Und auch
sonst war uns während des ermüdenden nächtlichen Marsches